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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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zerschellten auf dem Boden, und furchterfüllte Rufe erklangen. Die Russin und der Chinese wurden von den Beinen gerissen und verknäulten sich ineinander. Sofort entbrannte ein Schlagabtausch zwischen ihnen, bei dem Sigorskaja mehrmals abdrückte. Kein einziges Geschoss traf sein Ziel, das Magazin war leer. So drosch sie dem Mann den Griff der Pistole hart gegen die Nase. Er stöhnte, verlor seine Kraft.
    »Hab ich sie!« Sigorskaja schnappte sich die Kugel. »Jetzt kann sie …«
    Es knirschte laut, schließlich krachte es. Der Waggon senkte sich nach vorn und ging in eine Fallbewegung über, dabei drehte er sich um die eigene Achse.
    Die Brücke stürzt zusammen! Ealwhina sah Sigorskaja auf sich zustolpern und hob ein Messer vom Boden auf.
    Der Wagen hatte eine solche Schräglage erreicht, dass Menschen und Gegenstände nach rechts rutschten. Ealwhina hielt sich am Türrahmen fest, Sigorskaja fiel gegen einen Tisch und klammerte sich daran; die Schreie wurden noch lauter.
    Der Waggon legte sich noch weiter auf die Seite, dann folgte der Einschlag. Die Fenster zerbrachen, und Wasser und Schlick schössen in grauen Fontänen ins Abteil.
    Ealwhina schwamm inmitten der zähen Brühe, die sie unaufhaltsam zu den Scheiben gegenüber spülte. Da sie den Himmel durch das gerissene Glas erkannte, konnte das Wasser, in das sie gestürzt waren, nicht sehr tief sein.
    Ohne den federnden Morast wäre es schlimmer gekommen. Sie zerschlug die Scheibe mit dem Messergriff, schnitt sich dabei und kämpfte sich ins Freie. Sie wuchtete sich auf den Wagen und sah sich hechelnd vor Anstrengung um.
    Der Zug war in mehrere Teile geborsten und lag auf der Seite. Reste der hölzernen Rampe fielen nieder, schlugen auf den Zug oder im Schlick ein. Die Pfeiler ächzten unter dem verlagerten Druck und der fehlerhaften Belastung. Das Bauwerk war instabil.
    Passagiere kletterten wie Ealwhina aus den Fenstern, einige Menschen lagen regungslos um den Zug verteilt oder trieben im seichten Wasser, hinausgeschleudert oder vor Angst im Sturz aus den Fenstern gesprungen. Ealwhina sah die ersten Seelen aufsteigen, doch es war weder der Chinese noch die Russin darunter.
    Sie warf der Brücke einen abschätzenden Blick zu und wich einem herabfallenden Flaschenzug aus, der mit einem lauten Krachen in die Seite des Waggons einschlug. Arbeiter rannten nach rechts und links auf dem maroden Bauwerk davon. Sie hatten begriffen, dass es nicht mehr lange hielt.
    Mit einem Husten erschien Sigorskajas Kopf im Fenster. Sie schob die Arme aus der Öffnung, eine Hand war zur Faust geballt.
    Welch glücklicher Zufall! Bevor Ealwhina einen weiteren Gedanken fassen konnte, sah sie ihre Hand mit dem Messer zustoßen. Das Artefakt soll mir gehören! Die schmutzige, stumpfe Klinge fuhr unterhalb des Ohrs in den Hals, und die Seele der Russin schoss aus dem Körper. Die Leiche sank wieder zurück ins Abteil.
    Ealwhina schnappte nach dem Arm, öffnete die Finger und wand die Murmel heraus. Reue wegen ihrer Tat fühlte sie nicht. Sie hätte mich sonst getötet. Sie war froh, das Artefakt gegen alle Erwartungen in ihrem Besitz zu haben. Fort von hier.
    Sie rannte nach vorn, balancierte über den Tender, von dort die Lok entlang, um nahe ans Ufer zu gelangen, und sprang in das kalte Wasser.
    Ihr raubte es den Atem, aber sie bewegte Arme und Beine. Es waren noch etwa einhundert Meter, die sich unglaublich zogen. Den Grund fühlte sie unter den Füßen nicht, und durch den aufgewirbelten Morast war es, als schwimme sie in zähem Brei.
    Sie spürte eine Berührung am Fuß, ein großer Körper streifte ihre Beine.
    »Was …?« Erschrocken hielt sie mit den Schwimmbewegungen inne und sah über das trübe Wasser, das verwirbelte und kleine Strudel an der Oberfläche bildete. Das war kein Fisch! Sie änderte ihre Richtung und tat zwei schnelle Schläge. Die Brücke war ihr näher als das Ufer.
    Ealwhina hörte das Wasser hinter sich gluckern. Etwas näherte sich ihr sehr schnell.
    Der Drache! Ihre Hand schloss sich um die Strebe, sie nahm die Kugel in den Mund, um die Linke ebenso nutzen zu können. Wieder versuchte sie, auf ihre Fertigkeiten zurückzugreifen. Mit Mühe gelang es ihr, und sie hangelte sich übermenschlich schnell aus den Fluten in die Höhe.
    Unter ihr krachte es. Durch die Strebe lief ein Zittern, das Holz ächzte.
    Ealwhina wusste jetzt, dass die Tragödie um den Zug nicht durch einen Unfall entstanden war: Es war der Drache gewesen, und er wollte das Artefakt um

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