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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Golden Fleece. Sogar der römische Soldat und der griesgrämige alte Mann hatten sie begleitet. De Bercy, Sir Shamus und sämtliche Spukgestalten, die Ealwhina kannte, strömten auf das Minster zu.
    Bei den … Geistern von York, hatte sie innerlich sagen wollen, als ihr eingefallen war, dass sie fortan eine von ihnen war. Offenbar nahm man es ihr übel, dass die Befreiung der Seelen gescheitert war. Können sie mich zerreißen?
    Lady Alice blieb vor ihr stehen – und strahlte sie an, schloss sie mit einem glücklichen Lachen in die Arme. »Wir sind Ihnen so dankbar«, jauchzte sie.
    Sie versuchte sich an einem Lächeln. »Ach ja?«
    Die Menschen auf dem Platz konnten die Geister nicht sehen, aber sie spürten deren Anwesenheit. Sie fröstelten, ihnen wurde sichtbar unwohl, einige Kinder begannen zu weinen und zerrten an den Armen ihrer Mütter, um den Ort verlassen zu können.
    »Aber sicher! Wir haben alle gesehen, dass Sie es waren, die vom Turm aus die Strahlen sandte, die uns befreiten.« Lady Alice herzte sie erneut. »Und Sie haben ihr Leben gegeben, um uns diese Freiheit zu schenken. Das werden wir Ihnen niemals vergessen.«
    Bloody heavens! Ich habe versagt. Ealwhina war am Boden zerstört. Sie hatte ihr Leben gegeben und es nicht einmal geschafft, wenigstens die Geister von York zu erlösen und in den Himmel zu senden. Auch dass sie ihnen Bewegungsfreiheit verliehen hatte, war kein Trost.
    »Wir können tun, wonach immer uns der Sinn steht!«, rief der Junge in der viktorianischen Kleidung aufgeregt. »Ich kann überall hin. Oh, ich werde endlich jeden noch so kleinen Winkel der Stadt erkunden.«
    Der Römer sagte etwas, und einer der Geister übersetzte das Latein. »Es ist von nun an unsere Stadt!« Der Legionär reckte den Kopf. »Wir alle sind schon viel länger hier als die Menschen, die in den Mauern von Eboracum leben. Ich finde, dass sie es wissen sollten, wer die Herrscher von York sind.« Er hob das Pilum. »Wir, die Unsterblichen!«
    Die Geister johlten und riefen ihre Zustimmung.
    Ealwhinas Verzweiflung schwand angesichts dessen, was sich da andeutete. Sie schaute nach den echten Menschen, die sich vom Minster zurückzogen, ohne dass die Bobbies sie weiter ermahnen mussten. Aus einer Attraktion für Besucher war unversehens mehr geworden. Eine Revolution bahnte sich an.
    »Mylady Snickelway, Sie, als unsere Wohltäterin, sollen uns führen.« Sir Shamus trat nach vorn. »Es ist nur ein Vorschlag, von dem wir hoffen, dass Sie ihn annehmen werden. Sehen Sie es als Anerkennung für Ihr großes Opfer.« Er verbeugte sich vor ihr, die restlichen Geister taten es ihm nach.
    Sie wusste nicht genau, was man von ihr erwartete. Noch hielt sie sich für eine Versagerin. Ausgerechnet sie wollten die Seelen nun als ihre Führerin? Ealwhina betrachtete die Gesichter der Wesen, unter denen sie schon so lange lebte. Es ist durch mich geschehen. Somit trage ich Verantwortung für ihre Existenz. Sie lächelte. Ja, warum nicht? Wenn ich schon ewig leben soll, dann unter den besten Umständen.
    »Sir Shamus, ich fühle mich geehrt«, erwiderte sie nach einer Weile und sah zum Legionär. »Und du hast recht, Römer. Es ist eure Stadt und von diesem Tag an auch meine. Ihr habt sie über Jahrhunderte…«
    »Jahrtausende«, rief eine Gestalt, die in einer archaischen Stoff- und Pelzaufmachung erschien und sie an die Gewandung und Bemalung der Männer beim Pikten- und Keltenfest erinnerte.
    »… Jahrtausende hin begleitet, in guten und schlechten Jahren.« Ealwhinas alte Lust erwachte. Die Lust, Macht auszuüben und sie auszukosten. Einst hatte sie das getan, indem sie gnadenlos gemordet und ihre Überlegenheit bewiesen hatte. Das Schicksal bot ihr einen neuen Weg an. »Es ist an der Zeit, uns den Oberen der Stadt zu zeigen und ihnen zu sagen, wer in Yorks Straßen regiert.«
    Die Geister jubelten.
    Ealwhinas Angst und Besorgnis waren vergangen. Sie streifte ihre Vergangenheit als Hure, als Mörderin, als Lady und vor allem als Mensch ab. Eine neue Berufung erfüllte sie. »Meine Freunde: Zeigen wir uns den Yorkern! Sie sollen Gewissheit bekommen, dass es uns gibt. Niemand kann und wird unsere Existenz länger leugnen können.« Sie versuchte, mit der gleichen Konzentration, mit der sie früher ihren Astralleib gebildet hatte, von ihrer unsichtbaren Gestalt zu einer erkennbaren zu wechseln. Menschliche Augen sollten sie als Kontur wahrnehmen.
    Die Spukkreaturen materialisierten sich ebenfalls.
    Die Bobbies starrten

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