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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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zwei- oder dreitausend Einwohner hatte er gewiss nicht, und landende Luftschiffe bedeuteten in dieser Region eine Seltenheit. Daher flogen sie weiter nach Königsberg.
    Leida hatte die Gelegenheit genutzt und die Unterlagen über die Finanzmanipulationen genauer durchgelesen. Ihr fehlte das Wissen, einen exakten Schluss aus den Zahlen zu ziehen, doch dabei fiel ihr etwas anderes auf: ein vermutlich typisches Beispiel für die Machenschaften von Wilhelm Voss.
    Das Bernsteinbergwerk Anna war von der Preußischen Bergwerks- und Hütten-Aktiengesellschaft nach etwa fünfundzwanzig Jahren abgestoßen worden. Hatte die Förderung anfangs jährlich fünfzig Tonnen Rohbernstein betragen und war stetig gestiegen, galt sie seit zwei Jahren plötzlich als erschöpft. Voss hatte das Bergwerk zu einem Spottpreis erhalten – denn er saß im Vorstand der Preußischen Bergwerks- und Hütten-Aktiengesellschaft, die erst 1923 gegründet worden war, wie Litzow ihr sagte. In ihr wurden die
    Stollen und Minen des preußischen Staates verwaltet und in ihrer Ausbeutung optimiert.
    Ein Staatsbetrieb als Aktiengesellschaft ist die perfekte Angriffsfläche für seine Masche. Deswegen konnte Voss Stollen und Bergwerke aufkaufen, wie er wollte. Als protegierter Freund des Kaisers und Verfüger über die AG besaß er alle Möglichkeiten. Laut den Voss’schen Unterlagen betrieb die AG den Abbau von Bernstein in Palmnicken nun über Tage, was mit weniger Kosten verbunden wäre. Er verdiente mit. Perfider Hund!
    Die Ramachander und die Lena gingen in Königsberg nieder. Leida übertrug Litzow die Befehlsgewalt, wählte sechs ihrer besten Leute und drei Deutsche aus den Reihen der Skyguards aus und fuhr die vierzig Kilometer mit den Autos nach Palmnicken. Voss begleitete sie. Im Kofferraum.
    Es ging die Bernsteinküste entlang, immer mit einem wundervollen Blick auf die teilweise zugefrorene Ostsee. Eissegler und Schlittschuhläufer tummelten sich an den Stränden. Palmnicken war als Badeort auf den Hinweisschildern gekennzeichnet. Somit fielen Fremde nicht zwangsläufig auf. Ob das auch im Winter zählt?
    Aus dem Kofferraum rumpelte es.
    »Voss muss mal«, rief Grimson, einer ihrer Leute und ein Schrank von einem Mann.
    Leida steuerte das Automobil an den Straßenrand und sah sich um. Weit und breit kein Wagen und keine Menschen. »Raus mit ihm. Grimson, Sie gehen mit und achten darauf, dass er wieder zurückfindet.«
    Sie sah den dicken Magnaten noch vor sich, im Bauch der Ramachander, als sie ihm dem Fallschirm umgelegt und gesagt hatte, dass der Schirm einhundert Kilogramm spielend trage. Unbemerkt hatten sie den Auslösemechanismus blockiert und ihn an das Drahtkabel der Lastgondel gehängt. Als sie Voss aus der Luke geworfen hatten, hatte er wie ein Schwein geschrien. Nachdem sie ihn am Kabel wieder an Bord gezogen hatten, hatte er sich eine neue Hose anziehen müssen. Er hatte sich vor Angst zugeschissen.
    Ja, der reiche und mächtige Industrieherr. Leida grinste und betrachtete die Straße hinter ihnen im Rückspiegel. Ein Fuhrwerk näherte sich ihnen, auf dem sich Brennholz stapelte. Von diesem drohte keine Gefahr.
    Voss und Grimson kehrten zurück, die Fahrt ging weiter nach Palmnicken, das sie am frühen Nachmittag erreichten.
    Menschen flanierten die Straße entlang, alles drängte zur überschaubaren Strandpromenade mit den kleinen Holzbuden und dem langen Steg.
    »Nicht anhalten«, befahl Leida, als sie ein Schild passierten, auf dem Bernsteinbergwerk Anna stand. »Wir fahren in die Dünen, lassen dort die Wagen stehen und gehen zu Fuß weiter.« Sie orientierte sich auf der Karte. »Es ist nicht weit von hier.«
    Sie parkten zwischen den Sandbergen und suchten sich eine Kuhle aus, damit sie von Spaziergängern nicht sofort bemerkt wurden. Die Pistolen waren in den Taschen ihrer Mäntel verborgen.
    Leida entschied, dass zwei Deutsche und einer von ihren Männern beim Wagen und bei Voss blieben, der Rest begleitete sie. »Wir sondieren die Lage, und sobald wir etwas entdecken, kommen wir zurück und holen den Fettsack. Er ist unser Schlüssel.«
    Die kleine Gruppe stapfte durch den Wind, auf den Kuppen der Dünen entlang. Noch gab es keinen Grund, sich zu verbergen. Mit Feldstechern sahen sie sich immer wieder um und entdeckten schließlich die Anlage, wo Bernstein geschürft wurde.
    »Landeinwärts liegt der Stollen Anna«, sagte Leida und lief den Hügel hinunter. Der Frost und die Feuchtigkeit hatten den feinen Sand hart werden

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