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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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hätte Snickelway oder ihr Auftraggeber aus Frankreich das Luftschiff meines Mannes spät abschießen lassen sollen?«, fiel sie ihm ins Wort.
    »Nun ja. Weil es nicht leicht ist. Es sind Vorbereitungen zu treffen und Raketen herbeizuschaffen, um …«
    Wieder unterbrach Silena ihn. »Nein, Vatjankim. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass die Dame etwas mit dem Anschlag zu tun hat. Die Drachenfreunde sind die wahrscheinlichsten Schuldigen, und danach«, sie erhob sich, »steht der Zar ganz oben auf der Liste meiner Verdächtigen. Sie wissen, aus welchem Grund. Sie sagen mir, die Ochrana habe damit nichts zu tun. Schön. Bleibt immer noch die Armee oder eine andere Organisation, die alles für den Zaren tun würde.« Sie nickte ihm zu. »Ich wünsche Ihnen einen guten Tag und viel Erfolg bei Ihren Untersuchungen. Ich verlasse mich auf Sie.« Silena wandte sich zum Gehen, schritt durch die anderen Zimmer, die Treppen hinab und zur Tür hinaus.
    Wo beginne ich die Suche nach Grigorij? Ich könnte zudem einen Detektiv anheuern. Sie verschwendete keinen weiteren Gedanken mehr an die Episode am Triglav. Es war eine Angelegenheit der Russen. Eine Ablenkung von ihrem vermissten Gatten erlaubte sie sich nicht, so sehr sich der Zar das vielleicht wünschte. Verwundert sah sie, dass nur noch Litzows Wagen geparkt stand.
    Sie lief zu dem Automobil und stieg ein. »Wo ist Leida?«
    »Vorgefahren, Fürstin. Sie wollte Vorbereitungen treffen, falls Ihnen etwas zustößt, auch wenn ich sagte, dass es nicht notwendig sei.« Der Oberst versuchte, aus ihrem Gesicht zu lesen. »Was gab es?«
    »Neuigkeiten.« Sie fasste die Unterredung mit Vatjankim zusammen. »Und Ihre Einschätzung dazu lautet?«
    Litzow rieb sich nacheinander die Bartspitzen. »Ich pflichte Ihnen bei.« Er wollte noch etwas sagen, da machte sie der Fahrer auf das Spektakel am Himmel aufmerksam.
    Sie sahen zum Fenster hinaus – und schauten zu, wie Havock’s Zeppelin qualmend nach Westen zog, während die Lena Tod und Vernichtung gegen sie spie.
    »Um Himmels willen!«, rief Litzow entgeistert. »Was geht denn da oben vor sich?«
    Silena öffnete den Mund – und erbrach sich.
     
3. Januar 1927, York, Grafschaft Yorkshire, im Nordosten des Königreichs Großbritannien
    Lady Ealwhina Snickelway betrat das Golden Fleece und atmete das warme Durftgemisch aus Tabak, Bier, verschiedensten Menschen– und Essensgerüchen tief ein. »Zu Hause«, murmelte sie erleichtert und grüßte den Wirt mit einem Winken. Er grinste und nickte ihr zu.
    Ealwhina wusste, dass De Bercys Seele im Keller auf sie warten würde. Die Gehenkten hielten sie fest, wie sie es immer taten, bis sie ihnen erlaubte, den oder die Unglückliche gehen zu lassen. »Ein Pint Midnight, Thomas. Kein Ladypint«, orderte sie laut und ging an den Tresen, um ihr Glas zu empfangen. »Zur Feier des Tages.« »Erfolgreiche Reise?«
    »Kann man so sagen.« Sie legte ihm eine Münze hin und griff nach dem Glas. Die andere Hand blieb um die Splitter und die kleine Kugel in ihrer Rocktasche geschlossen. Sie hatte sich umgezogen, war in die weiße Bluse geschlüpft, hatte den hellen, knielangen Rock dazu gewählt und sich die schwere Tweedjacke übergeworfen; die brünetten Haare wurden von einem Hut bedeckt. »Und sie war vor allem lang.«
    Sie durchquerte den Raum, freute sich über bekannte Gesichter und wechselte ein paar kurze Worte, bis sie an ihrer Bank neben dem mürrischen alten Greis saß. »Na, hast du mich vermisst?« Sie prostete ihm zu und trank einen Schluck von ihrem Guinness, in das ein großzügiger Schuss Portwein gemischt war. »Viel los heute«, sagte Ealwhina dann, nachdem sie abgesetzt hatte. »Ist was Besonderes?« Sie rechnete nicht damit, dass der mürrische alte Mann ihr antwortete. Für ein Schwätzchen wandte sie sich normalerweise an Lady Alice. Mit dem Greis war es, als spreche man zu einem Hund und gebe sich selbst die Antworten. Aber er gehörte einfach für sie dazu.
    Ealwhina sah viele Fremde unter ihren Bekannten und Freunden. Schnüffler. Sie nahm an, dass sie wegen De Bercys Verschwinden erschienen waren. Es war vielleicht ein Fehler, ihn gleich hier umzubringen.
    Gewöhnlich interessierte sich niemand für die Menschen, die sie in den Keller führte. Aber der Franzose musste sie für einen mächtigen Mann angeheuert haben, der Verwendung für einen Gegenstand hatte, dem man definitiv übersinnliche Kräfte bescheinigen konnte.
    Ealwhina betrachtete zwei der Unbekannten

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