Drachenkaiser
und stieg auf ein lang gestrecktes Vordach. Die Axt halb unter ihrem Mantel verborgen, wartete sie über der Gasse auf ihre Verfolger. Ich will es nicht, aber es geht nicht anders! In ihr gärte eine Mischung aus Angst und verdrängter Vorfreude.
Als die Russin um die Ecke gerannt kam, zückte Ealwhina die Waffe und schlug damit zu, bevor das Medium ihren genauen Standort erfühlte.
Die Schneide drang der Frau zwischen Hals und Schulter in den Leib. Das Schlüsselbein brach unter der Wucht, und sie sackte aufschreiend in die Knie.
Es ist Notwehr. Ealwhina sprang vom Dach, zog die Axt aus der Wunde und spaltete der Frau mit einem zweiten Hieb den Schädel. Das Geschrei verstummte. Ealwhina sah das Blut auf dem Pflaster und fühlte sich viel zu gut für das, was sie gerade getan hatte. Was sie gerne getan hatte. »Sie haben mich dazu gezwungen!«, rief sie vorwurfsvoll. »Mich trifft keine Schuld! Ich musste es tun!« Und es war viel zu schnell vorüber. Sie ließ den Stiel los und eilte weiter, zurück ins Gewirr der Shambles, um über Umwege zurück zum Golden Fleece zu gelangen. Ich will wissen, für wen De Bercy arbeitete.
Durch den Kohleschacht des Pubs glitt sie in den Keller. »Mister, wo stecken Sie?«, rief sie aufgewühlt. Sie hatte schon lange mehr keinen derartig bestialischen Mord mehr begangen. Nicht mehr seit fünfzig oder sechzig Jahren, und es machte ihr nur aus einem Grund zu schaffen: Sie wollte mehr! Die Vorwürfe waren verstummt.
Ich habe vergessen, wie viel Spaß es macht, wenn ich es selbst tue. Die Lust daran ist zurückgekehrt.
»Mister De Bercy, kommen Sie schon. Sie können sich nicht vor mir verstecken, mein Lieber. Ich sehe Geister in der Dunkelheit als einen leuchtenden Menschen. Früher oder später…« Der Franzose trat hinter einem Fass hervor. »Et voilä, wie man bei Ihnen sagt.« Ealwhina machte einen Schritt auf ihn zu und packte ihm am Kragenaufschlag. »Ich hinter einem Fass hervor. »Et voilä, wie man bei Ihnen sagt.« Ealwhina machte einen Schritt auf ihn zu und packte ihm am Kragenaufschlag. »Ich
Er sah sie gar nicht an – sondern starrte wie alle anderen auf ihre Tasche. »Mon dieu! Sie waren am Triglav!«, stieß er hervor. »Sie haben … nein, das ist nicht der Weltenstein, oder? Aber es ist so ähnlich …« Sein Blick wurde gierig. »Zeigen Sie es mir.«
»Sagen Sie mir, für wen Sie mich nach Russland geschickt haben und warum die russische Armee hinter mir her ist!«
Er lachte leise. »Aha. Dann hat Sigorskaja Sie auch entdeckt?«
»Sie waren schon mal dort?«
»Ja. Ich habe versucht, den Weltenstein oder seine Überreste zu finden, aber ich wurde …«
Ealwhina drückte fester zu. Wie gern würde sie jetzt auch ihn enthaupten oder ihm Schlimmeres antun. Eins nach dem anderen. »Für wen, De Bercy, arbeiteten Sie?«
Der Geist lächelte sie auf überhebliche Art und Weise an, wie es nur Franzosen vermochten. »Was ist denn das für eine Drohung? Wollen Sie mich nochmals töten?«
»Es reicht mir, wenn ich Ihnen wehtun kann!« Sie schlug ihm mitten ins Gesicht. Sein Kopf schnappte zurück.
»Mon dieu«, sagte er verblüfft und hielt sich das Kinn. »Kann ich Ihnen das Gleiche antun?« Seine Faust landete kraftvoll auf ihrer Nase, und Ealwhina musste ihn loslassen, ging zwei Schritte rückwärts. »Formidable!«, jubelte er. »Das kann ich auch!« Böse grinsend kam er auf sie zu. »Das ist das erste Mal, dass ich mich mit einer Frau prügele. Aber da Sie meine Mörderin sind, mache ich eine Ausnahme.«
Keine gute Idee, ihn auf diesen Gedanken zu bringen. Sie langte in die Tasche und griff nach Splittern und Kugel. Sie wollte den Geist freisetzen, wie sie es mit den Soldatenseelen am Triglav gemacht hatte. Ich finde jemand anderes zum Spielen und Quälen. »Gleich bin ich Sie los, De Bercy!«
»Je ne crois pas.« Er sprang auf sie zu und wollte sie packen.
Ealwhina wich ihm aus – und wurde von einem Gegenstand hart am Kopf getroffen.
Zwar wurde sie nicht ohnmächtig, war aber abgelenkt genug, um in den Hieb des Franzosen hineinzulaufen. Sein Schwinger landete an ihrem Kinn, und sie spürte, wie sie die Augen verdrehte. Seufzend brach sie vor ihm zusammen, fiel auf den Kellerboden aus gestampfter Erde. Modergeruch stieg ihr in die Nase.
De Bercy schob sich in ihr Blickfeld. »Merci, Madame, für den Tipp. Ich hätte sonst nicht gewusst, wie wir Sie kaltstellen könnten.« Er zeigte neben sich, und zwei weitere Männer erschienen. Die
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