Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Hieroglyphen?« Er kratzte sich über den kurzen, hellen Bart.
    Silena atmete tief durch. »Ich vermute, es sind ägyptische.« Sie überlegte, wie viel sie dem Mann anvertrauen konnte, und kam zu dem Entschluss, dass sie ihm eigentlich nichts sagen durfte. Die Ochrana würde von ihrem Besuch bei ihm erfahren und ihn verhören.
    Aber noch stand er abwartend auf der Schwelle und verweigerte ihr den Zutritt. Es wäre leicht, ihn einfach niederzuschlagen und auf eigene Faust zu suchen. Da er sich jedoch mit Sicherheit bestens zwischen den Regalen auskannte, brauchte sie ihn. »Ich verstehe Ihre Aussage in der Richtung, dass Sie Bücher darüber haben.«
    »Möglich.« Er rührte sich nicht. »Sie sind diese Zadornova«, sagte er. »Ich erinnere mich an das Bild in der Zeitung.« Er gab einen nachdenklichen Laut von sich. »Schon merkwürdig, wonach Sie suchen. Hat es etwas mit dem Absturz zu tun?«
    »Ja. Wir sind einigen Rätseln auf der Spur«, antwortete sie vage. Sie sah sich um, ob Fahrzeuge in ihrer Nähe auftauchten, aus denen heraus sie beobachtet wurden. »Können wir das bitte drinnen besprechen?«
    »So, so.« Endlich machte er den erlösenden Schritt rückwärts. »Reden wir. Und mein Beileid zum Verlust Ihres Mannes.«
    Silena und ihre Begleitung traten ein. »Danke«, sagte sie schlicht. »Ihr Name ist?«
    »Sergij Wachholder. Bibliothekar, Verwaltungsangestellter, Leiter der kleinen Post von Oranienbaum und eigentlich Lehrer«, zählte er auf und ging voran. »Kommen Sie. Hier ist so wenig los, dass ein kleines Rätsel gerade recht kommt. Aber ich muss Sie warnen. Ich leite die Bibliothek erst seit einem halben Jahr und bin immer noch dabei, mir einen Überblick zu verschaffen. Mein Vorgänger hat wenig katalogisiert. Zu allem Überfluss wurde uns vor drei Monaten eine Schenkung gemacht. Nichts gegen Bücher, Gott bewahre, doch es sind eintausend neue Bände, die ich alle noch sichten muss.«
    Dann hätte ich dich doch niederschlagen können, anstatt freundlich zu sein, dachte sie belustigt.
    Er führte sie durch seine Wohnung eine knarrende Holztreppe hoch. Es roch nach Pflegemitteln, frisch gebackenem Brot und Knoblauch. Wachholder stieß eine Durchgangstür auf. »Bitte sehr, der Buchhort.« Er schaltete die Lampen ein. »Geschichtsbücher stehen im vierten Gang.« Er steckte die Hände in die Taschen des weiten Mantels. »Haben wir einen ägyptischen Drachen in Oranienbaum?«
    Silena musste lachen. »Das ist eine sehr abwegige Vorstellung, Herr Wachholder.« Sie befahl einem Bewaffneten, an der Tür zu wachen. »Sie begleiten uns, bitte. Und wenn die Ochrana später auftauchen sollte, wissen Sie nicht mehr, wonach ich suchte.«
    Wachholder erbleichte. »Die Ochrana? Heiliger Borschtsch!« Er folgte ihnen zu den Regalen. »Warum?«
    »Weiß ich selbst nicht.« Silena sah die magere Ausbeute an orientalischen und afrikanischen Büchern. Das wird nichts. Sie nahm die drei Werke, die sie als brauchbar ansah, von ihren Plätzen und legte sie nacheinander auf den Tisch, dann setzte sie sich. »Haben Sie vielleicht noch ein paar Reiseführer oder Erlebnisberichte aus dem ägyptischen Raum?« Sie blätterte und suchte im Register nach passenden Einträgen zu Hieroglyphen.
    »Bestimmt.«
    »Dann holen Sie sie, bitte.« Silena bedeutete dem anderen Bewaffneten, Wachholder zu begleiten, und machte sich an die Arbeit. Dabei legte sie das
    Armband so, dass sie die Zeichen jederzeit betrachten konnte, jedoch nicht der Bibliothekar.
    Die Zeit verging.
    Sie las und verglich, während Wachholder acht weitere Bände anschleppte. Manche trugen noch keinen Stempel und stammten aus der kürzlich erhaltenen Bücherspende. Den Tee und das würzige Brot, das er ihr anbot, nahm sie dankend entgegen. Nach zwei Stunden hatte sie gerade einmal ein Buch durchgearbeitet. Und Appetit verspürte sie nach wie vor, trotz des halben Laibs, den sie verschlungen hatte.
    Das wird noch länger dauern. Silena rieb sich die brennenden Augen.
    »Ich kann Ihnen helfen, wenn Sie mir sagen, wonach wir suchen. Ich bin kein Ägyptologe und verstehe mich nicht auf Hieroglyphen, aber manche Reiseberichte geben etwas her«, sagte Wachholder freundlich und setzte sich ihr gegenüber. »Sie sehen sehr müde aus.«
    Sie lächelte ihm zu. »Ich möchte nicht, dass Sie von der Ochrana in die Mangel genommen werden.«
    »Das werden sie so oder so tun.« Wachholder grinste. »Ich wäre so stolz, wenn ich einen Beitrag zur Lösung des Rätsels beitragen

Weitere Kostenlose Bücher