Drachenkampf
abhalten?«, erwiderte Savelda spöttisch.
»Ich bin bereits dabei.«
»Gib auf. Wir sind in der Überzahl.«
Saint-Lucq zielte mit seiner Pistole demonstrativ auf die Stirn des Einäugigen.
»Wenn ich abdrücke oder wenn Ihr abdrückt, wimmelt es hier sogleich von Musketieren. Ist es wirklich das, was Ihr wollt?«
»Monsieur, würdet Ihr mir bitte sagen, was hier vor sich geht?«, fragte die Königin den Alchemisten. »Wer ist dieser Mann, und warum erhebt er …«
Sie sprach nicht zu Ende, erschüttert darüber, dass ihr Zaubermeister sie einfach ignorierte.
Dieser trat vor und sagte zu dem Mischblut: »Also, warum schießt Ihr dann nicht? Fürchtet Ihr, Ihre Majestät zu verletzen?«
»Meine Kugel wird ihr Ziel nicht verfehlen.«
»Gewiss, aber was dann? Ihr kennt doch die Launenhaftigkeiten eines Kampfs, oder etwa nicht?«
»Die kenne auch ich!«, ertönte plötzlich eine Stimme, die niemand erwartet hatte.
Gefolgt von Marciac und Laincourt, die ihn flankierten, tauchte La Fargue im Obstgarten auf. Mit gezückten und auf ihre Gegner gerichteten Degen kamen sie aus dem Garten.
»Und ich sage dir, wenn du dich auch nur unterstehst, die Königin zu bedrohen, dann verdankst du deinen Tod nicht bloß den Launenhaftigkeiten des Kampfs …«
Das Schloss von Dampierre war mit unüberwindlichen Wassergräben befestigt und hatte nur zwei Zugänge: die bewachte Zugbrücke und das kleine Gittertor am Ende des einsamen Gartens. Also hatten die Klingen mühelos erraten, auf welchem Wege Königin Anne entführt worden war. Aber vielleicht war noch nicht alles verloren. Also hatte man Almadès überlassen, vor den royalen Gemächern auszuharren, um Tréville sobald als möglich in Kenntnis zu setzen, und La Fargue hatte beschlossen, der Königin ohne Umschweife zu folgen.
Und dem Alchemisten der Schatten.
Der sich nun zu dem alten Edelmann umdrehte. Er erkannte ihn und grinste.
»La Fargue? Seid Ihr das?«
»Ja, ich bin es, Alchemist. Oder wie auch immer dein wahrer Name lauten mag.«
»Endlich treffen wir uns persönlich! Wir hätten uns ja schon beinahe in La Rochelle kennengelernt, aber … Ach, wir wissen ja beide, was damals geschah, nicht wahr?«
Savelda und seine Söldner hatten sich nun enger um den Alchemisten und die beiden Frauen gruppiert. Ruhig und entschlossen waren sie auf zwei Seiten in Positur gegangen. Alle hatten sie Rapiere in der Hand, doch einige zielten von einer Seite auch noch mit Pistolen auf Saint-Lucq und von der anderen auf La Fargue, Laincourt und Marciac. Sie warteten auf einen Befehl, waren sich jedoch bewusst, dass schon die ersten Schüsse Alarm auslösen würden. Die Musik, die vom Schloss herüberhallte, war nicht laut genug, um einen Knall zu übertönen. Sie spukte bloß auf befremdliche Weise durch die Stille des Obstgartens.
Königin Anne und ihre Kammerzofe umklammerten sich ängstlich.
»Dieser Mann hat Euer Vertrauen missbraucht, Madame«, erklärte der Hauptmann der Klingen. »Er steht im Dienste der Schwarzen Kralle und hat sich gegen Seine Majestät, Euren Gemahl, verschworen.«
Die Königin warf dem Alchemisten einen Blick zu, der wütend und beunruhigt zugleich war. »Was hat das zu bedeuten, Monsieur? Ihr widersprecht nicht?«
Er zuckte mit den Schultern. »Was würde das schon nützen?«, erwiderte er, bevor er kurzatmig hustete. »Man könnte sagen, alle Karten sind ausgespielt, oder nicht?«
La Fargue zog die Augenbraue hoch.
Die Klingen waren zu viert. Savelda und seine Männer waren fast ein Dutzend, und außerdem hatten sie wertvolle Geiseln. Vor diesem Hintergrund erschien die Schwarzseherei des Alchemisten mindestens verwirrend.
Für Savelda war sie unerträglich.
»Genug!«, zischte er.
Die Zofe der Königin stieß einen unterdrückten Schrei aus und fiel vor Angst in Ohnmacht, als der Einäugige sie brutal am Handgelenk packte und zur Seite riss. Und bevor irgendjemand reagieren konnte, hatte Savelda Anne auch schon an sich gezogen und drohte, ihr mit einem Dolch die Kehle durchzuschneiden.
Wie aus einem Munde entfuhr es dem Alchemisten und La Fargue: »Nein!«
»Ich werde nicht zögern!«, drohte Savelda.
»Schwachkopf!«, zischte ihm der Alchemist zu.
»Es kommt nicht infrage, dass ich mich ergebe!«
»Aber begreifst du denn nicht, dass es nur abzuwarten gilt?«
»Was abwarten?«
Im Schloss hörten die Musiker auf zu spielen.
Die Stille wurde unermesslich.
»Himmel!«, murmelte Marciac, der zu verstehen begann.
Ein Pfeifen ertönte
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