Drachenkampf
das, was sie gemacht und erfahren hat, seit sie die Karriere verfolgt, die man ihr nachsagt.«
»Und was ist mit dem Komplott?«, fragte Saint-Lucq.
»Sie macht nicht einmal Anstalten, etwas zu diesem Thema zu sagen, und wiederholt immer nur, dass der Kardinal den Preis dieser Information kenne. Laffemas hat natürlich versucht, mehr zu erfahren, mit Hilfe von indirekten Fragen und gespielt unschuldigen Andeutungen, aber vergeblich. Bis jetzt hat die Italienerin in diesem Spiel immer einen klaren Kopf behalten und ihr Blatt meisterlich gespielt.«
»Raffiniertes Luder«, rutschte es dem Mischblut heraus. »Aber in ihrem Beruf bringt man es auch nicht weit, wenn man ein Dummkopf ist …«
»Oder ein hässliches Entlein«, fügte Marciac hinzu. »Ist sie genauso schön, wie man sagt? Vielleicht könnte ich Leprat ja ablösen? Er muss sich dort doch langweilen, ganz allein auf Fuchsbau …«
Agnès brach in helles Gelächter aus, und selbst Saint-Lucq musste grinsen, so plump war das Manöver.
»Kommt nicht infrage«, sagte La Fargue vollkommen ernst.
»Aber …«
»Ich habe Nein gesagt.«
»Na gut.«
Der Gascogner zuckte mit den Schultern und schenkte sich leicht eingeschnappt ein Glas Wein ein. Mitfühlend klopfte ihm die junge Baronin von Vaudreuil auf die Schulter. Dann sagte sie: »Wenigstens aus einem Punkt hat die Italienerin nie ein Geheimnis gemacht: Sie hat immer gesagt, dass sie das Komplott aufdecken würde, wenn man sie dafür unter den persönlichen Schutz des Kardinals stellt. Doch auf diese Zusage wartet sie noch immer. Also wie könnte man ihr da ihr Schweigen zum Vorwurf machen? Und was hätte sie schon zu erwarten, wenn sie redete, bevor sie Garantien erhalten hat? Sie ist doch nicht dumm …«
»Genau da drückt der Schuh«, sagte La Fargue.
»Inwiefern?«, fragte Ballardieu mit seiner dröhnenden Stimme und zog die Augenbraue hoch.
»Der Kardinal kann die Italienerin nicht unter seine Fittiche nehmen, weil sie als Kriminelle gilt, was sie auch bleiben wird, solange ihre Unschuld an den Verbrechen, die ihr vorgeworfen werden, nicht bewiesen wurde. Oder solange der König sie nicht begnadigt hat.«
»Aber wir sprechen hier doch von der Italienerin!«, rief Agnès. »Da bräuchte es aber einen Rehabilitationsprozess, der der Justiz spottet, wenn man diese Abenteurerin für unschuldig erklärte!«
»Eben aus diesem Grunde kann sich der König auch nicht erlauben, sie mit einem Federstrich zu rehabilitieren, wenn er keinen Skandal provozieren will«, pflichtete La Fargue ihr bei. »Kurz und gut, die Italienerin verlangt etwas, von dem sie weiß, dass sie es nicht erlangen wird …«
»Zumal …«, sagte Almadès mit einer Stimme, die alle Aufmerksamkeit auf sich zog, allerdings ohne dass seine Gesichtszüge irgendwelche Gefühle verraten hätten. »Zumal auch die Zeit gegen die Italienerin spielt …«
»Wie das?«, fragte der Gascogner verwundert.
»Nehmen wir mal an, es gäbe wirklich ein Komplott gegen den König, von dem sie Kenntnis hätte. Was würde passieren, wenn die Verschwörer zur Tat schritten, während die Italienerin noch immer in der Hand des Kardinals weilte?«
Agnès verstand: »Seine Eminenz würde kein Erbarmen kennen.«
»Und die Italienerin könnte sich glücklich schätzen, wenn sie bloß gehängt würde«, schlussfolgerte Marciac.
Der spanische Fechtmeister nickte zustimmend.
»Aber welches Spiel spielt sie dann?«, warf die Baronin von Vaudreuil ein.
»Genau das ist es, was wir für den Kardinal herausfinden sollen«, sagte La Fargue mit genug Autorität, um das Heft wieder in die Hand zu nehmen und unnütze Spekulationen im Keim zu ersticken.
Alle drehten sich zu ihm um und warteten darauf, dass er fortfuhr.
»Beginnen wir damit, die Schwarzdraqs aufzuspüren, die hinter der Italienerin her sind. Sie wissen mehr über sie als wir, und wenn wir herausfinden könnten, warum sie sie verfolgen … Abgesehen davon würde es der Kardinal vorziehen, wenn sie keinen Schaden mehr anrichteten.«
»Aber wie sollen wir sie finden?«, erkundigte sich Saint-Lucq.
»Sie sind in Paris. Seit fünf Tagen.«
Diese Neuigkeit rief allerseits Erstaunen hervor. Dann erinnerte sich Ballardieu, der begierig die Gazetten las, dass an einem Morgen der vorherigen Woche die Wachen eines der Tore von Paris tot aufgefunden worden waren, ohne dass man hatte herausfinden können, wer sie ermordet haben mochte. Und die Leichen waren auffallend schnell von der Obrigkeit beseitigt
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