Drachenkampf
nickte er dem Hauptmann der Klingen zu und nahm sein Wams, das er abgelegt hatte, um bequem spielen zu können. Während er es anzog, lud er La Fargue ein, mit ihm an einem kleinen Tisch unter einem Baum Platz zu nehmen. Ein Glas und ein Krug standen dort. Rochefort trank aus dem Glas und La Fargue, um ihn zu provozieren, aus dem Krug.
»Bitte, bedient Euch doch«, sagte der Gefolgsmann des Kardinals voll Ironie.
Der alte Edelmann und Soldat hielt seinem Blick stand, und um das Maß voll zu machen, wischte er sich, ohne mit der Wimper zu zucken, den Mund am Ärmelaufschlag ab und schnalzte mit der Zunge.
»Kultiviert …«
»Was wollt Ihr, Rochefort? Ich habe Besseres zu tun, als Euch beim Kegeln zuzuschauen.«
Der Graf nickte flüchtig. Geistesabwesend ließ er den Blick über die Szenerie schweifen und atmete dann tief ein, während er seine Gedanken sammelte. Schließlich fragte er im Plauderton: »Was haltet Ihr von der Italienerin?«
La Fargue seufzte und machte es sich auf seinem Stuhl bequem. »Mein Gefühl in Bezug auf sie hat sich nicht geändert«, erwiderte er mit Überdruss in der Stimme. »Ich glaube noch immer, dass wir dieser Frau nicht trauen können. Aber ich glaube auch, dass sie sich mit der einzigen Geschichte an uns gewandt hat, die uns zwingt, ihre Aussagen zu berücksichtigen. Denn selbst wenn es die Herzogin von Chevreuse wäre, die behauptete, ein Komplott gegen den König aufdecken zu können …« Als er den Namen der Erzfeindin des Kardinals hörte, verzog Rochefort das Gesicht. Doch La Fargue ließ sich nicht beirren und fuhr fort: »Also selbst wenn die Italienerin die Chevreuse wäre, dann müssten wir ihr in einem solchen Fall ein aufmerksames Ohr schenken …«
»Der Kardinal denkt wie Ihr. Zudem haben wir dies hier …« Diskret schob Rochefort La Fargue etwas über den Tisch hinweg zu, das aussah wie eine wertvolle Holzschatulle. Der Hauptmann nahm sie entgegen, machte sie auf und entdeckte im Inneren ein Siegel aus schwarzem Wachs auf der abgerissenen Ecke eines Pergamentpapiers.
»Das ist es, was die Schachtel enthielt, die die Italienerin Euch für Seine Eminenz übergeben hat. Wisst Ihr, worum es sich hier handelt?«
La Fargue richtete sich in seinem Stuhl auf. »Ja. Um das ›Schwarze Siegel‹. Jedes dieser Siegel enthält den Blutstropfen eines Drachen. Die Schwarze Kralle benutzt es, um ihre wichtigsten Dokumente zu versiegeln …« Er gab die Schatulle zurück, Rochefort steckte sie umgehend wieder ein. »Also ist die Schwarze Kralle in die Sache verwickelt.«
»Auf die eine oder andere Weise, ja.«
»Was sagt die Italienerin dazu?«
Der Gefolgsmann des Kardinals verzog das Gesicht.
»Nicht gerade viel … in dieser Angelegenheit wie übrigens auch in allen anderen. Laffemas zufolge kann der Italienerin niemand das Wasser reichen, wenn es darum geht, zu antworten, ohne wirklich etwas zu sagen …«
Schon seit mehreren Tagen wurde die schöne Alessandra di Santi heimlich ins Châtelet verbracht und dort, ebenso heimlich, den ganzen Vormittag über befragt. Monsieur de Laffemas leitete diese Sitzungen. Er war zuvor Advokat am Parlament, dann Requetenmeister gewesen und schließlich Staatsrat. Er genoss das Vertrauen und das Ansehen von Richelieu, dem er viel zu verdanken hatte. Nun, mit fünfzig Jahren, war er Zivilrichter im Châtelet , also einer der beiden Richter – der andere war der Strafrichter –, die den Vogt von Paris unterstützten. Er war ein redlicher, strenger und ergebener Mann und zog im Zuge der großen Prozesse, die der Kardinal anstrebte, oftmals erbitterten Hass auf sich.
Wenn er an den Missmut des Zivilrichters dachte, konnte sich La Fargue ein Lächeln nicht verkneifen. Roche fort bemerkte es und bekräftigte ebenfalls lächelnd: »Und der Gipfel davon ist zweifellos, dass Laffemas immer recht zufrieden mit seinen Verhören ist, und erst wenn er später die Protokolle liest, wird ihm jedes Mal klar, dass die Italienerin keine seiner Fragen beantwortet hat oder nur sehr unvollständig. Oft wiederholt sie das, was sie bereits gesagt hatte und schon zuvor nicht viel ergab. Sie vermischt Wahres und Unwahrheiten, ist eine Meisterin der Anspielung und Andeutungen, der Abschweifungen, leeren Wendungen und trügerischen Enthüllungen. Sie weiß sich naiv zu geben, dumm, vergesslich und charmant. Der arme Laffemas ist mit seinem Latein am Ende und seines Schlafes beraubt. Und dennoch kehrt er jeden Morgen zurück, entschlossen, sich diesmal nicht
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