Drachenkampf
wieder in die Irre führen zu lassen …«
Rochefort wurde von den kegelnden Edelmännern unterbrochen, die einem gelungenen Wurf applaudierten.
»Also gut«, sagte La Fargue. »Die Italienerin führt Laffemas an der Nase herum, aber das ist ein durchaus legitimer Zug … schließlich hat sie nur unter der Bedingung, dass sie beschützt wird, versprochen zu sagen, was sie über das Komplott weiß. Dieser Schutz verläuft nur über einen Gnadenerlass, ohne den sie in Frankreich immer rechtlich behelligt werden könnte. Wenn die Urteile des Parlaments Anwendung finden, ist ihr Platz derzeit im Gefängnis. Das weiß sie nur zu gut, also wird sie weiterhin das Wesentliche verschweigen, solange sie keine beträchtlichen Garantien erhält.«
»Der Kardinal ist im Augenblick nicht in der Lage, ihr solche Garantien zu geben. Aber die Zeit spielt gegen uns. Und das nicht nur, weil der Zeitpunkt der Ausführung des Komplotts gegen Seine Majestät zweifellos immer näher rückt. Sondern auch, weil mit jedem Tag, der verstreicht, die Gefahr steigt, dass die Anwesenheit der Italienerin entdeckt wird. Und wenn dies gewissen Herren des Parlaments zu Ohren kommt …«
»Der König könnte das Parlament auflösen. Er hat die Macht dazu.«
»Sicher. Aber würde er das wollen?«
Erstaunt verzog La Fargue das Gesicht.
»Wollt Ihr damit etwa sagen, dass Seine Majestät nicht weiß, was vor sich geht?«
Rochefort umging seine Frage: »Wie dem auch sei – eine Auflösung durch den König ist immer eine sehr unpopuläre Sache. Das Parlament schreit Zeter und Mordio, alle sind in Aufruhr, und es finden sich unweigerlich brave Seelen, die die Wut des Volks anfachen und Tyrannei schreien … Doch die Herrschenden mögen es nicht, wenn das Volk ihnen grollt. Besonders dann nicht, wenn ein Krieg bevorsteht.«
»Lothringen.«
»Ja, Lothringen … Versteht Ihr jetzt, La Fargue, dass diese Angelegenheit, will man sie ohne viel Lärm über die Bühne bringen, äußerst umsichtig eingefädelt werden muss. Man muss die Volksmeinung darauf vorbereiten, vorab ein paar Loyalitäten kaufen, sich die Zustimmung der Gazetten sichern, ein paar wohlwollende Pamphlete verfassen, ein paar Gerüchte zu seinen Gunsten verbreiten … Das ist sicher viel leichter, als Ihr es Euch vorstellt, aber es erfordert Umsicht, Geld und vor allem Zeit, Zeit, die uns so sehr fehlt …«
La Fargue wog das Problem ab: eine Spionin, die nicht reden wollte oder konnte, ein sich abzeichnendes Komplott gegen den König, und eine Uhr, die unaufhörlich tickte …
Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens sagte er:
»Gut. Wie lauten die Befehle Seiner Eminenz?«
Leprat hielt die Tür auf und geduldete sich, während Danvert, der Butler, einen letzten Blick durch das Zimmer von Alessandra di Santi schweifen ließ.
So ging das schon, seit die Italienerin im Jagdschloss Fuchsbau wohnte. Jeden Morgen, sobald die Kutsche, die sie nach Châtelet brachte, abgefahren war, wurden ihre Gemächer durchsucht. Leprat überwachte den Vorgang, ohne dass seine Anwesenheit wirklich vonnöten gewesen wäre. Die Bediensteten, die der Spionin vom Kardinal freundlicherweise zur Verfügung gestellt worden waren, verstanden ihr Metier. Sie beschränkten sich nicht darauf, auch ihr banalstes Tun und Treiben zu beobachten und täglich darüber Bericht zu erstatten. Sie durchkämmten auch peinlich genau ihr Zimmer und das Vorzimmer, unter der Leitung des Butlers, der – mehr als Leprat – die Operation dirigierte und dafür sorgte, dass nichts übersehen wurde.
Danvert hatte seine Augen überall, gab genaue Anweisungen und sprach ansonsten fast nicht. Er war ungefähr fünfzig, dünn, hatte graue Haare und den natürlich gebräunten Teint eines Südländers. Sein Leben widmete er auf untadelige Weise dem Dienen. Er war mit den Qualitäten der besten Butler ausgestattet, deren Aufgabe darin besteht, den reibungslosen Ablauf eines Haushalts sicherzustellen und die Bediensteten anzuleiten. Das bedeutete, er war diskret, intelligent, integer, aufmerksam und vorausschauend. Aber er hatte auch einen Fehler, den er mit vielen seiner Profession teilte: eine Art der Arroganz, hervorgerufen von dem – meist begründeten – Gefühl, unentbehrlich zu sein.
In Wahrheit war er der eigentliche Herr auf Fuchsbau. Unterstützt von der Dienerschaft, die ihm blind gehorchte, führte er das Haus – jederzeit bereit, wen auch immer von heute auf morgen, ja sogar mitten in der Nacht zu empfangen, und sei es
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