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Drachenkampf

Drachenkampf

Titel: Drachenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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Verbeugung, die Marciac angedeutet hatte, nicht gesehen. Sie streckte die Hand mit dem Kerzenleuchter vor sich aus, um sich einen Überblick über das Zimmer zu verschaffen, zu dem sie sich mit der Hilfe des bestechlichen Wirts unauffällig Zutritt verschafft hatten. Das Zimmer bot einen eher schäbigen Anblick, wie auch das restliche Haus, eine bescheidene Gastwirtschaft im Faubourg Saint-Jacques . Im Zimmer befanden sich ein Bett, ein Tisch und ein Hocker. Der legitime Bewohner hatte unter anderem eine große, lederne Umhängetasche dort gelassen.
    Jeder mit einem Leuchter in der Hand, machten sich Agnès und Marciac ungeniert ans Werk, ohne sich weiter abzusprechen. Ihre Mission bestand darin, eine der raren Auskünfte, die die Italienerin Monsieur de Laffemas gegeben hatte, zu überprüfen. Ihr zufolge war ein Geheimgesandter der Königinmutter – ein gewisser Guéret – in Paris, um der Herzogin von Chevreuse ein paar Dokumente zu überbringen. Im Vertrauen auf die Informationen der Spionin glaubten die Klingen, diesen Guéret ausfindig gemacht zu haben, aber sie mussten sich vergewissern, dass sie sich auch nicht in der Person geirrt hatten.
    »Was genau suchen wir denn?«, fragte der Gascogner, der gerade vor einer geöffneten Truhe mit Kleidung kniete.
    Wieder grollte das Gewitter, und das Zimmer war erfüllt vom Rauschen des Regens, der auf die Dachziegel prasselte. Durch eine Ritze tröpfelte es bereits auf den Boden.
    »Briefe«, antwortete Agnès. »Papiere. Alles, was als Beweis herhalten könnte, dass wir es mit der richtigen Person zu tun haben … Aber ohne etwas mitzunehmen oder durcheinanderzubringen. Der Mann darf auf keinen Fall merken, dass wir ihn im Visier haben …«
    »Oje! Ich fürchte«, sagte Marciac leise, »dass dieses Geheimnis bereits aufgeflogen ist …«
    Da sie gerade damit beschäftigt war, die lederne Umhängetasche zu durchsuchen, hörte die junge Frau nur mit halbem Ohr hin.
    »Wie bitte?«, fragte sie mit leichter Verzögerung.
    Als sie den Kopf hob, sah sie den Gascogner gerade noch hinter jemandem her in den Flur hinausstürzen. Zweifelsohne der legitime Bewohner des Zimmers. Sie hatten ihn wegen des tosenden Gewitters nicht kommen hören, und ein paar Herzschläge lang hatten sich Marciac und er fassungslos angestarrt …
    … bevor ein weiterer Donnerschlag dröhnte und die Ereignisse sich überstürzten.
    Nachdem sich auch Agnès von ihrer Überraschung erholt hatte, fluchte sie und stürmte mit einem Sprung übers Bett hinter den beiden Männern her.
    Nachdem er Monsieur la Houdinière Mantel und Hut gereicht hatte, zog Kardinal Richelieu – in hohen Stiefeln, Beinkleidern und einem Wams aus grauem Wollstoff – auch seine Handschuhe aus und verkündete: »Ich muss in einer Stunde im Schloss von Saint-Germain sein, wo ich den König und seinen Hofstaat treffe. Also machen wir’s kurz, Monsieur La Fargue. Meine Eskorte wartet auf mich in einem Wald, eine Viertelmeile von hier.«
    Almadès und Saint-Lucq hatten im Erdgeschoss die beiden Männer im Gefolge Seiner Eminenz in Empfang genommen, also war man in der ersten Etage des Goldenen Hirschen nun nur zu viert – der Kardinal, La Fargue, La Houdinière und Laincourt – in einem Zimmer, in dem es seltsam still und trostlos war und nach altem Holz und Staub roch. Hier und da standen ein paar Kerzen herum, deren Flammen die Schatten tanzen und die Gesichter hohl aussehen ließen. Das von Richelieu hätte nicht abgezehrter erscheinen, sein Blick nicht stechender wirken können.
    »Was ist nun mit dem Komplott, von dem die Italienerin zu wissen behauptet?«, fragte der Erste Minister des Königs. »Sind ihre Behauptungen Eurer Meinung nach berechtigt? Und wenn ja, was könnt Ihr mir zu dieser Stunde darüber sagen?«
    La Fargue räusperte sich, bevor er antwortete. »Wenn es einen Punkt gibt, von dem die Italienerin nie abgewichen ist, Eure Eminenz, dann dieser: Es gibt ein Komplott, und dieses Komplott bedroht den französischen Thron.«
    »Worin besteht es?«
    »Das wissen wir noch nicht. Aber wir glauben zu wissen, dass die Schwarze Kralle dahintersteckt.«
    Der Kardinal führte die Fingerspitzen vor seinen schmalen Lippen zusammen. »Die Schwarze Kralle, sagt Ihr?«
    »Ja, Eure Eminenz.«
    »Hat sie Komplizen?«
    »Ja. Die Herzogin von Chevreuse und die Königin, Eure Eminenz.«
    La Fargue verstummte.
    Schweigen machte sich breit, während Richelieu ihn anstarrte, die Fingerspitzen noch immer vor den dünnen Lippen

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