Drachenkampf
aneinandergelegt. Laincourt zwang sich, genauso gefasst zu wirken wie der Hauptmann der Klingen, aber es fiel ihm schwer, und er erkannte auch bei La Houdinière Anzeichen von Unruhe.
Indirekt hatte La Fargue die Königin gerade des Verrats bezichtigt.
»Habt Ihr Beweise für die Anschuldigungen, die Ihr vorbringt?«, hakte der Kardinal schließlich nach. »Ich meine nicht die Beweise für die Komplizenschaften, sondern für das Komplott an sich …«
»Wenn man so will, keinen einzigen, Eure Eminenz, bis auf die Dokumente, die uns die Italienerin übergeben hat und die bestätigen, dass …«
»Diese Dokumente bestätigen nicht gerade viel, Herr Hauptmann«, unterbrach ihn Richelieu scharf. »Mein Zaubermeister hat mir bereits eine erste Übersetzung zur Lektüre gegeben. Sie sind unvollständig und bleiben insgesamt ziemlich vage. Vorausgesetzt, sie sind wirklich echt.«
»Das kann die Italienerin bezeugen. Man sollte sie dazu befragen.«
»Unmöglich.«
»Unmöglich, Eure Eminenz? Aber warum denn?«
»Diese Frau ist nicht mehr in unserer Gewalt«, sagte der Kardinal mit einer Stimme, die zu ruhig klang, um nicht einschüchternd zu wirken. »Nachdem sie Euch entwischt ist, während der wenigen Stunden Freiheit, die sie genoss, ist es ihr gelungen, ihre Situation einigen Personen zu unterbreiten, die ihr sehr viel wohlgesinnter sind …«
Während Richelieu fortfuhr, musste La Fargue daran denken, was Laincourt prophezeit hatte, und beobachtete aus dem Augenwinkel seine Reaktion. Doch der junge Mann hörte bloß konzentriert zu. Gedanken wie Habe ich es Euch nicht gesagt? entsprachen, ob nun implizit oder geradeheraus, nicht seiner Natur. Jedenfalls hatte er noch am selben Tag, als Saint-Lucq die Italienerin wiederfand, einen Gesandten des Papsts gesehen, der um eine Audienz beim Kardinal bat, um den Fall der schönen Spionin zu erläutern.
»Die Bedrohung war kaum verschleiert«, sagte Richelieu. »Man hätte sie entweder freilassen oder anklagen und vor ihre Richter führen müssen, also vor die Herren des Parlaments, die keine Fragen gescheut und Zeter und Mordio geschrien hätten, aus Gründen, die Euch nur zu gut bekannt sind. Noch dazu hatte der König kein Interesse daran, einen Skandal auszulösen, und die Unterstützung Seiner Heiligkeit könnte dem Königreich schon sehr bald äußerst nützlich sein …«
Mit finsterer Miene nickte La Fargue. Frankreich wartete nur noch auf einen Vorwand, um gegen Lothringen in den Krieg zu ziehen, und Lothringen war nun mal eine vom Krieg zerrissene katholische Bastion vor den Toren des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
»Aber all das spielt letztendlich kaum eine Rolle«, fuhr der Kardinal fort. »Madame de Chevreuse ist in das Komplott verstrickt, sagt Ihr? Nun, davon wird bald keine Rede mehr sein. Ich kann Euch nämlich verraten, dass die Herzogin binnen Kurzem verhaftet werden wird, und das aufgrund erwiesener Vergehen.«
»Welche denn, Eure Eminenz?«
»Wegen Verrats«, erklärte Richelieu mit einer Handbewegung, die verriet, dass er nicht mehr zu dieser Sache sagen würde. Andere ebenso hoch angesehene Persönlichkeiten wie die Chevreuse, was ihre Geburt, ihren Rang und ihr Vermögen betraf, würden ebenfalls in Bedrängnis geraten. Ausnahmeverfahren würden durchgeführt. Urteile würden gesprochen werden, und es würden Köpfe rollen.
La Fargue zog die Augenbrauen zusammen. Er fürchtete, verstanden zu haben.
»Befehlt Ihr mir, die Sache fallen zu lassen, Eure Eminenz?«
»Nichts darf den Erfolg der Sache, die ich soeben erwähnt habe, gefährden.«
»Aber Eure Eminenz …«
»Es handelt sich um eine Staatsaffäre, Herr Hauptmann.«
»Ist ein Komplott gegen den König nicht eine weitere?«
»Ein Phantomkomplott.«
»Ein Komplott, hinter dem der Alchemist steckt!«, ereiferte sich La Fargue.
Wie das Beil des Henkers durchschnitt seine Stimme die Stille.
La Fargue war laut geworden, und der Kardinal, der dem alten Edelmann sonst vieles verzieh, war erstarrt. Seine Augen blitzten vor Wut.
Laincourt hielt den Atem an und sah, wie der betretene Hauptmann der Klingen einmal tief durchatmete.
»Ich … ich bitte Eure Eminenz demütig, meinen Ausbruch zu verzeihen.«
Richelieu zögerte einen Moment, dann wurde sein Blick milder, und er sagte: »Der Alchemist, ja, natürlich … Dieser Name muss viele unangenehme Erinnerungen in Euch wecken, Herr Hauptmann …«
»In der Tat.«
»Daher verstehe ich Eure … Verfehlung. Und ich
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