Drachenkampf
trugen sie den Degen an der Seite. Einer von ihnen war Kardinal Richelieu. Er ritt inkognito zwischen zweien seiner treusten Gefolgsmänner und folgte dem neuen Hauptmann seiner Garde, Monsieur de La Houdinière. Auch dieser trug unter seinem Mantel heute nicht den angesehenen scharlachroten Umhang der Garde mit dem Kreuz und den weißen Galonen. Er saß im Hof ab und klopfte an die Tür, entsprechend des vereinbarten Codes – dreimal, einmal, dreimal – und sah sich um, während er darauf wartete, dass man ihm öffnete.
Von Weitem hörte man den Schrei einer Wyverne. Vielleicht eine wilde Wyverne, denn in Frankreich gab es außer in den abgelegenen Regionen des Königreichs nur noch wenige von ihnen. Aber wahrscheinlicher war, dass es sich um eine dressierte Wyverne handelte, die von einem königlichen Boten geritten wurde, oder dass es ein Aufklärer des einen oder anderen Regiments war, das sich um Paris herum versammelte, bevor es in die Champagne aufbrach, im Rahmen eines weiteren Feldzugs gegen Lothringen.
Schließlich öffnete jemand die Tür.
Es war Coupois, der Wirt, der einen roten Haarschopf, ein braunes Gesicht und eine ängstliche Miene hatte.
»Ist alles vorbereitet?«, fragte La Houdinière.
»Ja, gnädiger Herr.«
Der Wirt wusste nicht, mit wem er da sprach, obschon er keine Zweifel daran hegte, es mit irgendeinem wichtigen Herrn zu tun zu haben, der in irgendeine gefährliche Intrige verwickelt war. Dies beunruhigte ihn natürlich. Doch der Köder aus Gold hatte sich als stärker erwiesen, als La Houdinière – ohne zu verraten, wer er war und wem er diente – am späten Nachmittag desselben Tages aufgetaucht war und die Örtlichkeit inspiziert, strikte Anweisungen erteilt und einen beachtlichen Vorschuss dagelassen hatte. Coupois wusste nur, dass man den Goldenen Hirschen ausgesucht hatte, um dort ein Treffen abzuhalten, das wenn nicht gar geheim, so doch zumindest vertraulich war.
»Ihr werdet bereits von einigen Herren erwartet«, sagte er eilfertig. »Sie befinden sich oben im größten meiner Zimmer, wo ich entsprechend Euren Anweisungen einen Tisch und Stühle habe aufstellen lassen.«
La Houdinière trat ein, überprüfte den düsteren Gemeinschaftssaal und lauschte auf die Stille, die in dem Gasthaus herrschte. »Hatten sie auch das richtige Passwort?«, erkundigte er sich, nur um sicherzugehen.
»Selbstverständlich«, beeilte sich der Wirt zu antworten und spähte argwöhnisch hinaus. »Ohne das hätte ich sie nicht hineingelassen.«
Der Hauptmann der Kardinalsgarde konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er sich vorstellte, wie Coupois versuchte, La Fargue zu irgendetwas den Zugang zu verwehren.
»Gut«, sagte er. »Jetzt kehrt zu Eurer Gemahlin in Euer Zimmer zurück und kommt nicht mehr heraus.«
»Aber ich habe eine kleine Erfrischung vorbereitet, und ich …«
»Nicht nötig. Legt Euch schlafen, Monsieur Coupois.«
Sein Ton war höflich, aber bestimmt.
»Sie sind da«, sagte Almadès und unterbrach damit die Unterhaltung zwischen La Fargue und Laincourt.
Unauffällig stand er am Fenster und beobachtete die Umgebung des Goldenen Hirschen . Dann fügte er ebenso kurzsilbig hinzu: »Vier Reiter. Einer geht vor. Ich kann sein Gesicht noch nicht sehen.«
»Rochefort«, tippte der Hauptmann der Klingen. »Oder La Houdinière.«
»La Houdinière. Er ist gerade abgesessen«, erklärte der spanische Fechtmeister.
Laincourt trat neben ihn, um auch einen Blick hinauszu werfen.
»Der Kardinal wartet im Sattel«, sagte er. »Die anderen beiden sind zwei Edelmänner aus seinem Gefolge. Ich bin ihnen schon einmal im Palais-Cardinal begegnet.«
»Also kein Rochefort …«, stellte La Fargue fest.
Mit seinem Pappenheimer an der Seite war er gekleidet wie immer. Er trug eine ärmellose Jacke aus schwarzem Leder über einem Wams aus demselben Rot wie die Schärpe um seine Taille. Doch sein Gesicht war gezeichnet, versehrt von der Konfrontation auf Schloss Fuchsbau und seinem verzweifelten Sprung ins Leere. Und obwohl er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, waren seine Bewegungen beschwert. Sein Körper bereitete ihm Schmerzen.
»Nein«, bestätigte Laincourt, »kein Rochefort.«
»Er und wir dienen zwar dem gleichen Herrn, und doch ist mir immer wohler, wenn ich weiß, wo er sich aufhält und mit was er gerade befasst ist. Er ist ein bisschen wie ein bissiger Hund, den man lieber nicht frei im Garten herumstreifen weiß …«
Arnaud de Laincourt nickte und
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