Drachenkampf
sehe gern darüber hinweg.«
»Eure Eminenz«, versetzte La Fargue mit ruhiger Stimme, »dieses Komplott zu vereiteln, bedeutet in erster Linie, den König zu schützen. Aber es bedeutet vielleicht auch, der Schwarzen Kralle einen heftigen Schlag zu versetzen, indem wir den Alchemisten töten oder ihn gefangen nehmen.«
»Es bedeutet aber genauso, die Früchte von langen und geduldigen Ermittlungen gegen einige der herausragendsten Persönlichkeiten des Königreichs aufs Spiel zu setzen. Alles könnte scheitern, wenn Ihr die Herzogin oder ihre Komplizen mit Euren Umtrieben belästigt.«
»Es geht doch darum, dafür zu sorgen, dass der Alchemist keinen weiteren Schaden anrichtet, Eure Eminenz. Eine solche Gelegenheit ergibt sich bestimmt nicht so schnell wieder.«
»Dessen bin ich mir durchaus bewusst. Aber während Ihr überstürzt auf Hetzjagd geht und die Pferde scheu macht, lege ich schon seit Langem Fallstricke aus. Und wenn Ihr und ich nicht exakt dasselbe Wild jagen, dann könntet Ihr meines aufscheuchen, während Ihr die Spur Eures verfolgt. Aber vielleicht jagt Ihr zu allem Überfluss auch bloß einem Schatten hinterher.«
La Fargue schwieg. Welches Argument hätte er auch noch anbringen sollen? Richelieu kannte alle Fakten, alle Sachverhalte, alle Risiken, alle verborgenen Umstände, die ihn dazu veranlassten, ganz allein eine Entscheidung zu treffen, die zweifellos folgenschwer sein würde.
Der Kardinal gönnte sich Zeit zum Nachdenken, dann sagte er: »Also gut, Herr Hauptmann, da es hier möglicherweise um des Königs Leben geht, bemüht Euch also darum, das Komplott, das ihn bedroht, zu vereiteln. Dabei werdet Ihr vielleicht auch auf den Alchemisten stoßen, und da er ein Feind Frankreichs ist, müsst Ihr Euch in dieser Sache Gewissheit verschaffen …«
Der Hauptmann der Klingen wollte sich schon bedanken, doch Richelieu hob die Hand, um ihm anzuzeigen, dass er noch nicht fertig war: »Ich weiß jedoch, dass dieser Feind Frankreichs seit der Tragödie in La Rochelle auch Euer Feind ist. Aber dass das bloß nicht Eure Urteilskraft beeinträchtigt. Seid vorsichtig und diskret. Erlaubt Euch nicht den geringsten Fehltritt. Handelt nicht leichtfertig, und gefährdet vor allem nicht durch irgendeine Ungeschicklichkeit den Prozess, der sich abzeichnet …«
La Fargue nickte.
Doch der Kardinal fuhr fort: »Nachdem das geklärt wäre, habe ich noch zwei Bedingungen für Euch. Die erste wäre, dass Ihr mich sowohl über Eure Pläne als auch Eure Erfolge und Rückschläge auf dem Laufenden haltet.«
»Selbstverständlich, Eure Eminenz.«
»Die zweite wäre, dass Ihr mir Saint-Lucq zur Verfügung stellt.«
Obwohl diese Bitte – bei der es sich in Wahrheit um einen Befehl handelte – La Fargue völlig unbeeindruckt zu lassen schien, überraschte sie Laincourt doch sehr. Aber sie bestätigte in seinen Augen wieder einmal die besondere Rolle, die das Mischblut bei den Klingen spielte. Gehörte er ihnen überhaupt wirklich an? Die anderen schienen nur das Beste von ihm zu halten.
Dennoch, obwohl er einen gewissen Stolz erkennen ließ, unter La Fargue zu dienen, nahm er unter ihnen die Sonderstellung eines Söldners ein, der aus freien Stücken blieb und jederzeit gehen konnte. Zudem wusste Laincourt, dass Saint-Lucq nach der Auflösung der Klingen der Einzige gewesen war, den der Kardinal für Geheimmissionen eingesetzt hatte. Das hatte viel zu bedeuten.
»Alle Klingen dienen Euch nach Belieben, Eure Eminenz«, sagte La Fargue.
»Gut«, erwiderte Richelieu, erhob sich und ließ sich von La Houdinière in den Mantel helfen. »Ich verlasse mich auf Euch, La Fargue. Aber Ihr solltet Euch bewusst sein, dass Eure Zeit knapp bemessen ist. Die Herzogin von Chevreuse gibt bald einen großen Ball in Dampierre. Am Tag danach wird sie verhaftet werden, zusammen mit allen anderen, die in diese Intrige verwickelt sind, und zwar überall in ganz Frankreich. Der König will es so, denn so folgt der Sturz der Herzogin ihrem Triumph auf den Fuß …«
Der Kardinal hielt kurz inne und dachte darüber nach, dass diese Entscheidung dem manchmal etwas heimtückischen Wesen von Louis XIII. entsprach. Bedächtig zog er seine Handschuhe wieder an.
»Noch eine letzte Sache, Herr Hauptmann. Dem König liegt der Erfolg in … der ›Affäre Chevreuse‹ sehr am Herzen. Er verfolgt schon seit Monaten aufmerksam und mit zunehmender Ungeduld die langsamen Fortschritte. Er wird es also nicht akzeptieren, dass die Herzogin ihrer
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