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Drachenkampf

Drachenkampf

Titel: Drachenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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hat man alles, was man im Besitz eines Spions erwarten kann, der, wenn man die Hinweise, die die Karten uns geben, ernst nimmt, über Lothringen durch die Champagne nach Paris gekommen ist.«
    »Und die Briefe?«, erkundigte sich Marciac und reckte den Hals, um von seinem Sessel aus besser sehen zu können.
    »Hier sind zwei, die beide an die Herzogin von Chevreuse adressiert sind. Der erste stammt von Charles IV. Der zweite von seinem Bruder, dem Kardinal von Lothringen. Der dritte kommt vom spanischen Botschafter in Lothringen. Wie üblich habe ich sie nicht geöffnet.«
    Nancy war die Hauptstadt des Herzogtums von Lothringen, dessen Souverän Charles IV. war. Vor den Toren des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gelegen, reich und beschützt von einer der gewaltigsten Festungen Europas, weckte Lothringen die Begehrlichkeiten Frankreichs. Die Beziehung zwischen Louis XIII. und seinem lothringischen »Vetter« waren überdies miserabel, da der Herzog alles zu tun schien, um den König zu provozieren und seine Autorität zu untergraben. Bereits zweimal waren die königlichen Truppen auf Nancy marschiert, um Charles IV. zu zwingen, seine Verträge einzuhalten. Und jedes Mal hatte der Lothringer Versprechen abgegeben, die er dann nicht einhielt. So wurden an seinem Hofe weiterhin mit viel Pomp Aufrührer, Verschwörer und andere Widersacher von Louis XIII. empfangen. Als sie einmal für kurze Zeit aus Frankreich verbannt war, war auch die Herzogin von Chevreuse unter ihnen.
    »Ist das alles?«, fragte Agnès.
    »Nun ja«, erwiderte Leprat etwas verwundert, »das erscheint mir eigentlich gar nicht so schlecht …«
    Selbst La Fargue musterte die junge Baronin argwöhnisch.
    Machte sie Scherze?
    »Natürlich«, stimmte sie Leprat zu. »Diese Pässe, diese Karten, diese Briefe haben sicher etwas zu bedeuten. Aber Guéret ist von der Königinmutter zur Herzogin von Chevreuse entsandt worden, oder nicht?«
    Sie blickte die anderen beharrlich an, als sei ihnen allen ein wichtiger Beweis entgangen. Und es war der Hauptmann der Klingen, der als Erster begriff, worauf sie hinauswollte.
    »Unter alledem«, sagte er und zeigte auf die Dokumente, die auf dem Tisch lagen, »ist nichts von der Königinmutter an die Herzogin von Chevreuse …«
    »Ganz genau. Die Königinmutter hat mit Sicherheit keinen ihrer Spione entsandt, damit er drei Briefe in Lothringen abholt und sie dann der Herzogin bringt, oder? Bist du sicher, dass du auch alles genau inspiziert hast, Antoine?«
    Leprat betrachtete die Sachen, die ausgebreitet vor ihm lagen. »Ich glaube schon, ja …«
    »Selbst die Kleider, die unser Mann letzte Nacht getragen hat?«, hakte Marciac nach.
    »Äh …«
    Agnès ging dem Musketier zur Hand, und gemeinsam entdeckten sie schließlich ein Lederkuvert im Futter von Guérets Wams. Da es mit einem Riemen versiegelt war, zögerten sie und sahen La Fargue fragend an. Dieser nickte mit ernster Miene, woraufhin sie das Siegelwachs aufbrachen.
    Das Kuvert enthielt einen Brief und mehrere Manuskriptseiten, die Agnés mit wachsendem Erstaunen überflog.
    »Es handelt sich um ein Pamphlet«, sagte sie. »Es geht um die Königin, um ihr Unvermögen, einen Thronerben zu gebären, und um die angebliche Absicht des Königs, sie deshalb zu verstoßen. Der Verfasser behauptet, dass sich der König diesbezüglich bereits mit Rom verständigt habe und schon bald befähigt sei, sich eine neue Gemahlin zu suchen …«
    Alle waren einen Moment lang fassungslos.
    Nach achtzehn Jahren Ehe war Königin Anne noch immer nicht Mutter geworden. Sie hatte einige Fehlgeburten erlitten, und seit einiger Zeit musste sie den Verlust der Zuneigung und die Gleichgültigkeit ihres Gatten hinnehmen.
    Tatsächlich teilte Louis XIII. kaum noch das Ehebett mit ihr. Jedenfalls sorgte die Kinderlosigkeit der Königin für heftige Aufregung im Reich und drohte womöglich, zu einem Skandal bei Hofe zu führen. Aber vor allem stellte sie einen Casus Belli mit Madrid dar, da Anne die Schwester des spanischen Königs war.
    »Glaubt Ihr, dass da etwas Wahres dran ist?«, fragte Agnès.
    »Wer weiß?«, antwortete La Fargue. »Und selbst wenn man der Sache Glauben schenkt – was spielt das schon für eine Rolle?«
    »Dieser Text war mit Sicherheit dafür vorgesehen, heimlich in Paris vervielfältigt zu werden«, bemerkte Leprat. »Und dafür, Aufsehen zu erregen.«
    »Um Unruhe zu stiften?«, fragte Marciac.
    »Oder um eine Stimmung in Europa zu erzeugen, die den

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