DrachenKind (German Edition)
dem Boden löste, hörte er seinen eigenen Herzschlag. Es klang genau wie das Pochen welches das blau schimmernde, runde Objekt vor ihm von sich gab. Eric schob alle Gedanken aus seinem Bewusstsein, leerte es vollständig, bis nur noch absolute Schwärze übrig war. Und das Medaillon. Er setzte sich in den Schneidersitz und begann, die Schwerkraft zu beeinflussen. Wieder wusste er, dass er es tat, wie er es tat, dass er es konnte. Aber er verstand nicht, warum er es konnte. Beständig verbannte er den Zweifel aus seinem Denken, bis eine heftige, blitzschnelle, ringförmige Welle sich in jede Richtung davon rollte als er den Gegenstand ganz vom Steinboden löste. Es schwebte in der Luft vor ihm, dunkelblau schimmernd und leuchtend. Dann, mit einem erst sanften und stillen, dann lautem und gewaltigen Wärmeimpuls begann die Mitte der kleinen Scheibe weiß zu werden, es war wie ein winziges Loch, durch welches reines, blendend helles weißes Licht an die Oberfläche kam. Eric hatte die Augen fest verschlossen und doch brannten sich die Schatten der Zeichen, welche jetzt in dem unbeschreiblich hellen Lichtpunkt entstanden, für ein paar Sekundenbruchteile in seine Netzhaut ein. Sie wanderten über die gesamte Oberfläche des Medaillons, platzierten sich an den Kanten und an den Rändern, bildeten Ringe. Sie waren so klein dass Eric glaubte, nur seine Augen könnten sie lesen ohne ein Vergrößerungsglas. Feine, sandkorngroße Zeichen. Dieselben wie jene auf der Schwertklinge. Sie waren silbern, sahen aus wie Meisterwerke der Gravierkunst. Das weiße Licht wurde dunkler, veränderte seine Farbe zu einem satten, warmen Gold. Als würde Eric einen Tropfen Tinte in ein Glas mit klarem Wasser fallen lassen, bildete sich goldenes Metall. Erst flüssig, dann träger und fester werdend, bildete das Gold einen dicken Ring, der direkt an den innersten Ring der langen Zeichenkette anschloss. Das Medaillon schwebte vor seinem Gesicht in der Luft, drehte sich langsam um seine eigene Achse. Das grelle Licht verschwand. Eric spürte, dass da noch etwas war. Es war wie eine Aufforderung den Rest zu erledigen. Aber er wusste nicht, was er tun sollte. Er öffnete die Augen. Als seine Konzentration nachließ, fiel das Metall aus der Luft. Er fing es auf. Es sah wunderschön aus. Das dunkelblaue, leuchtende Metall und das Gold. Und die silbernen Ringe aus Zeichen. Eigentlich mochte Eric kein Gold, er fand die Farbe nicht schön. Aber vielleicht lag das daran, dass es immer nur in Massen zu sehen war. Schmuck, Bilder, Kirchenwände. Aber jetzt, in dieser kleinen Menge, fand er es eigentlich sehr passend. Er spürte seine Kräfte, wie sie seinen Arm hinab liefen, das Medaillon durchrangen und zurück flossen. Das Metall begann zu glühen. Endlich mal wieder etwas Warmes. Er sah es an, es begann zu flimmern, so stark dass es fast ganz verschwamm, dann öffnete sich die tief blaue Mitte innerhalb des goldenen Ringes und ein kleiner, goldener Drache nahm Gestalt an. Nach ihm eine Schlange, ein Tiger und ein Adler. Eric musterte die Gestalten, wie sie da in seiner Hand einen Platz suchten und sich dann kampfbereit einem Imaginären Feind entgegenstellten. Es wirkte wie in einem Film. Aber es war keiner, das drang schon zu ihm durch. Die Hitze verschwand, nur wenig davon blieb übrig. Eric stand auf. Jack sah ihn fassungslos und begeistert an. Seath meinte:
„Das sollte der Grund dafür gewesen sein, dass der Adler dir seine ehrliche, aufrichtige Freundschaft gegeben hat. Er war einer der vier, die sich dafür bereit erklärt haben das Geheimnis der Namen aufzubewahren. Wenn du nicht reinen Herzens wärst und wenn er dir nicht mit seinem Geist und seinen Kräften beistünde, wärst du jetzt einen langen, qualvollen Tod als Ungeeigneter gestorben. Aber jetzt wissen wir ja, dass wir dir vertrauen können sollten. Meinst du nicht?“
Eric wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er war völlig gefesselt von der schlichten Schönheit des Medaillons. Er barg es in seiner Faust ein und schloss die Augen. Mit aller Kraft die er aufbringen konnte bedankte er sich bei dem Adler, Iman und Saja. Sie hatten also die Aufgabe, mit ihm zusammen das Ende dieser hässlichen Zeiten zu bringen.
Kapitel 47
Sie standen einen Moment lang stumm da, betrachteten Eric, der es geschafft hatte, das Geheimnis des Tempels und das Geheimnis der Namen aufzuheben, es von der Illusion des Raumes um sie herum zu lösen. Eric wunderte sich. Alle Namen, alle Kräfte, alles Leben.
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