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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Erpressungen unter Afghanen geht!«
    In meinem Kopf ratterte es und ratterte. Ich straffte die Schultern und räusperte mich. »Die sollen erst mal die dreißigtausend Dollar Spendengelder nehmen, die ich neulich geschickt habe, jetzt haben wir noch keine Ernteeinnahmen.« Ich spürte einen stechenden Schmerz, als ich über das Geld nachdachte: Wem auch immer es in den Rachen geworfen würde: Es würden die Falschen sein.
    Wie ein Tiger lief ich im Garten auf und ab und versuchte, nicht den Verstand zu verlieren. Frau Brechenmacher mähte währenddessen unverdrossen ihren Rasen, als gäbe es keine anderen Probleme auf der Welt. Aber dass weder Micki noch Vanessa in diesem heiklen Moment sagten: »Selber schuld, warum engagierst du dich auch für so ein undankbares Volk!«, werde ich ihnen nie vergessen. Sie hielten einfach zu mir.
    »Mama, du wirst schon sehen, alles wird gut«, sagte Vanessa aufmunternd, und Micki tat, was alle Ehemänner in so einer Situation tun sollten: Er nahm mich einfach nur in den Arm.
    Als Gholam nach einer Stunde wieder anrief, teilte ich ihm meine Entscheidung mit: »Kauft Dadgul frei. Ich schicke noch Geld.«
    Er selbst hatte inzwischen schon Geld von Dadguls Verwandten geliehen, sodass wir die geforderte Summe zusammenbekamen.
    Wenige Tage später rief Dadgul an: »Mama, ich bin frei!«
    »Dadgul«, sagte ich mit bebender Stimme. »Was ist genau passiert?«
    »Mama, vor meinen Augen sind fünf Männer erschossen worden, erst drei und am nächsten Tag noch mal zwei!«
    Ich presste erschüttert die Lippen zusammen.
    »Mama, sie haben mir wieder voll ins Gesicht geschlagen, genau wie damals in Kabul, weißt du noch?«
    Ich nickte und rieb mir fröstelnd die Unterarme. »Ja, Dadgul.«
    »Außerdem habe ich tagelang nichts zu essen bekommen. Die hätten mich einfach verrecken lassen, wenn du nicht gezahlt hättest!«
    »Jetzt ruh dich erst mal aus«, sagte ich leise.
    »Ja, Mama, anschließend kümmere ich mich wieder um unsere Projekte.«
    »Wie geht es mit Anwars und Aghas neuen Häusern voran? Wie weit ist die neue Schule in Tarnau gediehen? Hast du Anwar Lohn gegeben?«
    »Mama, ich kann dich ganz schlecht verstehen! Die Verbindung ist … Ich glaube, ich habe hier keinen Empfang …« Es tutete, und Dadgul war weg.

38
    Genau an meinem achtundfünfzigsten Geburtstag landete ich wieder in Kunduz. Drei Monate waren inzwischen vergangen, und ich war freudig erregt und gespannt zugleich. (Ich weiß, dass die meisten Frauen ihren Geburtstag anders feiern! Aber, ganz ehrlich: Wieder Kunduz-Luft atmen zu dürfen, war mein schönstes Geschenk!)
    Dadgul lehnte an seinem Jeep, war nicht einmal ins Flughafengebäude gekommen, um mir mit dem Gepäck zu helfen, und ich hatte verdammt viel Zeug dabei! Schließlich wollte ich auf Mickis Rat hin bei Anwar einziehen und schleppte einen halben Hausrat mit.
    »Hallo Mama! Na? Wie geht’s?«
    »Hast du meinen Geburtstag vergessen, Dadgul?« Schwer atmend stand ich vor ihm und ließ alles fallen, was mir die Handgelenke abgeschnürt hatte.
    »Nein, natürlich nicht! Tabrik , Mama, herzlichen Glückwunsch!« Grinsend schüttelte Dadgul mir die Hand.
    Früher hast du mir Blumen überreicht und mir Geschenke gemacht, dachte ich enttäuscht. Egal.
    »Ist das Geld eingetroffen, das ich dir geschickt habe, als der Dollar so günstig stand?«, fragte ich schließlich, nachdem Dadgul losgebrettert war.
    »Du meinst das Geld für die Entführer?«
    »Dadgul, tu nicht so blöd! Das Geld, das ich dir acht Wochen später geschickt habe, weil der Dollar so günstig stand. Das Geld für die Entführung haben wir doch über die Ernteeinnahmen wieder reingeholt!«
    »Ach so, ja, klar!« Er setzte den Blinker und überholte eine Lastwagenkolonne.
    »Und, hast du es, wie vereinbart, nicht angerührt?«
    »Nicht angerührt.«
    »Gut.« Ich seufzte erleichtert auf. Offensichtlich war alles in bester Ordnung.
    »Du weißt, dass ich diesmal bei Anwar wohne? Du bist so oft unterwegs, da ist mir das aus Sicherheitsgründen lieber. Aber habe ich dir ja alles schon gesagt.«
    »Ja, kein Problem.«
    Uff. Zum Glück schien Dadgul deswegen nicht beleidigt zu sein. Ich hatte lange überlegt, wie ich ihm meinen Auszug erklären sollte, ohne seine Gastgeberehre zu verletzen. Aber seine arrogante Familie wollte ich mir kein weiteres Mal antun.
    »Andererseits …« Dadguls Luchsaugen fixierten mich von der Seite: »Du kannst nach afghanischem Recht nicht einfach so zu einem anderen Mann

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