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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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ziehen. Entweder du heiratest oder adoptierst ihn.«
    »Da heiraten flachfällt, werde ich ihn wohl adoptieren müssen.« Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn Dadgul dachte, das wäre für mich ein Hindernis, dann hatte er sich getäuscht.
    »Das habe ich mir gedacht.« Dadgul raste an einer Unfallstelle vorbei. Aus dem Augenwinkel sah ich ineinander verkeilte Lastwagen, Busse und Eselskarren, deren Fracht überall verstreut war. Menschen saßen im Schock auf der Erde, Kinder weinten, Frauen schrien, Männer debattierten gestenreich.
    »Mensch, Dadgul, früher haben wir den Bussard gerettet, und heute brettern wir an Verletzten vorbei! Halt gefälligst an, wir können sicher helfen!«
    »Wir haben keine Zeit, Mama. Du willst doch noch umziehen, bevor es dunkel wird! Anwars Vater habe ich die erforderlichen Papiere bereits gebracht. Anwar ist also ab sofort rechtmäßig dein Sohn. Das mitgebrachte Geld kannst du mir gleich übergeben, dann kann ich mich um alles kümmern. Eigentlich hättest du gar nicht kommen müssen, ich schaff das hier inzwischen auch prima alleine.«
    Ich atmete schwer. Okay, was sollte das denn? War ich inzwischen nur noch die Bank? Ich brauchte wirklich dringend einen zweiten Vertrauensmann. Aber ich ließ mir nichts anmerken: Immer schön einen Schritt nach dem anderen.
    »Es ist also wirklich kein Problem für dich, dass ich nicht mehr in deinem Haus wohne?« Ich schlug ganz bewusst einen verbindlichen Ton an.
    »Nein, wieso?«
    »Weil du ja irgendwie auch mein Sohn bist.« Ich räusperte mich. »Für den ich immer alles getan habe.«
    »Ich weiß, Mama. Danke noch mal, dass du mich vor den Entführern gerettet hast.« Dadgul schaute mich von der Seite an, während er um einen Kameltreiber herumfuhr, der mitten auf der Fahrbahn dahintrottete. »Und mir zum wiederholten Mal das Leben gerettet hast.«
    Na bitte! Dadgul hatte das sehr wohl verinnerlicht. Erleichterung machte sich breit. Vielleicht war ich in letzter Zeit einfach etwas empfindlich gewesen?
    »So, Mama. Da wären wir. Herzlich willkommen in Katachel.« Dadgul schloss die Tür zu meinem Büro auf und verkündete stolz: »Diesmal ist sogar Staub gewischt. Schade, dass du ausziehst.«
    »Dadgul«, sagte ich und trat an meinen Schreibtisch. »Wo ist das Geld?«
    »Welches Geld?«
    » DAS GELD , DADGUL !« Ich zwang mich, einmal tief ein- und auszuatmen. »Die fünfzigtausend Dollar, die ich dir wegen des günstigen Dollarkurses geschickt habe.«
    Dadgul öffnete die Hände wie nach einem gelungenen Zaubertrick: »Weg! Die habe ich schon ausgegeben, ich hab dir ja gesagt, du brauchst nur das Geld zu überweisen, ich kümmere mich hier schon um alles. Außerdem sind fünfzigtausend Dollar schnell weg.«
    »Wie, weg? Du hast das einfach alles ohne mich entschieden?« Mir blieb der Mund offen stehen. »Falls das deine Geburtstagsüberraschung sein soll, ist sie NICHT GELUNGEN !«
    »Davon habe ich auch die Arbeiter bezahlt, so wie du es von mir verlangt hast, Mama. Auch Anwar, deinen Lieblingssohn.«
    »Quatsch, Dadgul. Lass den Scheiß!« Ich schnaubte und sah ihn vernichtend an.
    »Also. Den Arbeitern gibst du zwei Dollar am Tag – da bleibt noch viel übrig. Wo ist der Rest?«
    »Ausgegeben.« Dadgul blieb völlig ungerührt.
    »Dadgul, ich WARNE dich …«
    »Das meiste ging für den Schulbau in Tarnau drauf. Aber beruhige dich, eine Kiste mit Afghani-Scheinen steht noch bereit, damit du wieder deinen Frauen helfen und Fotos machen kannst.«
    Ich verstand die Welt nicht mehr. »Du hast mir doch eben noch gesagt, du hättest das Geld nicht angerührt, als ich dich im Auto danach gefragt habe.«
    »Weil ich nicht in aller Öffentlichkeit von dir angebrüllt werden wollte«, sagte Dadgul kalt. »Ich lass mich doch nicht von einer Frau anschreien!«
    Ich explodierte beinahe vor Zorn.
    »Was willst du eigentlich?« Dadgul fasste an meinen prall gefüllten Bauchgürtel. »Du hast doch noch Geld!«
    »Wir müssen noch den Witwen helfen! Außerdem gefällt mir einfach nicht, dass du hier allein bestimmst!«
    »Na, hör mal, bin ich Projektleiter von Katachel e . V. oder nicht? Ich bin vor Ort, ich weiß am besten, wo Geld gebraucht wird und wo nicht! So, und jetzt pack deine Sachen, Anwar wartet schon.«
    Mit Vergnügen!, dachte ich. Unter diesen Umständen fiel mir der Auszug mehr als leicht.
    Wutschnaubend schleppte ich die Akten und meine Habseligkeiten aus dem Büro.
    Auf der kurzen Fahrt zu Anwar und

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