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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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hierzulande mit ihrer Werbung für Babynahrung (»Dafür bürge ich mit meinem guten Namen«), Medikamente (»Kopfschmerzen? Da hilft nur eines!«) und Hygieneartikel (»Komm ins Einkaufsparadies«) bombardierten.
    Ich redete mir den Mund fusselig.
    »Wie? Wer sind Sie? Was wollen Sie? Afghanistan? Wo liegt das?«
    Aber nach ein paar Wochen hatte ich die Garage voll. (Nicht die Schnauze. Ich doch nicht!)
    »Du bist ein Teufelsweib.« Micki zog mich stolz an seine Brust. Dann sagte er grinsend: »Ich geh dann noch mal ein bisschen an den Schreibtisch, Geld verdienen.« Pfeifend verschwand er in seinem Arbeitszimmer.
    Ja!, dachte ich, wenn Micki mein Engagement nicht so unterstützen würde, könnte ich mir mein zeit- und kostenaufwendiges Hobby Afghanistan gar nicht leisten. Ich kratzte mich am Kinn. Hm, wen könnte man denn mal freundlich bitten, tonnenweise Hilfsgüter bei mir in Bergfeld abzuholen und nach Afghanistan zu bringen?
    »Hallo, bin ich hier mit dem Chef von Milupa verbunden?«
    Na ja, er war es nicht persönlich, aber einer seiner engsten Mitarbeiter.
    »Hallo, Frau Schnehage«, sagte er gedehnt, und ich sah förmlich vor mir, wie er die Augen verdrehte. Wahrscheinlich deckte er die Muschel mit der Hand ab und stöhnte seinen Kollegen zu: »Schon wieder diese Verrückte aus Bergfeld, die nicht lockerlässt!«
    »Wie sieht’s aus, wann schickt ihr denn mal wieder eine Ladung Griesbrei in die dritte Welt?«
    »Aber Frau Schnehage, Sie erwarten doch nicht etwa …«
    »Doch. Sie haben’s erfasst.«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Ein kleiner Umweg über Wolfsburg, Bergfeld, wär doch jetzt nicht sooo dramatisch?«
    Ich hörte den Mann grübeln. Erst, wie er mich loswerden könnte (was ein Ding der Unmöglichkeit war), und dann, wie er mir helfen könnte. Also, nicht mir, sondern den afghanischen Flüchtlingen. Ich hielt es für angebracht, ihm das noch mal vor Augen zu führen.
    »Ähm, wir haben eine Frachtmaschine nach Mazar-i-Sharif gebucht. …«
    »Na bitte! Passt doch! Wann können Sie hier sein?«
    Der Mitarbeiter blätterte hörbar gestresst in seinem Terminkalender. »Die Maschine fliegt am fünften Juli um zwölf Uhr ab Berlin …«
    »Okay. Fünf Uhr früh steh ich vor der Garage. Wenn ich Glück habe, packen mein Mann, mein Sohn und mein Vater mit an. Und Abdul, der jetzt wieder Hagen heißt, ist mir auch noch einen Gefallen schuldig. Und dessen Vater auch. Also der Adoptivvater.«
    »Ja, also, wenn Sie unbedingt drauf bestehen …«
    »Ja. Tu ich. Was soll ich denn mit dem ganzen Zeug in meiner Garage?«
    Ich hatte erreicht, was ich wollte. Dachte ich. Pünktlich um fünf Uhr früh kam an besagtem fünften Juli ein Riesenlaster in unsere kleine Anliegerstraße gepoltert. Zufrieden stellte ich fest, dass niemand sich drückte. Simon war zwar nicht gerade begeistert und hatte sich seine Sommerferien anders vorgestellt, doch ich drückte ihn an mich und sagte, wie stolz ich auf ihn sei. Drei Stunden später fuhr der Fahrer mit seinem voll beladenen Laster wieder ab.
    Die Tage vergingen, und ich wurde immer nervöser, weil ich von Dadgul nach wie vor nichts gehört hatte. Sobald das Telefon klingelte, stürzte ich wie von der Tarantel gestochen hin. Doch dann war doch bloß wieder irgendein Mensch dran, der eine Spendenquittung wollte. Doch irgendwann war es endlich so weit.
    »Dadgul! Endlich! Ja, Junge, konntest du nicht früher anrufen?«
    »Nein, Mama! Echt nicht! Aber ich habe gute Nachrichten!«
    »Nämlich?« Mein Herz raste zum Zerspringen. DADGUL war doch tatsächlich am Telefon!
    »Ich habe das Geld von der Bank geholt und nach Katachel gebracht, und jetzt geht es los mit dem Bau der Schule!«
    »Wie ist dir das gelungen? Ich meine, so viele afghanische Geldscheine kann man in drei Kartoffelsäcken ja gar nicht schleppen?«
    »Nicht nur das, Mama! Es wäre viel zu gefährlich gewesen, mit dem Geld durch die Stadt zu laufen! Außerdem musste ich auf Sher Mahmad warten, bis der endlich Zeit hatte, mit mir zusammen zur Bank zu gehen.«
    Es handelte sich ja um das Vereinskonto, zu dem Dadgul aus Sicherheitsgründen nicht allein Zugriff hatte. Und bis sich der zweite Vertrauensmann mal bequemt hatte, in seine Schlappen zu schlüpfen, hatte es schon ein paar Monate gedauert.
    »Und dann mussten wir uns ausdenken, wie wir das Geld nach Kunduz transferieren«, berichtete Dadgul atemlos. »In Afghanistan gibt es ja zurzeit keine funktionierenden Banken. Aber der Sher Mahmad hat einen

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