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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Kumpel, der ist Apotheker.«
    »Ja, und?« Apotheker interessierten mich im Moment eher weniger.
    »Und der hat einen Bruder in Kunduz, der auch Apotheker ist.«
    »Nun mach es nicht so spannend, Mann!«
    »Also haben wir das Geld zu dem Apotheker in Peshawar geschleppt. Das ging gerade noch, ohne erschossen zu werden. Der hat mir dann einen Schuldschein unterschrieben. Anschließend sind wir nach Kunduz gefahren und haben dort bei seinem Bruder die Kohle abgeholt. In Kunduz hab ich nämlich meine Kumpels, die Mudjaheddin, und die haben uns Geleitschutz gegeben. In Kunduz erschießt mich so schnell keiner.«
    Dadgul schnaufte vor Stolz.
    »Junge, das hast du gut gemacht!« Vor lauter Erleichterung musste ich mich erst mal setzen.
    »Klar, Mama. Hast du mir doch alles beigebracht. Erst denken, dann handeln.«
    »Guter Junge.«
    »Okay, Mama, ich muss dann mal wieder.« Dadgul spuckte hörbar in die Hände. »Hier gibt es jetzt viel für mich zu tun!«
    »Sei vorsichtig, Dadgul!«
    »Und, Mama?«
    »Ja?« Ich unterdrückte ein Schluchzen.
    »Danke, Mama. Du hast aus mir wieder einen ehrbaren Mann gemacht.«
    Ich hatte nun einen eigenen Verein: Katachel e . V. Ganz offiziell hatte ich zusammen mit zehn weiteren Gründungsmitgliedern, meist Frauen aus der Umgebung, die mich sowieso schon lange tatkräftig unterstützten, beim Finanzamt und Amtsgericht einen korrekten Antrag eingereicht und mit Hilfe eines befreundeten Anwalts alle Formalitäten perfekt erledigt.
    Das Gründungsfest fand an einem lauen Sommerabend in unserem Garten statt. Simon und Vanessa servierten Getränke und afghanische Speisen.
    Der Schlachter aus dem Nachbardorf Parsau hatte freundlicherweise für die anwesenden Moslems ein Schaf geschlachtet, gratis natürlich. (Habe ich schon mal erwähnt dass ich grundsätzlich keine Spendengelder ausgab, sondern mit Argumenten zahlte?) Die Schweine vom Nachbarhof waren glimpflich davongekommen. Neugierig steckten sie ihre feuchten Rüssel durch den Zaun und grunzten anerkennend.
    »Erste Vorsitzende: Sybille Schnehage. Wer ist dafür?« Zehn Hände schnellten in die Höhe.
    Ich lächelte.
    »Stellvertreterin?«
    »Paula Obermeier.«
    »Kassenführerin?«
    »Lilo Weber.«
    »Schriftführerin?«
    »Eva Maria Daenike«.
    »Beisitzerin?«
    »Ulrike Flegel.«
    Simon fing an zu kichern, denn wir hatten schon die Muttersau im Nachbargarten Ulrike getauft, und ihre Ferkel waren gerade im Flegelalter. Wie Simon übrigens auch. Ich hüstelte und warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Kann mal jemand Tarik in den Schatten setzen?«
    Tarik war eines der Pflegekinder, die ich in meinem Freundeskreis vermittelt hatte. Der Kleine hatte sich gerade erst an einer Flasche verletzt, und sein Fuß war eingegipst. Hätten wir damals schon gewusst, dass er einmal in Kabul eine Zahnarztpraxis haben würde, hätten wir noch begeisterter gefeiert als ohnehin schon.
    »Wir brauchen ein Logo!«
    »Ja, Günther! Du bist doch Computerfachmann«, rief ich, während ich den sechsjährigen Tarik in den Schatten zog.
    »Sybille! Du bist die Chefin. Wie stellst du dir das Logo vor?«
    »Helfende Hände«, sagte ich. »Unter den Umrissen Afghanistans.«
    Ich machte mit den Händen eine schützende Geste.
    »Wer ist dafür?«
    Zehn Hände schnellten in die Höhe.
    »Okay, einstimmig angenommen.« Günther griff nach einer Bierflasche, die er aus seiner mitgebrachten Kühltasche zog. »Das gestalte ich euch dann am Computer.«
    »Du, Günther, verletz bitte nicht die Gefühle der anwesenden Moslem-Kinder.«
    »Hä? Wieso?«
    »Könntest du heute Abend ausnahmsweise – Limonade trinken?«
    »Puh, ihr seid aber auch ein anstrengender Weiberhaufen!« Günther ging mit seiner Bierflasche an den Schweinezaun, wo Ulrike, die Muttersau, sich mit zehn pubertären Ferkeln balgte. »Dürft ihr auch keinen Alkohol trinken, ihr armen Schweine?«
    Doch. Durften sie. Als Günther ihnen den Inhalt seiner Flasche spendierte, schlabberten sie die Bierpfütze genüsslich auf.
    Günther gesellte sich wieder zu uns. »Konntet ihr euch nicht besser für ein katholisches Müttergenesungswerk engagieren?«
    »Und unser Arbeitsmotto?«, rief unsere Schriftführerin, Eva Maria. »Wie lautet das?«
    Alle Augen ruhten erwartungsvoll auf mir. Ich kaute an meinem Bleistift. »Nichts Großkotziges, bescheiden bleiben, aber dranbleiben, nachhaltig arbeiten«, überlegte ich laut. Ich sah zu Günther hinüber, der ratlos die leere Bierflasche in den Händen drehte. »Machbare,

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