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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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unsicher, fahrig. Sie spürt sofort, daß mit Hermel Goff eine schwerwiegende Veränderung vor sich gegangen sein muß. Noch kann sie nicht sagen, worin diese besteht, und schon gar nicht, was die Ursache dafür ist. Doch sie spürt es mit dem sicheren Instinkt der Frau, der ein Mann nicht ganz und gar gleichgültig ist. Und sie spürt auch sofort, daß sie einen Mann so noch nie erlebt hat.
    Oder liegt es an mir, fragt sich Hendrikje heiter, liegt es an meinem Zustand, daß ich Dinge fühle, die nicht zu fühlen sind? Vielleicht hätte ich in solch einer Situation auch an Ergar Regungen entdeckt, die sonst unsichtbar sind?
    Wieso denke ich jetzt an Ergar? weist sie sich zurecht. Gerade jetzt, da es fast wie ein Traum ist…
    Aber augenblicklich erwacht in Hendrikje auch ein jahrhundertealtes Mißtrauen der Frau gegenüber dem Mann. Vielleicht ist das wieder so einer von diesen simplen und doch so wirkungsvollen Tricks, denkt sie, Männer sind da so unverfroren und gewissenlos, die schneiden sich sogar den Kopf ab, wenn sie mit einer Frau ins Bett wollen. Sie muß kichern.
    Goff scheint ihr Kichern zum Glück mißzuverstehen. Er kuschelt sich noch tiefer in die Beuge zwischen Hals und Schultern und schnieft. Dann sagt er bebend: “Wie gern würde ich dir sagen: Hendrikje, ich bin deinetwegen hier – aber es hat einen anderen Grund, und daß du hier bist, kann nur bedeuten, daß du diesen Grund sofort erraten wirst…”
    “Die Ikaros?” Hendrikje hat es einfach nur so gesagt, ohne jede Enttäuschung. Welch ein Recht hätte sie überhaupt darauf, ihm zu verübeln, daß ein anderes Interesse als das an Hendrikje Greiff ihn in diese Steinwüste führte. Aber daß er sagte: “Wie gern würde ich…”, das ist sehr schön und klingt wie aus einem klassischen Selbstspiel.
    “Wenn man die Ikaros schon längst verschrottet hätte, wärst du auch dann hierhergekommen?” fragt sie lächelnd.
    Goff hebt den Kopf und wächst allein durch diese Bewegung wieder ins Riesenhafte. Sein finsterer Blick läßt sie ein Weilchen bezweifeln, daß er den Sinn ihrer Frage verstanden hat, aber seine Worte räumen diese Zweifel gnadenlos aus.
    “Nein”, sagt er trocken. “Vielleicht hätten wir uns nie wiedergesehen.”
    “Warum wärst du nicht gekommen?” fragt Hendrikje traurig.
    Goff schüttelt den Kopf, so als wüßte er von vornherein, daß sie seine Antwort nicht akzeptieren wird. “Es gibt Wichtigeres als die Liebe zu einer Frau.”
    Hendrikje läßt ihn nicht ausreden, fährt erregt dazwischen: “Was hast du da gesagt: Liebe? Stimmt das, Hermel Goff, hast du von Liebe gesprochen?” Ihre Stimme vibriert so verräterisch, daß sie ihren Mangel an Beherrschung verfluchen könnte.
    Goff grinst unsicher, schielt sogar ein wenig und stottert: “Nun ja… Liebe…, hab ich das gesagt?”
    “Hermel Goff, du bist ein Waschlappen!” faucht Hendrikje beleidigt. “Liebst du mich, oder was ist los? Zier dich nicht länger und sag es endlich!” Sie sind alle gleich, denkt sie. Dieses kurze Wort brennt ihnen wie Feuer in der Kehle, ätzt ihnen die Zunge wie Säure.“Ich…, na ja…, schon, aber weißt du…” Goff krümmt sich förmlich, und Hendrikje beschließt – nicht ganz uneigennützig –, ihm zu helfen.
    “Was ist wichtiger als die Liebe, Hermel?” fragt sie sanft. Goff reckt sich. Sein Blick wird wieder fest und düster. “Ich habe nicht gesagt, etwas wäre wichtiger als die Liebe. Ich sagte, es gibt Wichtigeres als die Liebe zur Frau.”
    Hendrikje durchzuckt ein schrecklicher Gedanke. “Hermel! Du bist doch nicht etwa Elloraner?”
    Goffs dröhnendes Lachen schallt durch die Tubifexstation. Nur kurz ist Hendrikje beleidigt, gerade so lange, wie sie benötigt, um das Lächerliche ihrer Frage zu erfassen. Dann kichert sie belustigt. Das wäre allerdings etwas gewesen – eine Nacht wie ein Allegro furioso, und dies mit einem Elloraner. Aber in der ersten Nacht sind alle Männer wahre Giganten der Liebe, denkt sie, in der ersten immer… Warum eigentlich nicht auch Elloraner, die können ja gar nicht wissen, daß es noch etwas anderes gibt.
    “Nein, Hendrikje, wirklich nein…, obwohl dein Gedanke gar nicht so abwegig ist…” Goff lacht noch einmal auf, dann wird er sehr ernst und – Hendrikje würde beinahe sagen: theatralisch. “Es ist die Liebe zum Menschen, was ich meine”, sagt er dumpf, “sie läßt uns keine Zeit für private Vergnügungen, nicht heute und auch nicht morgen. Nicht, solange die

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