Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
schneidenden Schmerz, und er spürt, daß seine Willenskraft bald verbraucht sein wird. Deshalb verabschiedet er sich schnell von Quadrangel und geht zu Flakke, der ihn die ganze Zeit fassunglos angestarrt hat.
Natürlich weiß Goff einiges über Flakke, was die Achtung, die dieser bei seinen Leuten genießt, hinlänglich erklärt. Da sind Flakkes unbestritten überdurchschnittliche nautische Fähigkeiten, da ist sein Gerechtigkeitssinn, der ebenso stark ausgeprägt sein soll wie sein Verantwortungsbewußtsein. Aber Goff erkennt in den wenigen Sekunden, die er braucht, um auf den Kosmander zuzugehen, an wenigen Details etwas viel Bedeutenderes.
Vielleicht erfordert dieses Erkennen den geschulten Blick des Mopses, aber Goff interessiert sich auch außerberuflich sehr für menschliche Gesichter, für Gesten und Gebärden. Was ihn vor allem beeindruckte, schon, als er diese Abteilung der Basisklinik betrat, war Flakkes Einfachheit. Es war nur ein kurzer, flüchtiger Eindruck, aber stark genug, um sofort Goffs Sympathie zu erwecken: Der Kosmander hörte einem seiner Leute zu, als der irgend etwas erzählte, und dabei hatte er eine Aufmerksamkeit im Gesicht, die deutlich nicht nur dem Gesagten, sondern auch dem Menschen vor ihm galt. Es war reine und echte Aufmerksamkeit, frei von Überhebung oder hervorgekehrter Väterlichkeit. Und als Flakke anscheinend zweifelnd den Kopf wiegte, sah Goff in dieser Geste sofort nicht nur den Zweifel an dem Gedanken des anderen, sondern auch das stille Angebot, alle Argumente zu prüfen.
Auch jetzt ist Flakkes Blick so unverhohlen neugierig und beunruhigt, daß Goff den Kosmander sogar ein wenig ob dieses Unvermögens zur Verstellung bewundert und beneidet.
Wie sicher muß man sich seiner selbst sein, denkt er, wenn man nicht einmal den Versuch unternimmt zu verbergen, was im Innern vorgeht! Wie frei von aller Berechnung und allem Eigennutz müssen Gedanken sein, wenn man sie derart offenkundig preisgibt!
Flakke schüttelt ihm mit einem verwirrten Lächeln die Hand. “Sicherlich sollte ich nicht danach fragen”, sagt er, “aber vielleicht entschuldigen Sie meine Neugier: Was hat das eigentlich zu bedeuten?” Diese harmlos gestellte Frage bringt Goff in Verlegenheit. Diesem Mann kann er doch nicht einfach sagen: Anweisung vom MOBS! Der hat nach dem Warum gefragt und nicht nach dem Woher und der Befugnis. Goff wagt ein Ausweichmanöver. “Ich bin beauftragt, an Bord der Ikaros zu gehen, bis die erhöhte Sonnenaktivität wieder abgeklungen ist. Ich schlage Ihnen vor, wir sprechen darüber in aller Ruhe, wenn die Ikaros auf Kurs ist. Einverstanden?”
Flakke sieht ihn erstaunt an. “Noch ein Passagier? Hm, da bekommen wir Probleme mit den Kabinen… Macht es Ihnen etwas aus, Ihr Quartier in einer Mannschaftsunterkunft zu beziehen?”
Goff atmet auf, weil Flakke überhaupt nicht an Widerspruch denkt, sondern sofort die praktischen Fragen erörtert. “Ganz im Gegenteil, Kosmander. Ich würde es sogar begrüßen.”
Ireas Flakke nickt zufrieden, dann aber wird sein Gesicht nachdenklich. “Sie wissen hoffentlich, daß es sehr gefährlich werden kann?”
Goff winkt lässig ab. “Es gibt Dinge, die lassen sich auch mit den besten Vorsätzen nicht am Schreibtisch klären”, sagt er und beobachtet gleichzeitig, wie sich Flakkes Miene verfinstert. Hast du etwa auch Geheimnisse vor mir? denkt er amüsiert.
“Die Ikaros wird in den nächsten Wochen sehr wichtig sein”, fährt er fort, und mit leisem Erstaunen registriert er, wie sich das Gesicht des Kosmanders aufhellt, “auch für die wissenschaftliche Arbeit des MOBS.” Das Wort “wissenschaftlich” betont er nachdrücklich, eher einer geheimnisvollen Ahnung folgend als dem Begreifen tiefer Sorgen des Kosmanders.
“Ich werde mich in Ihre Angelegenheiten nicht einmischen”, erklärt Goff weiter, “allerdings muß ich Sie bitten, mir alle wissenschaftlichen Ergebnisse umgehend zugänglich zu machen und mir für deren Auswertung entsprechende Computerkapazität zur Verfügung zu stellen, jedenfalls in einem Maß, das Ihre Arbeit nicht spürbar beeinträchtigt.”
Flakke ringt offensichtlich mit sich, etwas scheint ihm besonders am Herzen zu liegen. Dann sagt er: “Darf ich Ihnen eine sehr offene Frage stellen?”
“Bitte.”
“Kommen Sie als Mungojäger an Bord?”
Goff stöhnt gequält auf. Davor ist man eben auch bei solchen Leuten nicht sicher. Mungojäger – wieviel Verachtung schwang in diesem Wort! Aber es hat
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