Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

ich erst seit wenigen Stunden.” Dann aber lächelt er ein wenig und fügt hinzu: “Du weißt sehr viel über uns, Hermel.”
    “Immer noch zuwenig”, gibt Hermel zu. “Aber woher weiß er vom Elixier?” Er zeigt auf Quadrangel.
    Immer noch ist alles geheimnisvoll und unheimlich für Hendrikje. Ihre Verwirrung verstärkt sich, als Skamander sich aufrichtet und sagt: “Er hat die Selbstspiele abgehört! Spioniert hat er! Hat den Encephalovisor einfach mit der Unterhaltungsintellektronik gekoppelt!”
    “Beherrsche die Kraft, Skamander!” Die Stimme des Elloraners klingt schneidend.
    Skamander blinzelt jedoch nur unsicher. “Welche Kraft meinst du?”
    Goff lacht trocken auf. In Quadrangels Gesicht werden alle Linien gerade, er duckt sich, kriecht förmlich in ein unsichtbares Schneckenhaus. Seiner Miene ist unschwer anzusehen, daß er dem Vorwurf – den Hendrikje allerdings nicht zu erfassen vermag – nicht widersprechen kann. Doch ist auch ungläubiges Erschrecken in seinem Gesicht.
    “Weißt du wirklich nichts von der Kraft der Gedanken, die uns Elloranern gegeben ist?” fragt Ellis gepreßt.
    “Ja, schon…”, antwortet Skamander, “ich habe davon gehört… Dieses Summen und Zirpen in meinem Kopf macht mich ganz verrückt… Ich habe davon gehört – aber ich bin doch kein Elloraner.” Ellis sieht ihn mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. “Nein, ein Elloraner bist du nicht”, sagt er bedächtig, “aber du wirst einst der erste terranische Meister der Sterbenden Sonne sein.”
    “Du hast ihm das Elixier gegeben, nun gib ihm auch die Worte der Meister”, fordert Goff.
    “Du weißt wirklich sehr viel von uns, Hermel”, sagt Ellis lächelnd, “aber bis zum Meister ist es ein Weg durch Wüsten und Feuermeere – die Kraft kann beleben, aber auch töten. Skamander weiß noch gar nichts über die ihm gegebene Macht…”
    “Verdammt noch mal!” unterbricht ihn Skamander heftig. “Soll das heißen, ich kann Gedanken lesen wie ein Elloraner?”
    “Nicht nur lesen”, antwortet Marigg Ellis langsam, “du hast die Macht, Gedanken zu geben, zu sammeln, zu vereinen – du trägst in dir die Gewalt der Gedanken Tausender Hirne…”
    Hendrikje schaudert es. Allmählich begreift sie. Nie wollte sie so recht daran glauben, daß diese Elloraner imstande sind, ihre geistigen Kräfte zu einem unvorstellbar großen Verstand zusammenzutun, der viel mehr ist als einfach die Summe von Tausenden Gehirnen. Bisher hielt sie das für eine Legende, weil nirgendwo eine Wirkung dieses universellen Bewußtseins spürbar war.
    “Ich habe aber nicht seine Gedanken gelesen, wie man sich das so vorstellt”, sagt Skamander und weist auf den Bordarzt, “ich habe gehört, wie er gesagt hat, daß er in unseren Freizeiträumen spioniert hat. Habt ihr das nicht auch gehört?”
    “Du mußt lernen, die Kraft zu beherrschen”, murmelt Ellis, “du hast es doch schon unbewußt getan, hast dir eine Blockade gegen die Aura der Glumpe geschaffen.”
    “Mit der Hilfe des Elixiers”, wirft Goff ruhig ein.
    “Ich mußte es ihm geben”, antwortet der Elloraner müde, und Hendrikje meint, ein wenig Selbstzweifel herauszuhören. Dann aber richtet sich Marigg Ellis stolz auf.
    Hendrikje sieht keinerlei Vermessenheit oder Selbstüberhebung in dieser Haltung, sondern ein Selbstbewußtsein, das nur ein Bewußtsein von Verantwortung und Pflicht sein kann, eine Ehrlichkeit, die dem Elloraner deutlich erkennbar mehr Last als Vergnügen ist, und sie empfindet unerklärbares Mitleid und ebensowenig in Worte zu fassende Achtung vor diesem Mann.
    “Ich bin der Meister der Sterbenden Sonne Marigg Dual Ellis. In mir ist alles, ich bin in allem. Und ich habe entschieden, einem Terraner das Elixier zu geben – aber es war nicht meine Entscheidung allein, denn die Gedanken Elloras und seiner Meister sind in mir…”
    Hendrikje sieht, wie sich Quadrangels sonst ewig verkniffener Mund immer weiter öffnet.
    “… und durch mich hat das Volk von Ellora bestimmt. Der Terraner Skamander soll ein Meister der Sterbenden Sonne sein! Wir wollen weitergeben, was wir bisher als unseren geheimsten Schatz eigennützig gehütet und vor jedem fremden Zugriff geschützt haben…”
    “Wie willst du das verantworten, Marigg?” fragt Goff beunruhigt. Das Lächeln des Elloraners fasziniert Hendrikje.
    “Es ist doch nicht der Subproximer Marigg Ellis, der dies zu verantworten hat, Hermel”, antwortet der Elloraner mild. “Ich bin jetzt wie ein