Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
Brennglas für eine ganze Welt von Gedanken, und diese Welt sagt: Seien wir in allem, alles sei in uns… Ihr werdet lernen müssen, wenn sich die Kraft in euch manifestiert. Aber auch wir müssen lernen. Wir sind zwar zwei Teile einer Einheit: ihr mit eurem schöpferischen Ungestüm, wir mit unseren das All-durchdringenden Gedanken. Vor Jahrhunderten haben sich unsere Kulturen getrennt – jetzt müssen sie in ein höheres Ganzes zurückfinden. Vielleicht hat mir der alte Dual deshalb gesagt: Geh und kehre wieder. Er muß gewußt haben, daß nicht Marigg Ellis zurückkehrt, sondern daß es ein Bedürfnis nach Gemeinsamkeit ist, welches sich zur Rückkehr nur des Körpers und des Geistes eines Menschen bedient, der einzig und allein zu diesem Zweck Meister geworden ist…”
“Wer ist eigentlich Lichtkopf Mehrklug?” fragt Skamander unvermittelt. “Und da gibt es noch einen gewissen Vielklug…”
Hendrikje hat gespannt zugehört. Jetzt aber geschehen Dinge, denen sie nicht mehr folgen kann.
“Komm rein, Hermel”, sagt Skamander und deutet dabei auf seinen Kopf.
Goff wird daraufhin starr wie eine Statue. So ungefähr sah Ergar aus, wenn er unter der Maske der Videotronik Zuflucht suchte.
Skamanders Gesicht versteinert, und auch Marigg Ellis scheint sich auf etwas zu konzentrieren, was ganz weit weg ist.
Dafür lebt Quadrangel auf, der die ganze Zeit vor sich hin gestiert hat. Sein prüfender Blick huscht wieselflink über die Gesichter der drei Männer, dann springt er zum Encephalovisor und drückt eine Taste. Danach wendet er sich Hendrikje zu. “Sie müssen jetzt stark sein”, flüstert er erregt und fügt hastig hinzu: “Auf Ihre Verschwiegenheit darf ich doch rechnen?”
Er deutet kurz auf Skamander, und da begreift Hendrikje: Immer noch befinden sich die Saugnäpfe der Sensoren auf dem Schädel des Mannes.
“Ich muß endlich wissen, was da vorgeht”, der Bordarzt keucht, “und wie es geschieht, auf welche Weise, was da alles ist.”
Über den Bildschirm flackern gräßliche Fieberträume. Goff hatte Hendrikje schon einmal davon erzählt – aber jetzt ist es doch etwas ganz anderes. Ihr ist, als gefrören ihre Füße zu unförmigen Eisklumpen. Die schreckliche Kälte steigt in ihr empor, knisternd und klirrend, dringt in ihre Arme, und Hendrikje hat für Augenblicke den gespenstischen Eindruck, sie werde wie hauchzartes Glas auseinanderspringen, wenn sie sich bewegte. Was ihr den Atem nimmt, ist vor allem die Gewißheit, daß es all das wirklich gibt, was auf dem Encephalovisor zu sehen ist.
Zwischen die schaurigen Visionen von unvorstellbar verstümmelten Lebewesen zucken Bilder, die ihr bekannt vorkommen. Tatsächlich – das ist die Brücke des Drachenkreuzers, da steht Flakke, sein Gesicht huscht in Großaufnahmen durch die wogenden Schleier, taucht unter in den schillernden Nebeln wie in einer Öllache. Eine Gruppe von Besatzungsmitgliedern ist zu sehen, dazu Details wie Hände, Beine, Köpfe. Und immer wieder wimmeln diese zuckenden Scheusale dazwischen.
Über eine Stunde geht das, dann löst sich Skamander aus seiner starren Haltung und streckt sich. “Es hilft nichts, ich muß hinunter”, sagt er erschöpft. “Weiß der Teufel, warum sie gerade auf mich so scharf sind. Vielleicht denken sie, daß ich nicht ein gar so schlimmer Rüpel bin wie ein gewisser Lichtkopf Mehrklug…” Dabei grinst er Goff an.
Quadrangel langt wie zufällig zur Tastatur des Encephalovisors, aber Ellis kommt ihm zuvor. “Verrenken Sie sich nicht den Arm, Doktorchen”, sagt er ironisch. “Sie brauchen doch nur einen Ton zu sagen.” Mit diesen Worten schaltet er das Gerät aus. Seine Schnurrbartspitzen zucken leicht, und Quadrangel starrt mit verkniffenem Mund zu Boden.
“Sie hätten lieber fragen sollen, ob wir Sie mit in die Aura nehmen”, sagt der Elloraner gelassen, “statt wieder heimlich zu lauschen, Sie haben doch sowieso nichts begriffen, oder?”
Quadrangels Kurvengesicht wird von heftigen Schwingungen geschüttelt, er nickt unwillkürlich, dann aber schnellt er hoch, geradezu überrascht, und fragt: “Hätten Sie das denn getan?”
Ellis wiegt nachdenklich den Kopf. “Wir hätten es zumindest versuchen können… Skamander und ich, wir könnten die nötige mentale Kraft schon aufbringen…” Er sinniert eine Weile und fährt dann fort: “Darauf kommt es aber nicht an, Doktor. Die Verständigung ist unsere Sache, auf Sie warten ganz andere Aufgaben. Sie sollen so schnell wie
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