Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
hinzu.
“Ja, Bruder, ich bleibe bei euch”, antwortet Skamander. Trommeln und Schwingen flutet durch die Glumpe wie ein freudiger Aufschrei. Skamander schließt die Augen und läßt sich von den Wogen der Wärme davontragen. Sei in allem, alles sei in dir, vibriert in ihm das Wort der Meister. Marigg hat ihm die Weihen gegeben, und sie beide brauchten noch ein Weilchen, mit dieser wunderbaren Erkenntnis fertig zu werden, daß wahre Meisterschaft nicht eine Sache kosmischer Dimension ist, sondern allein in der Bewegung eines einzelnen Atoms ihre Rechtfertigung finden kann. Daß Meisterschaft nicht Forderungen schafft, sondern Forderung Meister gebiert und daß es nichts Großes ohne Kleines geben kann.
Diese Erkenntnis offenbarte sich Skamander in ihrer ganzen Konsequenz und veränderte sein Leben. Es begann damit, daß Doktor Quadrangel plötzlich vor ihm stand, bleich wie ein Gespenst, mit zitternden Lippen. Marigg Ellis stützte den Bordarzt, der anscheinend am Ende seiner Kraft war. Auch Marigg sah ziemlich mitgenommen aus, und er starrte so unverwandt auf Skamander, daß es diesen fröstelte unter dem glühenden Blick.
“Bitte kommen Sie”, sagte Quadrangel krächzend und drehte sich ruckartig um.
Skamander hatte seine mentale Begabung völlig vergessen. Das Verhalten des Bordarztes und des Elloraners signalisierte Ungeheuerliches, aber das Empfinden dieses grenzenlosen Entsetzens lähmte Skamanders Verstand, und er kam überhaupt nicht auf die Idee, in den Gedanken der beiden zu lesen.
Der Arzt führte sie direkt in das Heiligtum seiner Klinik – das Labor. Einen Moment spürte Skamander so etwas wie Achtung, als er versuchte, die unüberschaubare Vielfalt der Geräte, Instrumente, Anzeigen und Terminals zu erfassen.
Überall leuchtete, blinkte, ratterte, summte, fauchte und zischte es – dagegen war die Brücke der Ikaros wie ein gemütliches Schlafzimmer. Dann aber mußte er sich daran erinnern, wie er einst fassungslos auf die Segel der Ikaros gestarrt hatte und glaubte, sich die Bezeichnungen all dieser Folienbahnen und der dazugehörenden Seile und Trossen nie merken zu können. Und diese Erinnerung dämpfte ein wenig die Ehrfurcht vor den vermeintlich übermenschlichen Fähigkeiten des Bordarztes. Zumindest aber blieb Respekt, und paradoxerweise wurde dieser Eindruck durch die hilflose Haltung Quadrangels eher verstärkt als abgeschwächt.
Der Arzt stand inmitten seiner geheimnisvollen Maschinen und zerrte am Kragen seines Kittels, bis der oberste Knopf abriß. Die Blasiertheit war wie weggewischt aus seinem Gesicht, dafür flackerte in seinen Augen blanke Angst. Mit zitternden Fingern zog er ein Fläschchen aus seiner Kitteltasche und träufelte etwas auf einen Wattebausch. Ein aromatischer, beinahe stechender Geruch drang bis zu Skamander, als sich der Arzt die Schläfen betupfte, und er bemerkte mit leichtem Erstaunen, wie Goff zurückzuckte, als hätte der Arzt ein giftiges Reptil in den Händen.
Ganz gleich, was es war – der Arzt beruhigte sich zusehends. “Da, schauen Sie”, sagte er und zeigte auf einen Bildschirm. “Das sind die Chromosomen dieser Wesen…, ich habe die erforderliche Zellsubstanz aus den Blut- und Schleimspuren auf Ihren Raumanzügen gewonnen. Selbst ein Laie erkennt auf den ersten Blick, daß es sich um menschliche Chromosomensätze handelt…” Er machte eine Pause. “Ich habe genetisches Material von siebzehn Individuen gefunden”, fuhr er dann fort.
Das Bild auf dem Sichtschirm wechselte, und Skamander erblickte die Darstellung von über einem Dutzend stark vergrößerter Zellkerne.
“Auf einige Besonderheiten muß ich Sie aufmerksam machen”, sagte Quadrangel, und das nächste Bild zeigte einzelne DNS-Abschnitte, “wie Sie sicherlich wissen, sind Geninformationen bedeutend zuverlässiger für die Identifizierung von Individuen als Fingerabdrücke. In unserem Fall handelt es sich um einen extrem mutierten Genfonds, aber trotz der unglaublichen Vielfalt der Varietäten sind gewisse Merkmale eindeutige Indizien dafür, daß alle Individuen aus identischem genetischem Material hervorgegangen sind… Schauen Sie… hier – und hier…, ebenso diese Aminosäurensequenz…”
Erneut flackerten verschiedene Darstellungen über den Bildschirm. Dann drehte sich Quadrangel um und blickte Skamander direkt ins Gesicht, seine Augen schillerten eigenartig, und er krächzte: “Alle diese Wesen dort unten in der zerstörten Station sind gewissermaßen Geschwister,
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