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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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nicht verstehe. Urdu, wie mir scheint. Er spricht sehr schnell, und ich sehe seinen Adamsapfel auf und ab hüpfen. Ich will ihn fragen, wie alt er ist - für seine Rolle in dieser ausländischen Seifenoper sieht er eigentlich viel zu jung aus -, stattdessen aber murmele ich vor mich hin: Ich glaube, ich habe ihm einen guten Kampf geliefert. Ich glaube, ich habe ihm einen guten Kampf geliefert.
    Ich weiß nicht, ob ich Assef einen guten Kampf geliefert habe. Wahrscheinlich nicht. Wie auch? Es war mein erster Kampf überhaupt. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch kein einziges Mal mit der Faust zugeschlagen.
    Manches von diesem Kampf mit Assef ist mir überaus lebendig in Erinnerung. Ich erinnere mich, dass er Musik eingeschaltet hatte, bevor er den Schlagring über die Finger streifte. Irgendwann löste sich der Gebetsteppich mit der eingewebten Mekka-Abbildung von der Wand und fiel mir auf den Kopf. Der Staub brachte mich zum Niesen. Ich erinnere mich, dass mir Assef Trauben ins Gesicht drückte, mir dabei seine feucht glänzenden Zähne zeigte und die blutunterlaufen Augen rollen ließ. Irgendwann verlor er den Turban, und seine blonden Locken fielen ihm bis auf die Schultern herab.
    An das Ende erinnere ich mich natürlich auch. Das sehe ich in absoluter Klarheit vor mir. Solange ich lebe.
    Ich sehe seinen Schlagring im Licht der tief stehenden Sonne blinken; wie kalt dieser sich bei den ersten Treffern anfühlte und wie rasch er dann von meinem Blut erwärmt wurde. Gegen die Wand geschleudert, spüre ich einen Nagel, an dem wahrscheinlich ein Bild gehangen hatte, in meinen Rücken stechen. Suhrab schreit. Tabla, Harmonium, eine dil-roba. Ich werde gegen die Wand geschleudert. Der Schlagring zerschmettert meinen Kiefer.
    Ich würge an meinen Zähnen, schlucke sie runter, denke an die vielen Stunden, die ich für ihre Pflege aufgebracht habe. Pralle wieder gegen die Wand. Liege am Boden; von meiner aufgekratzten Oberlippe tropft Blut auf den fliederfarbenen Teppich. Schmerz schneidet mir durch den Bauch, und ich frage mich, ob ich jemals wieder werde Luft holen können. Meine Rippen knacken wie die Aste, mit denen Hassan und ich nach dem Vorbild Sindbads und in Ermangelung echter Schwerter gefochten haben. Suhrab schreit. Ich schlage mit dem Gesicht gegen den Rand der Fernsehkonsole. Da knackt wieder etwas, diesmal unter dem linken Auge. Musik. Suhrab schreit. Finger krallen sich in meine Haare, reißen mir den Kopf in den Nacken. Das Aufblitzen von Edelstahl. Es fliegt auf mich zu. Und wieder dieses Knacken. Meine Nase. Ich beiße vor Schmerz die Zähne zusammen, spüre, dass sie nicht mehr wie gewohnt aufeinander passen. Ich werde getreten. Suhrab schreit.
    Ich weiß nicht mehr, an welcher Stelle ich damit angefangen habe, jedenfalls habe ich gelacht. Es tat mir weh zu lachen, im Gesicht, im Hals, in der Brust. Trotzdem lachte ich, und je mehr ich lachte, desto fester trat, schlug, kratzte er mich.
    »Was gibt's da zu lachen?«, brüllte Assef mit jedem Schlag. Sein Geifer tropfte mir ins Auge. Suhrab schrie.
    »Was gibt's da zu lachen?«, zeterte er. Wieder knackte eine Rippe, diesmal auf der linken Seite. Zum ersten Mal seit jenem Winter 1975 war ich im Frieden mit mir selbst. Ich lachte, weil mir klar wurde, dass ich im Unterbewusstsein immer auf diesen Moment gewartet hatte. Ich erinnerte mich daran, wie ich Hassan damals auf dem Hügel mit Granatäpfeln beworfen und ihn zu provozieren versucht hatte, wie er aber einfach nur reglos dagestanden hatte, wie ihm der rote Saft über das Hemd gelaufen war, als wäre es Blut, wie er mir schließlich einen Granatapfel aus der Hand genommen hatte, um ihn sich an der eigenen Stirn zu zerdrücken. Bist jetzt zufrieden? hatte er gekrächzt. Fühlst dich jetzt besser?
    Ich war weder zufrieden gewesen, noch hatte ich mich besser gefühlt, ganz und gar nicht. Jetzt aber sehr wohl. Mein Körper war geschunden - wie schlimm, sollte ich erst später erfahren -, doch ich fühlte mich geheilt. Endlich geheilt. Ich lachte.
    Dann das Ende. Ein Bild, das ich mit ins Grab nehmen werde:
    Ich liege lachend am Boden, Assef rittlings auf meiner Brust, sein Gesicht eine Maske des Wahnsinns, gerahmt von einem Wust von Locken, die fast bis auf mein Gesicht herabhängen. Die eine Hand hält meinen Hals umklammert, die andere, die mit dem Schlagring, schwingt über die Schulter hoch. Er holt zum Schlag aus.
    Dann: »Bas.« Eine dünne Stimme.
    Wir merkten beide auf.
    »Aufhören,

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