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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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nach Jalalabad fahren wolle, und Homayoun, der in Frankreich Maschinenbau studiert und ein Haus in Jalalabad hatte, sagte, er würde gern alle dorthin einladen, er selbst wolle die Kinder und seine beiden Frauen mitnehmen, und seine Cousine Shafiqa und ihre Familie seien gerade aus Herat zu Besuch da, die hätten vielleicht auch Lust mitzukommen, und da sie in Kabul bei Cousin Nader wohnten, müsse man dessen Familie ebenfalls einladen, auch wenn Homayoun und Nader im Augenblick miteinander im Streit lagen, und wenn Nader eingeladen wurde, musste man selbstverständlich seinen Bruder Faruq dazubitten, sonst wäre der gekränkt und würde sie im nächsten Monat vielleicht nicht zur Hochzeit seiner Tochter einladen ...
    Wir füllten drei Kastenwagen. Ich fuhr mit Baba, Rahim Khan und Kaka Homayoun -Baba hatte mir schon früh beigebracht, jeden älteren Mann Kaka, Onkel, zu nennen und jede ältere Frau Khala, Tante. Kaka Homayouns zwei Ehefrauen fuhren auch mit uns - die verkniffen dreinblickende Ältere mit den Warzen an den Händen und die Jüngere, die immer nach Parfüm roch und mit geschlossenen Augen tanzte -, genau wie Kaka Homayouns Zwillingstöchter. Ich saß in der hinteren Reihe zwischen den beiden siebenjährigen Zwillingen eingequetscht, die immer wieder über meinen Schoß hinweglangten, um einander einen Klaps zu versetzen, und mir war furchtbar schlecht vom Autofahren und ich fühlte mich schwindelig. Um nach Jalalabad zu gelangen, musste man eine Zweistundenfahrt über Bergstraßen zurücklegen, die sich entlang steiler Abhänge schlängelten, und es drehte mir bei jeder Haarnadelkurve den Magen um. Alle im Wagen redeten, redeten laut und meistens zur selben Zeit, man konnte es fast schon als Schreien bezeichnen; das war nun einmal die Art, wie sich Afghanen unterhielten. Ich fragte einen der Zwillinge - Fazila oder Karima, ich konnte sie nie auseinander halten -, ob sie mir ihren Fensterplatz überlassen würde, wegen meiner Übelkeit, damit ich ein wenig frische Luft bekam. Sie streckte mir bloß die Zunge heraus und sagte Nein. Daraufhin erklärte ich ihr, dass sie mich dann nicht dafür verantwortlich machen könne, wenn ich auf ihr schönes neues Kleid kotzte. Eine Minute später lehnte ich mich aus dem Autofenster. Ich sah, wie die löcherige Straße anstieg und abfiel, wie sie sich den Berg hinaufschlängelte, zählte die bunten Lastwagen, die voll gepackt mit darauf kauernden Männern vorbeirumpelten. Ich versuchte die Augen zu schließen und mir den Wind über die Wangen streichen zu lassen, öffnete den Mund, um die frische Luft einzusaugen. Ich fühlte mich immer noch nicht besser. Ein Finger bohrte sich in meine Seite. Es war Fazila-Karima. »Was ist?«, fragte ich.
    »Ich habe gerade allen von dem Turnier erzählt«, sagte Baba vorn am Steuer. Kaka Homayoun und seine Frauen lächelten mich von der mittleren Sitzreihe aus an.
    »An dem Tag müssen gut und gern hundert Drachen am Himmel gewesen sein, nicht wahr, Amir?«, fragte Baba.
    »Kann sein«, murmelte ich.
    »Hundert Drachen, Homayoun jan. Kein laaf. Und der einzige, der am Ende des Tages noch flog, war der von Amir. Er hat den vorletzten geschnitten, und der liegt zu Hause, ein wunderschöner blauer Drachen. Hassan und Amir haben ihn zusammen erlaufen.«
    »Meinen Glückwunsch«, sagte Kaka Homayoun. Seine erste Frau, die mit den Warzen, klatschte in die Hände. »Wah wah, Amir jan, wir sind alle so stolz auf dich!«, sagte sie. Die jüngere Frau stimmte mit ein. Und dann klatschten sie alle, lobten mich mit lauten Stimmen, erklärten mir, wie stolz ich sie alle durch meinen Sieg gemacht hatte. Nur Rahim Khan, der auf dem Beifahrersitz neben Baba saß, schwieg und sah mich mit einem seltsamen Blick an.
    »Bitte halt an, Baba«, sagte ich.
    »Was?«
    »Muss mich übergeben«, murmelte ich, lehnte mich über den Sitz und presste mich gegen Kaka Homayouns Tochter.
    Fazila-Karima verzog das Gesicht. »Halt an, Kaka! Sein Gesicht ist ganz gelb! Ich will nicht, dass er mir auf mein neues Kleid kotzt!«, kreischte sie.
    Baba lenkte den Wagen an den Rand, aber ich schaffte es nicht mehr. Ein paar Minuten später saß ich auf einem Stein am Straßenrand, während sie den Wagen lüfteten. Baba rauchte, neben ihm Kaka Homayoun, der Fazila-Karima erklärte, dass sie aufhören solle zu weinen; er werde ihr in Jalalabad ein neues Kleid kaufen. Ich schloss die Augen und wandte mein Gesicht der Sonne zu. Kleine Formen erschienen auf der Innenseite

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