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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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bestellte uns Bier. »Heute Abend ich zu glücklich«, verkündete er, ohne das Wort an jemand Bestimmten zu richten, und doch wiederum an alle. »Heute Abend ich trinke mit meinem Sohn. Und einen für meinen Freund, bitte«, sagte er und tätschelte dem alten Mann den Rücken. Der alte Kerl tippte sich an die Kappe und lächelte. Er hatte keine Zähne mehr im Oberkiefer.
    Baba trank sein Bier in drei Schlucken aus und bestellte ein weiteres. Er hatte drei getrunken, ehe ich mich dazu durchringen konnte, ein Viertel von meinem hinunterzuwürgen. In der Zwischenzeit hatte er dem alten Mann einen Scotch spendiert und einem Quartett von Billardspielern einen Krug Budweiser hinübergeschickt. Sie prosteten ihm zu. Jemand zündete ihm die Zigarette an. Baba lockerte die Krawatte und gab dem alten Mann eine Hand voll Vierteldollarmünzen. Er deutete zur Jukebox hinüber. »Sag ihm, er soll seine Lieblingslieder spielen«, wandte er sich an mich. Der alte Mann nickte und salutierte. Bald schon schallte Countrymusic durch die Bar, und Baba hatte eine Party in Gang gebracht.
    Irgendwann rappelte sich Baba auf, hob sein Bier, verschüttete das meiste davon auf dem mit Sägemehl bestreuten Boden und schrie: »Scheiß auf die russisch!« Die ganze Bar lachte, dann folgte das Echo aus voller Kehle. Baba bestellte eine weitere Runde Krüge für alle.
    Als wir uns auf den Heimweg machten, bedauerte jeder, dass er ging. Kabul, Peshawar, Hayward. Baba war eben Baba, dachte ich lächelnd.
    Ich kutschierte uns in Babas altem ockergelbem Buick Continental nach Hause. Baba schlief unterwegs ein und schnarchte wie ein Vorschlaghammer. Er roch nach Tabak und Alkohol, süßlich und durchdringend. Aber er setzte sich auf, als ich den Wagen anhielt, und sagte mit heiserer Stimme: »Fahr weiter bis zum Ende des Blocks.«
    »Aber warum denn, Baba?«
    »Tu es einfach.« Er ließ mich am südlichen Ende der Straße parken. Dann griff er in seine Manteltasche und reichte mir einen Satz Schlüssel. »Da«, sagte er und zeigte auf den Wagen vor uns. Es war ein alter Ford, lang und breit war er, in einer dunklen Farbe, die ich im Mondlicht nicht zu erkennen vermochte. »Der Lack muss ausgebessert werden, und ich werde einen der Jungs von der Tankstelle neue Stoßdämpfer einsetzen lassen, aber er läuft.«
    Fassungslos nahm ich die Schlüssel entgegen. Blickte von ihm zu dem Wagen.
    »Du musst aufs College gehen«, sagte er. Ich ergriff seine Hand. Drückte sie. Tränen stiegen mir in die Augen, und ich war dankbar für die Schatten, die unsere Gesichter verbargen. »Vielen Dank, Baba.«
    Wir stiegen aus und setzten uns in den Ford. Es war ein Grand Torino. Marineblau, sagte Baba. Ich fuhr ihn um den Block, probierte die Bremsen, das Radio, die Blinker aus. Dann parkte ich ihn auf dem Parkplatz unseres Wohnblocks und stellte den Motor ab. »Tashakkor, Baba jan«, sagte ich. Ich hätte gern noch mehr gesagt, hätte ihm gern erzählt, wie mich seine Freundlichkeit berührte, wie dankbar ich ihm für alles war, was er für mich getan hatte und immer noch tat. Aber ich wusste, dass ihn das verlegen machen würde. Also wiederholte ich stattdessen: »Tashakkor.«
    Er lächelte und lehnte sich zurück, wobei er mit dem Kopf beinahe die Decke berührte. Wir sagten nichts mehr. Saßen einfach in der Dunkelheit da, lauschten dem Tink-Tink des abkühlenden Motors und dem Heulen der Sirenen in der Ferne. Dann drehte Baba mir den Kopf zu. »Ich wünschte, Hassan hätte heute bei uns sein können«, sagte er.
    Zwei Stahlhände schlossen sich beim Klang von Hassans Namen um meine Luftröhre. Ich kurbelte das Fenster herunter. Wartete darauf, dass die Hände ihren Griff lockerten.
    Am Tag nach meiner Abschlussfeier teilte ich Baba mit, dass ich mich im Herbst am Junior-College einschreiben würde. Er trank kalten schwarzen Tee und kaute auf Kardamomsamen herum, sein Geheimrezept gegen Kater-Kopfschmerzen.
    »Ich glaube, ich werde als Hauptfach Englisch belegen«, erklärte ich. Innerlich verkrampfte ich mich und wartete auf seine Antwort.
    »Englisch?«
    »Kreatives Schreiben.«
    Er dachte darüber nach. Nahm einen Schluck von seinem Tee. »Geschichten, wie? Du willst Geschichten erfinden.« Ich blickte auf meine Füße hinunter. »Bezahlen sie einen dafür, wenn man Geschichten erfindet?« »Wenn man gut ist«, sagte ich. »Und entdeckt wird.« »Wie wahrscheinlich ist es, dass du entdeckt wirst?« »Es kommt vor«, antwortete ich.
    Er nickte. »Und was willst du

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