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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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dem Auflegen gesagt. Beiläufig, als wäre es ihm im letzten Moment noch eingefallen.
    Eine Möglichkeit, es wieder gutzumachen.
    Als ich nach Hause kam, sprach Soraya am Telefon mit ihrer Mutter. »Wird nicht lange dauern, Madarjan. Eine Woche, vielleicht zwei... Ja, du und Padar, ihr könnt so lange bei mir wohnen ...«
    Der General hatte sich vor zwei Jahren die rechte Hüfte gebrochen. Er hatte wieder einmal an einem seiner Migräneanfälle gelitten, war verschlafen und benommen aus seinem Zimmer herausgekommen und über einen Teppich gestolpert. Sein Schrei hatte Khala Jamila aus der Küche zu ihm eilen lassen. »Es klang wie ein jaroo, ein Besenstiel, der in der Mitte durchbricht«, erzählte sie immer wieder gern, obwohl der Arzt erklärt hatte, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass sie irgendetwas in der Art gehört haben könnte. Die zerschmetterte Hüfte des Generals - und all die sich daraus ergebenden Komplikationen, die Lungenentzündung, die Blutvergiftung, der verlängerte Aufenthalt in der Privatklinik -hatte Khala Jamilas langjährigen Monologen über den Zustand ihrer Gesundheit ein Ende bereitet. Und neue über den General hervor gerufen. Sie erzählte jedem, der bereit war, ihr zuzuhören, dass die Ärzte ihnen gesagt hätten, dass seine Nieren kurz vor dem Versagen stünden. »Aber die haben noch nie afghanische Nieren gesehen, nicht wahr?«, sagte sie stolz. Am lebendigsten ist mir aus jener Zeit in Erinnerung geblieben, wie Khala Jamila am Krankenbett des Generals wartete, bis er eingeschlafen war, um ihm dann Lieder vorzusingen, die ich noch aus Kabul kannte, wo sie in Babas knarzendem alten Radio erklungen waren.
    Die Gebrechlichkeit des Generals - und die Zeit - hatten die Dinge zwischen ihm und Soraya verändert. Sie unternahmen gemeinsame Spaziergänge, gingen manchmal samstags zusammen essen, und ab und zu setzte sich der General in ihren Unterricht. Dann saß er ganz hinten im Raum, in seinem glänzenden alten grauen Anzug, den Stock über den Schoß gelegt, und lächelte. Manchmal machte er sich sogar Notizen.
    In jener Nacht lagen Soraya und ich im Bett. Sie hatte den Rücken an meine Brust gepresst, ich das Gesicht in ihr Haar vergraben. Ich erinnerte mich an die Zeit, als wir Stirn an Stirn dalagen, einander in Erinnerung an das Vorangegange küssten und leise miteinander redeten, über winzige gekrümmte Zehen redeten, über ein erstes Lächeln, erste Worte, erste Schritte, bis uns die Augen zufielen. Wir taten es manchmal noch, bloß dass wir nun über die Schule oder mein neues Buch sprachen, über ein lächerliches Kleid kicherten, das irgendjemand auf einer Party getragen hatte. Wir genossen es immer noch, miteinander zu schlafen, fanden immer noch Gefallen aneinander, aber manchmal verspürte ich eine große Erleichterung, wenn es vorüber war und ich einschlafen und für eine Weile die Nutzlosigkeit dessen, was wir gerade getan hatten, vergessen durfte. Auch wenn sie es nie sagte, so wusste ich doch, dass Soraya manchmal ebenso empfand. In jenen Nächten rollte sich jeder auf seine Seite des Betts und ließ sich von seinem Retter davontragen. Sorayas Retter war der Schlaf. Meiner, wie immer, ein Buch.
    In der Nacht nach Rahim Khans Anruf lag ich im Dunkeln wach und folgte mit den Augen den parallelen silbernen Linien an der Wand, die das Mondlicht hervorrief, das durch die Jalousien drang. Irgendwann, vielleicht kurz vor Anbruch der Morgendämmerung, muss ich wohl eingeschlafen sein. Und ich träumte von Hassan, der durch den Schnee lief, der den Saum seines grünen chapan hinter sich herzog, unter dessen schwarzen Gummistiefeln der Schnee knirschte. Er rief mir über die Schulter zu: Für dich -tausendmal!
    Eine Woche später saß ich auf meinem Fensterplatz eines Flugzeugs der Pakistani International Airlines und sah zu, wie zwei uniformierte Arbeiter der Fluglinie die Bremskeile von den Rädern wegzogen. Das Flugzeug rollte vom Flughafengebäude fort, und bald schon waren wir in der Luft, bahnten uns unseren Weg durch die Wolken. Ich ließ den Kopf ans Fenster sinken. Wartete vergeblich auf den Schlaf.
    15
    D r ei Stunden nachdem das Flugzeug in Peshawar gelandet war, saß ich auf dem zerfetzten Rücksitz eines verqualmten Taxis. Mein Fahrer, ein kettenrauchender verschwitzter kleiner Mann, der sich als Gholam vorstellte, fuhr lässig und rücksichtslos, entging mehrmals nur um Haaresbreite einem Zusammenstoß und fand dabei noch die Zeit, mich mit einem unaufhörlichen

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