Drachenland: Roman (German Edition)
Vorsichtsmaßnahmen nicht ausreichen«, sagte er, »kommen uns die Armbänder vielleicht noch zugute.«
Die Frostdrachen folgten dem Düsterling nach Süden, eine schwarze Woge am wolkenbedeckten Himmel. Als sie sich dem Meer näherten, stieß der Düsterling auf ein vereistes Kliff hinunter, das die letzten blutroten Strahlen der untergehenden Sonne einfing. Hier würden sie rasten und sich dann auf den letzten Abschnitt ihres Fluges zum Land der Menschen begeben.
Der Düsterling ließ sich in den Eingang zu den Höhlen gleiten, von denen das Kliff durchlöchert war, und die übrigen Frostdrachen folgten ihm, hungrig und elend.
Sie flogen gemeinsam durch die verlassenen Tunnel, als plötzlich ein Schrei des Entsetzens ertönte. In der Dunkelheit hatten die vordersten Frostdrachen riesige Knochen entdeckt, die sich weit über den Boden der Höhle ausbreiteten. Sie bildeten das Skelett eines Feuerdrachen.
Viele der Frostdrachen wollten vor Furcht die Tunnel wieder verlassen, aber der Düsterling beruhigte sie. Sie brauchten vor den Knochen keine Angst zu haben, erklärte er; sie seien im Gegenteil wie das im Eis eingefrorene Wesen Beweise dafür, dass die Drachen ausgestorben seien und dass die Frostdrachen sich nicht mehr an die Anordnung der Drachen, dem Süden fernzubleiben, halten müssten. Allmählich gelang es dem Düsterling, alle zu beschwichtigen; sie falteten die Flügel und schliefen ein. Er selbst aber flog zum Eingang der Höhlen und ließ sich auf dem vereisten Fels nieder. Das Land war still; nur das dumpfe Donnern der Eisbrocken, die von den Klippen ins Wasser stürzten, war zu hören und der Wind. Der Düsterling grübelte: Sie mussten schnell und entschlossen zuschlagen – die Menschen waren zu gefährlich, als dass man ihnen Zeit zum Angriff lassen durfte. Er und seine Horde würden über das Land fegen und die mordenden Lebewesen umbringen.
Endlich war die Zeit der Frostdrachen gekommen! Bald konnten sie die Kälte für immer hinter sich lassen.
34
Am Morgen war die Flotte bereit zum Auslaufen. Um den Kurs zu bestimmen, war man weitgehend auf uralte Land- und Seekarten angewiesen, denn kaum je drangen Schiffe bis in den äußersten Norden des Drachenmeers vor. Dafür gab es verschiedene Gründe: Man wusste, dass es in diesen Gewässern Seewürmer gab, auch wenn sie nur selten gesichtet wurden, und die Winde hier waren stürmisch und unberechenbar. Als Vorsichtsmaßnahme hatte Falkenwind angeordnet, dass nur die größten Schiffe der simbalesischen Handelsflotte zum Einsatz kamen.
Das Hinüberschaffen der Truppen von den Kameranhügeln war nicht reibungslos verlaufen. Viele der Fandoraner fürchteten sich vor einer Luftfahrt; andere prahlten mit ihrem Mut und waren eifrig darum bemüht, Voras Leuten ihre Tapferkeit zu beweisen. Es bedurfte der ganzen Findigkeit Tamarks, Pennels, des Wegwächters und anderer, sie unter Kontrolle zu halten. Die Brüder des Windes ihrerseits hatten wenig Achtung vor den Bauern und Fischern mit ihren schlechten Manieren und ihrer ungepflegten Sprache und duldeten sie nur wegen der bevorstehenden gemeinsamen Aufgabe.
Kiorte bemühte sich, die Truppen in den Windschiffen so gut wie möglich voneinander zu trennen: Die Fandoraner kamen in die kleineren, die Simbalesen in die größeren. Zusätzliche Windschiffe brachten Soldaten aus Oberwald zu ihren Truppen an der Küste.
Bei der großen Anzahl von Männern und Frauen, die transportiert wurden, war es für Willen und eine Handvoll anderer Nordweldener nicht schwer, unbemerkt auf ein Schiff mit Fandoranern zu gelangen. Willen war entschlossen, Tweel zu retten und den Grund für die Ermordung der kleinen Kia herauszufinden, also musste er dabei sein, wenn die Schiffe nach Norden ausliefen und schließlich auf die Frostdrachen stießen.
Nach dem Transport der letzten Truppen an die Küste kehrte Prinz Kiorte zurück, um den Ältesten Tamark zu Falkenwinds Schiff zu bringen. Er bewunderte die Ausdauer des Fischers und die Autorität, die von ihm ausging. Obwohl er erschöpft und nicht mehr jung war, hatte Tamark die verwundeten Fandoraner an Bord zweier großer Schiffe sicher über die Meerenge dirigiert.
An Bord dieser Schiffe sorgten Tenniel und der Wegwächter für Ruhe unter den eingeschüchterten Verwundeten. Die Kräuter eines simbalesischen Wundarztes hatten Tenniels Fieber gesenkt, und in einem Anfall von Patriotismus fragte er sich, ob es möglich sei, das Schiff nördlichen Kurs einschlagen
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