Drachenland: Roman (German Edition)
kommen und sagte Mesor Lebewohl. Er würde bald begreifen, was es hieß, sie zu verraten. Eines Tages würden sie es alle begreifen – der Bergmann, die Rayanerin und alle, die sich gegen sie verbündet hatten. Sie würde noch mit Kiorte im Palast wohnen. Mit diesem Gedanken machte sich Evirae auf den Weg nach oben in ihr Schlafgemach, eine Gefangene ihres Zornes und ihrer ehrgeizigen Pläne.
Die helle Nachmittagssonne fiel durch die Räume, die die Palastanlagen säumten, aber im Sitzungssaal des Palastes herrschte Dunkelheit, die nur von sechs matt leuchtenden Fackeln aufgehellt wurde. Die Zusammenkunft des Kreises hatte begonnen.
Am oberen Ende des langen Tisches saß König Falkenwind neben Prinz Kiorte, Baron Tolchin und Baronesse Alora. Zu Aloras Linken standen die vier Fandoraner, die die Vorgänge beunruhigt verfolgten. Alle waren von dem, was sie bisher vom Palast gesehen hatten, zutiefst beeindruckt. Tamark hatte so etwas nicht erwartet – so viel ungezwungene Schönheit überall! Der Wegwächter sehnte sich nach seiner südländischen Heimat mit ihren wunderschönen Städten. Dayon betrachtete den Reichtum um ihn herum mit wachsamen Augen, sah aber nichts, was den Verdacht seines Vaters bestätigte, dass der Palast das Werk von Zauberern sei. Und er konnte auch nicht verstehen, wie es den Bewohnern eines so schönen Landes je in den Sinn kommen konnte, einen Krieg zu führen.
Jondalrun richtete seine Blicke entschlossen auf Falkenwind. Trotz seiner Erschöpfung war sein unbeugsamer Stolz ungebrochen. Er betrachtete Simbala immer noch mit Misstrauen.
»Sei auf der Hut, mein Sohn«, flüsterte er Dayon zu. »Es gefällt mir nicht, dass diese Zusammenkunft im Dunkeln stattfindet.«
Dann hörte er aufmerksam zu, als Falkenwind seine Worte an die dreißig Vertreter des simbalesischen Volkes und die Familie selbst richtete.
»Ratgeber Oberwalds«, sagte Falkenwind und sah sich prüfend in dem verdunkelten Saal um. »Wir haben uns hier versammelt, um über eine der größten Gefahren zu sprechen, denen unser Land jemals ausgesetzt war. Seit Einstellung der Feindseligkeiten habe ich viel in Erfahrung gebracht. Der Drache, den wir in Oberwald gesehen haben, war weder eine Sinnestäuschung noch Werkzeug der Fandoraner. Es handelt sich um ein Wesen, das in der Legende Frostdrache genannt wird – und es gehört zu den letzten Geschöpfen einer aussterbenden Art.
Obwohl es nicht mehr viele sind, stellen sie für Fandora wie Simbala eine Gefahr dar. Prinz Kiorte und ich sind gemeinsam zu der Überzeugung gekommen, dass diese Wesen unsere Küsten nicht wieder bedrohen dürfen!« Er blickte die Fandoraner an. »Wir werden jeden Mann und jede Frau, die wir finden können, brauchen, um nach Norden zu fahren und den wenigen noch existierenden Frostdrachen gegenüberzutreten. Diese edlen Ältesten aus Fandora werden heute entscheiden, ob sich uns ihre Truppen auf dieser gefahrvollen Mission anschließen. Sie verlangen aber – wie sicher auch viele von euch – nach Beweisen für diese Gefahr.« Er blickte auf eine Seitentür des Saales.
»Es gibt Beweise!«, sagte er. »Ich habe die Geheimnisse dieser verlorenen Geschöpfe im Herzen eines legendären Edelsteins gesehen, der Drachenperle, die uns von einer einst des Landesverrats beschuldigten Ministerin gebracht wurde.«
Ein schwaches Licht drang in den Saal, und durch einen schmalen Gang betraten Ceria und Altkönig Ephrion den Raum, Ceria in einen grauen Umhang gehüllt, Ephrion in einer schlichten blauen Robe. Alle Anwesenden sahen zu, wie Ephrion und Ceria auf Falkenwind zugingen. Der junge Monarch trat zurück und ließ sie an den Tisch treten. König Ephrion nickte, dann berichtete er von seinen Bemühungen, die Wahrheit über die Frostdrachen herauszufinden, und von Cerias heldenhaftem Ritt nach Süden auf der Suche nach der Drachenperle. Anschließend warb er um Unterstützung für Falkenwinds Pläne. Ceria trat zu ihm und holte die Drachenperle unter ihrem Umhang hervor.
Die Vertreter Simbalas beobachteten fasziniert, wie die Kugel in der Dunkelheit zu leuchten schien.
»Das ist Zauberei!«, flüsterte Jondalrun. »Ich will damit nichts zu tun haben!« Er blickte aufgebracht zur Tür.
Der Wegwächter packte ihn am Arm. »Wartet«, flüsterte er. »Ich habe in Legenden des Südlands von diesem Stein gehört. Er hat überhaupt nichts mit Zauberei zu tun.«
Jondalrun brummte, blieb aber. Ceria nahm den Edelstein in die Hände. »Ich will versuchen,
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