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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
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begrüßen – und auch wieder nicht: Er konnte seinen Kurs jetzt nach der Sonne richten, aber er musste auch mit der Hitze und dem blendenden Licht fertig werden. Er war schon wieder hungrig und durstig, aber seine Vorräte musste er streng rationieren. Wer weiß, wann er auf Land stieß.
    Unter dem Sitz lag ein einzelnes Ruder. Langsam und mühevoll begann er, nach Südosten zu paddeln.
     
    Zur Mittagszeit herrschten in Oberwald ein grüngoldenes Licht und eine einschläfernde, feuchte Wärme. Auf der Allee der Händler stand ein Marktstand neben dem anderen. Hier konnte man Trockenfrüchte und Lebensmittel aus dem Südland kaufen, auch etwas frisches Obst und Gemüse, Hühner und Fisch, aber die meisten Lebensmittel kamen in kleinen Wagen aus Nordwelden und in Karawanen aus dem Süden. Es gab Damastballen und gewirkte Tapeten, hauchzarte Spinnenseide, kostbare Schnitzereien aus Edelsteinen und Holz – die Erzeugnisse eines Landes, in dem es viele Kunsthandwerker gab. Die ganze Allee war mit Laternen geschmückt; verschiedene Öle und Harze verbreiteten Licht in mehreren Farben und Düfte, um die Insekten zu vertreiben.
    Überall versammelten sich Leute, die auf den Beginn der Prozession warteten. Rayanische Schausteller aus dem Süden jonglierten mit bunt bemalten Flaschenkürbissen oder spielten Mandoline und Flöte, um Tukas zu verdienen, die Edelsteinwährung Simbalas. Bergarbeiter saßen müde im Schatten der Bäume; Soldaten und das einfache Volk säumten die Straßen. Der Geruch von gebackenen Pasteten und ein Durcheinander aus Musik, Gelächter und Stimmen hingen in der Luft.
    In einer Gartenschenke sagte ein junger Bergmann zu seinem Gefährten: »Es ist einfach nicht fair. Falkenwind war ein Bergmann, genau wie wir, und jetzt ist er König von Simbala.«
    »Du glaubst also, das könnte auch dir passieren?«, fragte der andere Bergmann – vielmehr eine Bergfrau.
    »Das habe ich nicht gesagt. Nur, eine Zeit lang dachte ich, jetzt hätten wir einen Freund und die Zustände in den Bergwerken würden sich bessern. Aber die unteren Schächte sind immer noch überflutet, und in den Höhlen von Sindril ist alles feucht. Jedes Mal, wenn wir dort den Pickel schwingen, besteht die Gefahr, dass wir eine Ader in Brand setzen.«
    »Selbst ein Monarch hat keinen Einfluss auf das Wetter. Die meisten Stützbalken und Streben sind ersetzt worden, und man gräbt Entwässerungskanäle. Ich finde, Falkenwind macht seine Sache gut.«
    »Er war ein Bergmann«, wiederholte ihr Gefährte.
    »Du wirst erst zufrieden sein, wenn du in einem Seidenumhang und mit einem edelsteinbesetzten Pickel zur Arbeit gehst«, sagte sie spöttisch. Er zog ein finsteres Gesicht und blickte weg.
    An einem Stand meinte eine junge Frau zur Marktfrau: »Es ist das erste Mal, dass eine Frau zum Innenminister ernannt worden ist, und ich glaube nicht, dass mir das gefällt. Einige Aufgaben sollte man den Männern überlassen, sage ich immer. Und dann ist sie auch noch eine Rayanerin …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Mir kommt es gar nicht so übel vor«, sagte die Marktfrau. »Zumindest mal eine Entscheidung!«, fügte sie hinzu und blickte vielsagend auf die Melonen, die die Kundin in den Händen abwog.
    Die Menschenmengen wurden dichter, als die Zeit für die Prozession näherrückte. Geschichten und Ansichten wurden ausgetauscht, aber in einem Punkt stimmten alle überein: es würde ein denkwürdiges Ereignis sein. Und sie sollten nur allzu recht bekommen.
     
    In den nördlichen Waldgebieten bewegte sich ein einsamer Wanderer rasch und leise zwischen den Bäumen und wich aus Gewohnheit instinktiv knackendem Untergehölz und ungeschützten Stellen aus. Seine Kenntnis des Waldes, das Grün und Braun seiner Kleider, sein großer Bogen mit den Pfeilen im Köcher ließen auf einen Jäger aus Nordwelden schließen.
    Sein Name war Willen. Er war ein gut aussehender Mann mit langem, blondem Haar und einer hohen Stirn, der gern lachte.
    Doch jetzt wirkte er herb und abweisend. An seinem Gürtel war ein kleiner Beutel befestigt. Von Zeit zu Zeit umschloss er ihn liebevoll mit der linken Hand, dann ballte er die Hand zur Faust.
    Von ferne drangen Festgeräusche zu ihm. Sollen sie lachen und ihr Vergnügen haben, solange sie es noch können, dachte er. Sie werden wenig Grund zur Freude haben, wenn ich meine Geschichte erzählt habe! Die königliche Familie blickt schon seit Jahrhunderten auf uns herab, aber wenn Oberwald Nahrungsmittel braucht, sind wir ihnen

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