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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
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steilen Felswände heraufkurbelten und er mit offenem Mund ihren Legenden von Riesenseewürmern und Drachen lauschte. Versunken in Erinnerungen an seine Kindheit, stand Jondalrun sinnend da. Dann fiel ihm der Grund für seinen Ausflug wieder ein. Er runzelte die Stirn und versuchte, wieder den Zorn zu empfinden, der ihm irgendwie abhanden gekommen war. Er versuchte, ihn neu zu entfachen, indem er an Amsel dachte, aber selbst das ließ ihn nicht mit größerer Strenge an Johan denken. Sein Sohn war ein guter Junge. Nun, dachte Jondalrun, vielleicht würde dem Jungen der Hintern diesmal nicht ganz so wehtun. Vielleicht würde er gar nicht wehtun. Er wollte nicht noch einen Sohn verlieren …
    In diesem Augenblick sah der alte Mann den Trümmerhaufen auf dem Strand unten, von den Wellen sanft hin und her geschoben, und den stillen Körper, dessen Bekleidung er kannte.
    Dann folgten graue Minuten, Felsen und Schmerzen. Jondalrun hing an abbröckelnden Felssimsen, rutschte steile Böschungen hinunter, und zweimal fiel er hin und musste eine Zeit lang nach Atem ringen. Danach, als er klagend auf dem Boden kauerte und Johans toten Körper in den Armen hielt, blickte er das Kliff hinauf und fragte sich flüchtig, wie er den unmöglichen Abstieg fertiggebracht hatte. Aber für solche Gedanken war jetzt kein Raum, kein Raum für etwas anderes als den tiefen, wortlosen Kummer. Er blieb lange Zeit am Strand, bis der Mond aufgegangen war und die hereinkommende Flut seine Beine überspülte. Da zog er Johan sanft den Strand hinauf. Die gebrochenen Beine des Jungen waren in Streifen rohen Leders verwickelt, und nun erst untersuchte Jondalrun die Trümmer.
    Sie gehörten Amsel, dem Einsiedler – Jondalrun hätte das auch dann gewusst, wenn er nicht die in das Ledersegel eingebrannte charakteristische Rune gesehen hätte. Jondalrun hatte von der fliegenden Schwinge des Einsiedlers gehört. Johan war also geflogen, wie ein junger, unerfahrener Vogel, verführt von Amsels verrückten Geschichten. Jondalrun sah sich um. Die Trümmer waren über ein großes Gebiet verstreut, als habe etwas die Schwinge mitten in der Luft auseinandergerissen. Auch das schwere Segel aus Leder war zerrissen, ebenso wie Johans Kleider – zerrissen und aufgeschlitzt. Jondalrun blickte fragend nach oben. Dann starrte er über das Wasser auf die ferne mondhelle Küste Simbalas, und vor der Scheibe des zunehmenden Mondes sah er die Silhouette eines Windschiffs, das sich langsam nach Osten bewegte.
    Zitternd starrte Jondalrun auf das Schiff. Er hob mühsam seinen Stock, der im Mondlicht kalt aufglänzte – wie vor Zorn. »Mein Sohn ist tot«, sagte er. »Mein Sohn ist tot!«, schrie er. »Dafür werden eure Bäume brennen! Blut wird in eure Flüsse laufen und das Meer verfärben! Ob ihr Zauberer seid oder nicht, ihr werdet euch vor mir fürchten! Mein Sohn ist tot, und ich werde ihn rächen!«

2
     

     
    Es war Abend in Tamberly, und es roch angenehm nach Eintopfgerichten und frisch gebackenem Brot. Unter Fenstern, deren Läden noch geöffnet waren, saßen Hunde, leckten sich das Maul und warteten auf Abfälle. Die weiß gekalkten Häuser standen in den schmalen Straßen dicht beieinander, und vereinzelt zogen immer noch Hausierer und Messerschleifer durch den Ort und riefen ihre Waren aus. Aus der Graywood-Schenke hörte man, wie mit Bierkrügen angestoßen wurde.
    Auf dem kleinen Rathausplatz hatte ein Kurier gerade sein durstiges Pferd am Wassertrog zurückgelassen und war damit beschäftigt, an der Rathausmauer die Ankündigung eines Getreide- und Viehverkaufs in Kap Bage anzubringen. Müde Frauen in langen, von der Küchenarbeit beschmutzten Röcken liefen hinter lachenden Kindern her, um sie zum Abendessen in die Häuser zu holen. Laternen, die an rostigen Schleusentoren oder den Enden von Dachbalken hingen, wurden angezündet und tauchten die Straßen in Licht. Es war eine fröhliche, entspannte Tageszeit, doch mitten in dem heiteren Treiben verstummten die Straßengeräusche nach und nach. Das Quietschen und Klappern eines Hausiererwagens auf dem Kopfsteinpflaster erstarb, Straßenmusiker hörten mitten im Lied auf, die fröhlichen Rufe der Kinder kamen stockend zum Schweigen. Langsam, mit mühsamen Schritten erschien der Gemeindeälteste Jondalrun auf dem Rathausplatz von Tamberly. Sein Blick war starr und steinern, Tränen glänzten in den Falten seiner Wangen, und in den Armen trug er den zerschlagenen Körper seines Sohnes Johan.
    Die Leute auf

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