Drachenland: Roman (German Edition)
Wahrheit gesprochen auf dem Podium von Beron. Die Ermordung des Kindes wird nicht die letzte sein, wenn nicht rasch Maßnahmen zu unserem Schutz ergriffen werden – eine Erwägung, die Falkenwind ablehnt!«
Ein tiefes Atemholen ging durch die Menge.
»Die Fandoraner greifen uns an!«, rief Evirae. »Simbala ist der Krieg erklärt worden! Wir müssen jetzt handeln, um uns zu verteidigen!«
Evirae drehte sich um, um zu sehen, wie Falkenwind auf ihre Worte reagierte, aber der hatte sich zornig zu Ephrion am Fuß der Treppe gewandt. »Sie wird es nicht wagen!«, flüsterte Falkenwind.
Ephrion entgegnete: »Sie hat es schon gewagt.«
Falkenwind trat vor, um Evirae zu widersprechen, aber sie winkte herrisch ab und nahm ihre Ansprache wieder auf.
»Falkenwind weiß, dass Simbala in Gefahr ist. Er weiß es seit dem Tag, da der Mann aus Nordwelden seine tragische Geschichte am Podium von Beron erzählt hat. Doch er hat seitdem wenig getan. Warum, weiß ich nicht, aber seine Vorstellungen und seine Herkunft sind schließlich ein wenig … anders. In diesen Zeiten der Not können wir uns die Feinheiten politischen Manövrierens nicht leisten. Wir müssen schnell handeln. Ich habe meinen Rang und meine Stellung in der königlichen Familie aufs Spiel gesetzt, um jetzt zu euch zu sprechen. Ich tue das aus Liebe zu Simbala. Hört nicht auf den Bergarbeiter oder auf sein Mädchen. Vertraut jenen, die seit Jahrhunderten regiert haben! Vertraut darauf, dass die königliche Familie Simbala schützen wird!«
Falkenwind konnte nicht länger warten. Sie ist verrückt, dachte er. Das ist Landesverrat!
Evirae spürte Falkenwinds Zorn und sprach hastig weiter: »Wir müssen uns gegen jeden Angriff der Fandoraner verteidigen! Ihr müsst Prinz Kiorte vertrauen, der meine Meinung teilt.«
Nein!, schrie es in Mesor. Sie schaufelt sich ihr eigenes Grab und meines dazu!
In der Menge wimmelte es von Vermutungen. Eviraes Gemahl unterstützte ihren Plan? Konnte das stimmen?
Falkenwind drängte nach vorn und rief laut: »Bürger Simbalas! Ruhe! Ihr müsst mich anhören!« Falkenwind überflog mit den Augen das Meer von Gesichtern, sah Besorgnis und Betroffenheit. Er sprach ruhig, aber mit Autorität. »Ihr müsst verstehen, was Evirae wirklich meint! Ich habe die gleichen Gerüchte wie ihr gehört und keine Mühe gescheut, die Wahrheit zu erfahren. Wir haben keinen Beweis für einen Angriff der Fandoraner. Seit zwei Jahrhunderten haben sie unseren Frieden nicht gestört. Warum sollte sich das plötzlich ändern? Ich habe vom Drachenkopf aus das Meer abgesucht. Es ist leer! Keine Armee, die sich nähert! Winde und Strömungen sind heftig in dieser Jahreszeit. Nur Dummköpfe würden jetzt eine Flotte in Bewegung setzen – und ihre liebe Not dabei haben!«
Er blickte wieder in die Gesichter und sah in den besorgten Zügen Hoffnung erwachen. Diese Menschen wollten keinen Krieg. Seine Worte blieben nicht ohne Wirkung.
»Geht nach Hause zurück!«, fuhr er fort. »Kehrt zu euren Kindern zurück! Sie sind sicher! Ich weiß noch nicht, warum das Kind aus Nordwelden tot ist, aber es war nicht das Werk der Fandoraner! Geht bitte in Frieden nach Hause! Wir werden den Mörder finden!«
Evirae eilte mit hochrotem Gesicht die Stufen hinunter. »Mein Volk«, sagte sie, »auch ich möchte unser Land in Frieden leben sehen, aber ich bin kein Dummkopf! König Falkenwind weigert sich, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, und darum beantrage ich, dass die Angelegenheit von euch entschieden wird!«
Falkenwind sah Evirae an. »Der Wille des Volkes ist klar. Es besteht kein Grund für weitere Reden!«
Evirae aber rief mit funkelnden Augen: »Ich fordere ein Treffen des Senats! Hat irgendjemand hier etwas dagegen?«
»Den Senat!«, brüllte ein Mann aus Nordwelden vom Marktplatz. »Ja!«, sagte ein anderer. »Senat!« Der Ruf wurde von der Menge aufgenommen – die Mehrheit hatte sich entschieden. Jetzt verstummten alle und warteten auf eine Antwort vom Podium.
Falkenwind beobachtete das alles voller Zorn. Die Ersten, die gesprochen hatten, waren Männer aus Nordwelden. Das war kein Zufall! Evirae musste dahinterstecken, und auch Mesors Anwesenheit bedeutete sicher nicht nur eine Demonstration seiner Unterstützung. Falkenwind beschloss, den Senat einzuberufen – andernfalls würde er nur Misstrauen wecken -, aber zu seinen eigenen Bedingungen und nicht für Eviraes Zwecke.
»Wir werden Frieden haben«, sagte er in das Schweigen hinein. »Ich berufe
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