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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
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uns gelingt, das Stück offene See zu überqueren, müsste es auf der anderen Seite so ruhig sein wie auf der, die wir verlassen haben.«
    »Wie breit ist diese Wellenbarriere?«
    »Das ändert sich von Tag zu Tag. Manchmal nur ein oder zwei Meilen, manchmal bis zu zehn. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, das festzustellen: Wir müssen hindurch. Wenn wir erst drinstecken, gibt es kein Zurück mehr.«
    »Dann also los«, sagte sein Vater.
    Dayon erteilte Anweisungen, die von Schiff zu Schiff weitergegeben wurden. Alle Männer wurden angewiesen, sich festzuhalten, wo immer sie einen sicheren Halt fanden – an Masten, Ruderdollen, Bänken -, und dort zu bleiben, bis weitere Befehle gegeben wurden. Dayon befahl, die Boote sollten möglichst Abstand halten, um Zusammenstöße zu vermeiden, und ihm folgen, so gut es Wind und Wellen möglich machten. Besorgt verfolgte er die Vorbereitungen der Flotte. Dann rief er: »Segel hissen!«, und hoffte dabei, dass sein Vater sein Entsetzen nicht spürte.
    Die Männer machten jetzt die Segel los, und der Wind schleuderte die Boote voran, als sei er begierig, sie an der See zu messen. Andere Männer ruderten fieberhaft, bestrebt, es ihren vom Wind angetriebenen Landsleuten gleichzutun, aber ohne Erfolg. Die Wellen wurden bald haushoch und schienen aus jeder Richtung zu kommen, ohne Rhythmus oder Sinn. Die Boote wurden mit einer Wucht hochgehoben und wieder hinuntergestürzt, dass es den Männern – zumeist Landratten – angst und bange wurde. Dayon war insgeheim überzeugt, dass sie viele Schiffe verlieren würden. Er warf einen Blick auf seinen Vater, der hinter ihm saß und mit einem Eimer unermüdlich Wasser schöpfte. Mehr als jeder andere war Jondalrun verantwortlich für die Lage, in der die Männer sich jetzt befanden. Würde man seinen Vater wohl zur Rechenschaft ziehen?
    Aber schließlich hatte jeder für sich entschieden – niemand hatte ihnen befohlen, Soldat zu werden. Dayon wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Wellen zu.
    Im gleichen Augenblick hörte er das Brechen von Holz und Schreie, die das Brausen von Wind und Wellen übertönten. Er blickte nach links. Ein Floß, von den Wellen höher getragen als das Boot daneben, war direkt auf das Boot gestürzt und hatte es in zwei Teile zerbrechen lassen. Vier Männer gingen über Bord, laut um Hilfe rufend. Dayon sah drei von ihnen wieder auftauchen. Sie wurden in andere Boote gezogen. Er wandte seine Blicke rasch ab. Er durfte sich einfach nicht verantwortlich für sie fühlen, ja nicht einmal für sich selbst Furcht empfinden. Er durfte nur an eines denken – die Küste Simbalas. Wie er zu Jondalrun gesagt hatte: Es gab kein Zurück mehr.
     
    »Evirae …«, sagte Kiorte.
    Seine Gemahlin drehte sich erstaunt um auf der Treppe zu ihrem Baumschloss. »Mein liebster Kiorte!«, rief sie. »Du bist zurückgekehrt!« Sie lief die Stufen hinunter zum Garten, wo er in der Nähe eines großen Busches stand. Sie war aufrichtig bewegt. Dann sah sie sein Gesicht.
    Er weiß es! Er weiß alles!, dachte sie. Langsam überquerte sie den Innenhof und wartete darauf, dass er etwas sagte.
    Er sagte nichts. Stattdessen musterte er sie, ihr schönes Gesicht und ihre üppige Gestalt, ohne den Orchideenduft wahrzunehmen, blind für das Schimmern des Sonnenlichts auf ihrem kastanienbraunen Haar.
    »Kiorte, Liebling!«, sagte sie endlich voller Angst. »So viel ist geschehen, seit du fortgingst. Komm mit nach drinnen, damit wir ungestört über alles sprechen können.«
    Prinz Kiorte runzelte die Stirn, und dieser Augenblick in Verbindung mit seinem Schweigen erschien Evirae schrecklicher als alle Drohungen, die sie je gehört hatte.
    »Mein Liebling«, sagte sie bebend, »bist du krank?«
    Wieder antwortete Kiorte nicht. Evirae schlug jetzt einen energischeren Ton an: »Kiorte! Sprich mit mir. Ich habe dich so lange nicht gesehen.«
    Endlich antwortete Kiorte, aber seine Worte brannten wie das Feuer eines Sindril-Edelsteins. »Du hast mich für immer verloren«, sagte er. »Du hast es gewagt, meinen Namen zu missbrauchen und meine Ehre zu besudeln. Du und ich …«
    »Nein!«, schrie Evirae. Der Schrei kam aus den Tiefen ihrer Seele. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie konnte kaum sprechen. »Du musst mir sagen, was du weißt, mein Liebling! Du kannst unmöglich verstanden haben, was ich getan habe!« Die offensichtliche Aufrichtigkeit ihres Schreis brachte Kiorte aus der Fassung. Er hatte nicht einen derartigen Gefühlsausbruch

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