Drachenlanze - Der Bund der ...
Tang,
Nußpudding und Trockenfrüchten kaum schleppen konnte.
Ein großzügiger Griff des Kapitäns in seine privaten
Weinvorräte lockerte sie auf, je weiter der Abend fortschritt. La
Cava hatte gute Laune, sprach jedoch wie gewöhnlich wenig
und wählte seine Worte stets mit Bedacht. Patrick war bei
diesem besonderen Ereignis aufgetaut und sorgte dafür, daß
ihnen der Gesprächsstoff nicht ausging. Er redete viel und
erzählte eine Geschichte nach der anderen, so wie Kit es von
ihrer gemeinsamen Woche in Solace kannte. Patrick konnte
manchmal wohl ein Langweiler sein, gestand Kit sich ein, aber
er war bestimmt der bestaussehende Mann, den sie je getroffen
hatte – außer Gregor natürlich. Sie lächelte ihn verführerisch
an.
»Und da sagte meine Mutter…«Es war nach Mitternacht,
und Patrick war mitten in einer langen Geschichte, wie sein
Vater seine Mutter dazu gebracht hatte, ihn zu heiraten. La
Cava hörte höflich zu, obwohl er die Geschichte bestimmt
schon mehr als einmal gehört hatte. Der Kapitän wurde müde,
bemerkte Kit.
»>Ich kann dich nicht heiraten, Alwit, ich bin einem anderen
versprochene >Gut<, sagte mein Vater, >dann kann ich
entweder deinen Verlobten töten oder mich. Ich will nicht
unglücklich sein. Du kannst wählen. Er oder ich.<
Natürlich war das eine nahezu unmögliche Wahl. Beide
sahen gut aus, beide waren aus guter Familie, und beide waren
bereit, alles zu tun, um sie für sich zu gewinnen, denn sie war
die schönste von ihren Schwestern und würde beim Tod ihres
Vaters ein Vermögen erben.
Alwit rechnete damit, daß Maryn, meine Mutter, mit ihrem
besten Freund reden würde, einem Kender, und ihn um Rat
fragen würde. Doch dieser Kender, er hieß Sampler, legte nicht
nur die Karten für die Familie meiner Mutter, sondern spielte
auch den Wahrsager für Ravetch, den Hauptrivalen meines
Vaters. Sampler war genauso ehrlich wie die meisten Kender
und glaubte wirklich, er hätte eine bescheidene Begabung, die
Zukunft vorherzusehen. Vielleicht war es so, vielleicht auch
nicht. Für das, was dann geschah, spielt es keine Rolle.
Als meine Mutter Sampler von der Drohung meines Vaters
erzählte, entweder sich oder Ravetch umzubringen, machte
Sampler genau das, was jeder normale Kender getan hätte. Er
rannte los und sagte es Ravetch. Kender haben durchaus ihre
Fähigkeiten, aber ein Geheimnis zu bewahren, gehört nicht
dazu. Nun war Ravetch meinem Vater an Herkunft und
Aussehen zwar durchaus ebenbürtig, aber weder so tapfer noch
so schlau. Er geriet sofort in Panik und bat Sampler, ihm aus
der Hand zu lesen. Sampler, der zweifellos in der Dramatik der
Situation aufging, sagte voraus, daß jemand sterben würde,
aber wer von den beiden Bewerbern das sein würde, könne er
nicht feststellen. Er würde es hinterher wissen, aber nicht
unbedingt vorher.
Ravetch war zu allem bereit, um meine Mutter zu heiraten,
außer zum Sterben. Und er wollte kein Risiko eingehen.
Deshalb verschwand er einfach und hinterließ die Nachricht,
daß er weit im Norden zu einer Jagd auf Hobgoblins gerufen
worden war. Dieser Ausflug dauerte neun Monate. Als er
zurückkam, waren Maryn und Alwit bereits verheiratet. Und
ohne allzu großes Aufhebens wendete Ravetch seine
Aufmerksamkeit einer von Maryns Schwestern zu.«
»Was wurde aus Sampler?« fragte Kitiara.
»Oh, den gibt es immer noch«, antwortete Patrick gut
gelaunt. »Er ist heute noch mit meiner Mutter befreundet, aber
ebenso mit meinem Vater. Sie sagen, kurz nachdem Sampler
Ravetch die Zukunft vorhergesagt hatte, wäre er eines Tages
mit einer außergewöhnlichen Menge Gold im Beutel
aufgetaucht, das er natürlich sofort ausgab. Verdient sich
seinen Lebensunterhalt mit dem üblichen Kenderunsinn und
sagt hin und wieder mal jemandem die Zukunft voraus. Ist eine
echte Persönlichkeit. Und in Gwynned berühmt.«
Kitiara und La Cava lachten verständnisvoll. Dann streckte
sich der Kapitän, um aufzustehen, und zeigte ihnen damit, daß
es Zeit war zu gehen. Er wünschte ihnen eine gute Nacht und
verbeugte sich, um Kits Handrücken mit seinen Lippen zu
streifen. Kit wurde rot vor - ja, was? Freude? Peinlichkeit? Sie
hakte sich bei Patrick ein, als sie die Kabine verließen.
Keiner von beiden wollte den Abend einfach so enden
lassen. Sie gingen an Deck und starrten auf das schwarze,
phosphoreszierende Wasser, das im Mondlicht schimmerte.
Die Nacht war still. Das einzige Geräusch war das Gleiten des
Schiffs durch die Wellen. Patrick löste
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