Drachenlanze - Die Erben der Stimme
ohne daß die Jäger es registrierten.
Sie hatten keine Zeit, an Essen oder Rast zu denken. Eine
ganze Zeitlang hatten sie die Spur verloren, aber nach einer
Stunde Suchen fanden sie sie wieder. Jetzt war sie frischer als
vorher. Die Jäger trabten einen engen, matschigen Pfad
entlang, um die Fährte zu verfolgen. Tanis mußte sich alle paar
Sekunden bücken, um den tiefhängenden Zweigen
auszuweichen. Plötzlich bäumten sich die Pferde an der Spitze
auf, weil ihre Reiter fest an den Zügeln gerissen hatten. »Was
ist los?« zischte Flint hinter Tanis. Der Halbelf stellte sich in
seinen Steigbügeln auf. Der Pfad führte auf eine Lichtung.
Xenoth gestikulierte mit den Armen, während der Ratgeber
wild auf Porthios und Lord Tyresian einredete, die ungerührt
geradeaus blickten, als wenn Xenoth überhaupt nicht da wäre.
Gilthanas drehte sich im Sattel um und beantwortete Flints
Frage. »Da vorne ist ein Graben. Xenoth will ihn umgehen.
Tyresian meint, wir könnten drüber hinwegspringen.«
»Springen?« erkundigte sich Flint sofort. »Mit einem
Maultier?« Er war entsetzt.
Tanis lenkte Belthar um Gilthanas herum, trieb das Tier nach
vorn, wobei er die ärgerlichen Blicke der anderen Jäger
ignorierte, und grüßte Tyresian und Porthios. Die drei
begutachteten den Graben: zwei Elfen tief und die Wände zu
steil für Pferde oder Elfen. Reste einer Brücke lagen zersplittert
auf dem Boden des Grabens.
»Das ist nicht sehr breit«, sagte Tyresian.
»Wir könnten drüberspringen«, stimmte Porthios zu.
»Die meisten Pferde würden den Sprung schaffen«, sagte
Tanis, »aber was soll Flint machen?«
Tyresian sah sich nach hinten um, an den Jägern in Leder
und Silber vorbei. Die Waffen der Elfen glänzten im
Mittagslicht. Flint und Windsbraut am Ende der Schlange
sahen wie die letzten aus einem ungewöhnlich großen Wurf
Junge aus.
»Zurückbleiben«, erklärte Tyresian, dessen blaue Augen hart
wurden. »Er wird schon einen Weg außen herum finden.«
Porthios rutschte unruhig hin und her, wollte etwas sagen,
schwieg dann aber.
»Einen Weg außen herum?« fauchte Tanis. »Dieser Graben
erstreckt sich in beide Richtungen weiter, als wir sehen
können!«
»Keiner hat den Zwerg gebeten mitzukommen«, erwiderte
Tyresian. »Soll er umkehren.«
»Alleine? Wenn ein Tylor frei im Wald herumrennt?«
Die schönen Züge des Elfenlords wurden streng. »Du
unterstehst bei dieser Operation meinem Kommando«, flüsterte
Tyresian. »Außerdem bist du ein erstklassiger Schwertkämpfer
und Bogenschütze, Halbelf.«
»Lord Tyresian«, sagte Porthios warnend, so daß der
Befehlshaber sich zu dem Adligen umdrehte.
»Es sieht so aus, als säßen wir in der Sackgasse«, rief
Tyresian. »Wir können diesen Graben überqueren und den
Tylor aufspüren, der in diesem Teil von Qualinesti Elfen und
Tiere umgebracht hat. Oder wir können in Schande umkehren.«
Er nahm sich Zeit, die Elfen zu mustern und jedem einzelnen
Teilnehmer ein paar Augenblicke direkt ins Gesicht zu blicken.
»Wer will weitermachen?«
Die Gruppe schwieg eine Weile. Dann gab Gilthanas seiner
Stute die Sporen, galoppierte an Tyresian und Porthios vorbei,
ohne ihnen einen Blick zuzuwerfen, und mit diesem Anlauf
setzten Pferd und Reiter über den Graben, beschrieben einen
Bogen in der Luft, und bei der Landung spritzten Erde und
Steine auf. Gilthanas wendete und salutierte.
Ulthen, Litanas, Miral, Porthios und die meisten anderen
folgten rasch Gilthanas’ Beispiel und warteten dichtgedrängt
auf der anderen Seite des Grabens. Bald waren nur noch
Tyresian, Tanis, Flint und Xenoth übrig. Tyresian zügelte sein
nervöses Pferd und lächelte die drei hochmütig an. »Nun?«
Xenoth plusterte sich auf. »Lord Tyresian, Ihr könnt doch
nicht im Ernst daran denken, uns hier zurückzulassen…«
»Dann kommt nach«, meinte der Elf ungerührt. »Ihr wart
derjenige, der auf Allianz reiten wollte, Xenoth. Sicher seid Ihr
Reiter genug, um über diesen Graben zu springen.«
»Aber diese Mähre kann – «
»Versucht es!« Tyresian schlug Image mit der flachen
Klinge auf den Rücken. Das Pferd sprang los, Xenoth verlor
die Zügel und klammerte sich an die Mähne, bis die Stute
direkt vor dem Abgrund scheute und den Berater ohne
Federlesens abwarf. Mühsam erhob sich Xenoth vom steinigen
Boden, während Tyresian auf Primordan vorbeifegte, elegant
über den Graben setzte und dann die Reiter auf der anderen
Seite auseinanderstieben ließ. Danach führte der Elfenlord die
Jäger weiter – alle
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