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Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Titel: Drachenlanze - Die Erben der Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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wie ein
Dieb. Die meisten Pergamente bezogen sich auf Geburten oder
auf Kräuterheilmittel, die bei bestimmten Leiden Erfolg gezeigt
hatten. Die Durchsuchung der Kommode mit den acht
Schubladen neben dem Federbett hatte, soweit er sehen konnte,
nichts erbracht, was sich irgendwie mit dem Verbrechen in
Verbindung bringen ließ.
Dann bemerkte Flint das Bild in dem hübschen Rahmen aus
Gold und Silber, das auf der Kommode stand. Die Seiten des
Rahmens waren glänzend abgerieben, als ob die Besitzerin oft
hier gestanden und das Bild gehalten hätte. Er berührte es mit
seinem dicken Finger. Die Farbe war verblichen und alt – älter
als er selbst, das war offensichtlich. Es zeigte eine junge,
zierliche Elfin mit grünbraunen, runden Augen und einem
Katzengesicht neben einem älteren Menschenmann mit
eckigem Gesicht und Kleidern, die ihn als Bauern auswiesen.
Ein kleines, sauberes Haus mit weißen Petunien am Weg zum
Eingang stand im Hintergrund. Die beiden Leute hielten sich
an den Händen, und ihr Gesichtsausdruck verriet zugleich
große Zufriedenheit und überwältigende Trauer.
Weil er sich plötzlich vorkam, als wenn er durch ein Fenster
eine private Unterhaltung belauschte, stellte Flint das Bild
wieder auf die Kommode und ging schnell zur Treppe zurück.
Hier gab es nichts, das auch nur den kleinsten Hinweis auf eine
Verbindung mit Lord Xenoth lieferte.
Während es draußen dämmerte, nahm Flint unten erneut das
Porträt in die Hand, das Ailea bei ihrem Tod festgehalten hatte.
Es war nicht Tanis’ Abbild; das hatte der Zwerg oben auf dem
Tisch neben ihrem Bett entdeckt. Mit dem gerahmten Bild der
Elfenkinder in der Hand setzte sich Flint in den Polsterstuhl
neben dem Kamin, weil er merkte, daß er von dem Anschlag
auf ihn selbst immer noch etwas geschwächt war – natürlich
nur ein wenig. Er legte die Beine auf einen Schemel und starrte
abwechselnd auf das Porträt und auf das Spielzeugrotkehlchen,
das er Ailea geschenkt hatte, während seine Gedanken
umherschweiften.
Vor zwei Tagen war er abends nach Hause gekommen und
hatte in seinem Spielzeugschrank nur noch die Soldaten
vorgefunden. Mitten auf dem Tisch hatte ihm Fiona jedoch ein
Stück Rosenquarz voller Fusseln hinterlassen, das mit etwas
verschmiert war und verdächtig nach Traubengelee roch.
Was hatte das Kind gesagt? »Ailea war aufgeregt. Sie hat die
ganze Zeit gesagt: »Die Narbe. Das >T<. Das Erbe«, murmelte
er. »Das Erbe.«
Plötzlich sprang Flint mit einem so lauten »Reorx!« auf, daß
beide Wachen an die Türen gerannt kamen. Was die Wachen
sahen, war ein Zwerg, der ein Porträt an sich drückte und dabei
jubelte: »Der Erbe, der Erbe, der Erbe!«
* * *
    Die Wache vor Tanis’ Zimmer war unnachgiebig. Niemand
durfte den Halbelfen besuchen. Selbst die Wache sah Tanis
nur, wenn der Küchenjunge ein Tablett mit Essen hineinstellte
und das alte Tablett herausholte – und auch dann blieb der
Halbelf meist im hinteren Teil des Zimmers unsichtbar.
    »Wie soll ich Beweise sammeln, wenn ich nicht mit Tanis
darüber sprechen kann?« fragte der Zwerg herrisch und
wedelte mit dem Porträt vor dem Gesicht der Wache herum.
»Na?«
    Die Wache blieb unerschütterlich. »Die Stimme hat alle
Besuche untersagt«, wiederholte der Elf.
»Er hat doch nicht gemeint, daß ich nicht rein darf, du
Türknopf!«
Das Gesicht der Wache wurde noch sturer. »Dann rede mit
der Stimme.«
»Das werde ich!« versprach Flint. »Und dann komme ich
zurück!«
Aber vor dem Raum der Stimme im Turm hatte der Zwerg
auch nicht mehr Glück.
»Er hat sich zurückgezogen«, erläuterte die Wache, »zum
Meditieren und Beten. Gehört zum Kentommen. Absolut keine
Besucher, außer wenn eine Staatskrise droht. Wenn man ihn
jetzt unterbricht, könnte das bedeuten, daß das Kentommen abgebrochen werden muß.«
Der Zwerg warf das Porträt vor Wut auf den Boden. »Das
hier ist eine Staatskrise! Ich stecke mitten in einer Krise, bei
Reorx! Jetzt macht die Tür auf.« Drohend ging er auf die
beiden Wachen zu…
Und stand plötzlich vor zwei Kurzschwertern, die ihm die
beiden grimmig aussehenden Palastwachen entgegen hielten.
»Verzeihung, Meister Feuerschmied«, sagte die eine.
Voller Verzweiflung warf Flint die Hände hoch. »Was
jetzt?« Er maschierte den Flur hinunter. »Ihr Elfen und eure
Traditionen!« rief er nach hinten.
Er kehrte in den Palast zurück. Dort fand er ein Plätzchen auf
der Treppe, wo er sich hinsetzte, um selbst ein wenig zu
meditieren. Solostaran, der sich

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