Drachenlanze - Die Erben der Stimme
zur Zeit zurückgezogen hatte,
war der einzige, der den Palastwachen befehlen konnte, ihn in
Tanis’ Zimmer zu lassen. Aber die Stimme war unerreichbar –
außer wenn Qualinesti beispielsweise von Minotauren
angegriffen würde oder so.
Porthios, der dem Zwerg wahrscheinlich sowieso nicht
geholfen hätte, befand sich bewacht im Hain und durfte wohl
höchstens wegen der Umwälzung gestört werden. Gilthanas
hatte gelobt, Tanis in keiner Weise zu helfen, und Laurana
hatte seit über einem Monat kein freundliches Wort mehr zu
dem Halbelfen gesagt.
Flint seufzte. Was für eine großartige Auswahl an Helfern!
Nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob es Zeit war, an einen
anderen Ort auf Ansalon zu ziehen, irgendwo, wo das Bier
nicht wie Regenwasser schmeckte und der Wein einen Zwerg
nicht nach Blüten duften ließ.
Ein Ort wie Solace vielleicht.
Der Zwerg verwarf diesen Gedanken jedoch und ging noch
einmal seine Kandidaten durch. Wenn Gilthanas den Zwerg
überhaupt bis zu Ende anhören würde, dann würde die
frischgebackene Wache höchstwahrscheinlich einen Alarm
auslösen, der den Mörder bis zum nächsten Mal abschrecken
würde – ganz sicher bis nach Tanis’ Verbannung. Was dem
Halbelfen überhaupt nichts helfen würde.
Damit blieb…
* * *
»Laurana, ich muß mit dir reden«, sagte Flint durch die
verschlossene Tür.
»Geh weg, Meister Feuerschmied«, kam die mürrische
Antwort.
»Es geht um Tanis.«
Pause. Dann hörte er dieselbe, etwas weniger schlecht
gelaunte Stimme sagen: »Ich will nichts von Tanis hören.«
»Schön«, polterte Flint. »Dann laß ich ihn einfach sterben,
ohne ein letztes Mal mit dir gesprochen zu haben. Ich sag dir
Bescheid, wann die Beerdigung ist. Falls du kommen willst.«
Er stampfte erst laut, dann immer leiser über den
Marmorboden.
Die Tür wurde aufgerissen. »Flint, warte!« rief Laurana und
sprang an dem Zwerg vorbei auf den Flur.
»Ich dachte mir doch, daß das helfen würde«, feixte Flint
und stapfte in Lauranas Zimmer.
Die Elfin fuhr herum und sah den Zwerg an. Dann ging sie
zurück in das kleine Wohnzimmer, das zu ihrem Privatquartier
im Palast gehörte. Es war mit einem Kamin, einem kleinen
Tisch und zwei einfachen Stühlen am Feuer ausgestattet. Auf
dem einen hatte es sich Flint bereits bequem gemacht. Beim
Eintreten knallte sie die Tür zu.
Ihr Stirnrunzeln wich allmählich Verwirrung, als Flint ihr
erzählte, was er herausgefunden hatte, und damit schloß:
»Dann kam ich auf das Wort >ErbeAber die Prinzessin reagierte immer noch verständnislos:
»Erbe?«
»Der Erbe«, drängte Flint. »Das hat Ailea gemeint. Sie hatte
das Porträt von Gilthanas und Porthios in der Hand. Der
Mörder, der Lord Xenoth und Eld Ailea getötet hat, will den
Erben der Stimme, Porthios, umbringen.«
Falls er auf eine große Reaktion gehofft hatte, wurde Flint
enttäuscht. Laurana saß einfach da und strich den blaßgelben
Umhang glatt, den sie übergeworfen hatte.
»Aber wir sind alle Erben«, wandte sie ein. »Ich, Gilthanas
und Porthios. Welchen?«
Flint setzte sich zurück. Er hatte die ganze Zeit nur an
Porthios gedacht. Warum nicht auch Gilthanas und Laurana?
Jemand, der dem Amt der Stimme in der Erbfolge näher
kommen wollte, würde auch sie ausschalten müssen. Es fehlten
noch Puzzleteile, aber Flint hatte immer noch einen Tag Zeit,
die Morde aufzuklären, bevor die Stimme ihr
Verbannungsurteil für Tanis wiederholen würde.
Dann kam ihm eine neue Idee. »Wann könnte man Porthios
besser umbringen, als bei seinem Kentommen7« fragte er.
»Wann gäbe es einen besseren Zeitpunkt, uns alle
umzubringen?« fragte Laurana sachlich. »Wir werden alle
gleichzeitig im Turm beisammen sein. Aber warum, Flint? Und
überhaupt, da kann man keinen Elfen verdächtigen. Wir tun so
etwas nicht.« Sie wandte sich von ihm ab und blickte ins Feuer.
Flint saß kurz da und betrachtete die Silhouette der
Prinzessin. »Ach, Mädchen, du hast so wenig Ahnung von der
Welt.«
Sie hatte immer noch Einwände, stand auf und lief vor
Aufregung vor dem Kamin auf und ab. »Du willst, daß ich an
der Wache vorbeischleiche, um mit meinem Vater zu reden.
Aber deine Beweise reichen nicht aus, um zu rechtfertigen, daß
ich die Stimme unterbreche und das Kentommen abgesagt
wird«, sagte sie erregt. »Dein einziger Beweis ist deine
Vermutung darüber, was Eld Ailea kurz vor ihrem Tod gedacht
hat.«
»Aber begreifst du denn nicht?« donnerte er. »>Erbesie hielt das Bild der Erben in der Hand!«
»Wenn ich den
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