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Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Titel: Drachenlanze - Die Erben der Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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sah um die Ecke. Die
Wache saß auf der Stufe zur Tür und aß eine Tomate

zweifellos aus Aileas Garten. Als er Flint sah, sprang der Elf
auf. Der Zwerg sagte jedoch nichts. Schließlich konnte der
Mann die Tür im Sitzen genausogut wie im Stehen bewachen,
fand Flint, und Ailea hätte es sicher gefreut, wenn jemand die
Früchte aus ihrem Garten aß, die sie selbst nicht mehr ernten
konnte.
Flint ging ein paar Schritte zurück. Das Haus hatte nur die
Breite eines Zimmers. Unten gab es nur den Empfangsraum
und dahinter die Küche, die keine Fenster hatte, nur die kleine
Tür zu Aileas Kräutergarten im Hof. Zwischen den beiden
unteren Räumen lag der Kamin, den man sowohl von der
Küche als auch vom Empfangszimmer aus benutzen konnte.
Flint nahm an, daß oben Aileas Privatzimmer sein mußte, auch
wenn er es nie gesehen hatte.
Die Wache sagte nichts, als der Zwerg um die Hauswand
bog und zur Hoftür ging. Auch die war bestimmt
unverschlossen gewesen, wie er Ailea kannte. Der Zwerg holte
tief Luft und trat durch die Tür in die Küche.
Aileas Gegenwart war in der Küche immer noch deutlich zu
spüren. Tonkrüge mit eingemachtem Gemüse und
Trockenfrüchten standen in einem Schränkchen an der einen
Seite des niedrigen Raums. Flint erinnerte sich, wie Tanis sich
hatte ducken müssen, wenn er die Küche betrat, damit er nicht
gegen die Bunde aus Schnittlauch, Salbei und Basilikum stieß,
die von den niedrigen Deckenbalken hingen. Der Duft
erinnerte den Zwerg sofort an Ailea, und er wurde wütend.
Entschlossen ging er durch die Küche, die ihn an die
fröhlichen Mahlzeiten mit Tanis und der Hebamme erinnerte,
und betrat das Empfangszimmer.
Das Zimmer war nicht gereinigt worden, nachdem man den
Körper der Hebamme fortgebracht hatte. Der Blutfleck zog
sich immer noch von der Tür zum Kamin. Überall lagen die
Bilder von Babys herum. Der kleine Tisch jedoch war wieder
aufgestellt worden, und darauf stand das Bild, das Ailea in der
Hand hatte, als Tanis sie fand, Flint trat über den bräunlichen
Fleck und griff nach dem Porträt. Es zeigte zwei Kinder, ein
Kleinkind und ein älteres, beide blond mit grünen Augen. Die
Augen des älteren Kindes waren jedoch ernst und tiefliegend,
während die des Kleinen offen und unternehmungslustig
dreinschauten.
»Ich frage mich, wer sie sind«, murmelte Flint. Ailea hatte
ihre Porträts nie beschriftet, weil sie auswendig wußte, wen sie
zeigten, auch wenn Hunderte in dem Zimmer herumstanden. Er
stellte das Bild wieder auf den Tisch.
Flint vermutete, daß er eine Spur auch dann nicht
wahrnehmen würde, wenn sie ihm entgegenspringen und ihn
mit dem Schwert angreifen würde. Sein Blick ging von Bild zu
Bild durch den ganzen Raum. Er erinnerte sich, wie es hier
ausgesehen hatte, als Ailea noch lebte, und suchte nach etwas,
das nicht zu dem behaglichen Zimmer paßte. Schließlich
schüttelte er müde den Kopf und ging die Steinstufen zum
Obergeschoß hoch.
Wie bei den meisten Leuten war Aileas Schlafzimmer
persönlicher eingerichtet als das Besucherzimmer. Es roch
nach Lavendel, denn auf dem Frisiertisch der Hebamme, neben
der Schildpattbürste und den silberverzierten Kämmen, die
ihren Zopf bei besonderen Gelegenheiten gehalten hatten,
lagen duftende Lavendelbüschel, die von grauen Bändchen
zusammengehalten wurden. Schwarze Eisenhaken, ein
Geschenk von Flint, hielten die angekrausten Röcke in Lila,
Rot, Grün und Hellgelb, von denen sie zahlreiche besessen
hatte. Auf einem Tisch daneben lag ein neues, beigefarbenes
Hemd, das dem grünen und dem blauen ähnelte, die sie bereits
für Flint. genäht hatte. Neben dem neuen Kleidungsstück lagen
ein Strang braunes Stickgarn und eine Nadel.
In der Mitte des Raums stand ein großes Federbett mit
lilagrüner Überdecke, während in einem Alkoven neben dem
Kamin ein kleineres Lager eingerichtet war. Vor der
Feuerstelle stand ein alter, hölzerner Schaukelstuhl, der zwar
abgestoßen war und Kerben aufwies, aber trotzdem glänzend
poliert war. Der Zwerg ging zu dem Alkoven und sah oben und
unten an der Matratze Lampen stehen, Handtücher und Lappen
auf einem Nachttisch. Ein Wiegenkorb hing von einem langen
Eisenhaken herunter, der tief in die Decke gebohrt war. Flint
wurde klar, daß dies der Alkoven war, in dem so viele
Elfenfrauen zur Geburt gekommen waren.
Stunden später, als die Schatten des Spätnachmittags bereits
länger wurden, hatte Flint Aileas private Aufzeichnungen
durchgesehen. Er suchte nach Indizien, fühlte sich aber

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