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Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Titel: Drachenlanze - Die Erben der Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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ein Haufen Schlangen fiel das Ding auf ihn herunter,
und Windsbraut wieherte.
»Ja, du Mistvieh«, murmelte Flint. »Lach doch.«
Er befreite sich aus den Stricken der Leiter und versuchte es
noch einmal mit demselben Erfolg. Beim dritten Versuch
schließlich, als seine Schulter von der Anstrengung schon
schmerzte, probierte er einen Wurf von unten her, und eine
Leitersprosse fiel über den Rand des Schachts, wo sie sich eine
kurze Sekunde lang an einem Stein verfing. Windsbraut senkte
ihre feuchte Schnauze, beschnüffelte die Leiter und ließ sie
wieder auf Flint hinuntertrullern.
»Windsbraut!« schimpfte Flint. Dann wechselte er in die
höchste Tonlage, was ihn an ein Elfenmädchen erinnerte, das
mit seinen Puppen redete. »Willst du mich etwa hier unten
sterben lassen, meine Süße?«
Ein I-A donnerte den Schacht hinunter.
Wieder warf er die Leiter. Diesmal fielen zwei
Leitersprossen über den Rand und lagen genau neben dem
Maultier auf dem Boden, das sie verständnislos anstarrte. Der
untere Rand der Leiter baumelte vor Flints Gesicht, doch der
Zwerg wagte ihn nicht zu berühren, um sie nicht wieder
loszureißen. Die Seile rutschten langsam wieder in den Schacht
zurück. Flint fluchte leise.
Dann hob Windsbraut einen ihrer unterteilergroßen Hufe und
hielt ihn über die rutschende Leiter. Der Zwerg hielt den Atem
an.
Gerade als die letzte Sprosse vorbeirutschte, setzte das
Maultier gezielt und sauber den Huf darauf. Die Leiter blieb
abrupt hängen.
Mit einem Schrei des Entzückens legte Flint eine Hand an
die unterste Sprosse und zog. Das Maultier schnaubte
beunruhigt bei dem plötzlichen Zug an seinem Huf, bleib aber
stehen.
Flint kletterte die Leiter halb hoch, wobei er seine Schulter
so gut wie möglich schonte. Bald baumelte das Ende des Seils,
das er am Geschirr des Maultiers festgemacht hatte, neben ihm.
Es waren nur noch zehn Fuß zu klettern.
Das Maultier wurde unruhig.
»Windsbraut, nicht!« schrie der Zwerg.
Sie hob den Fuß.
Flint hechtete nach dem Seilende, und der Hals des Maultiers
wurde von dem plötzlichen, zusätzlichen Gewicht ein Stück
nach unten gerissen. Die Leiter sauste an ihm vorbei auf den
Boden. »Du blöder Esel!« kollerte Flint, der an dem Seil hin
und her schwang.
Mit einem Ruck wich das Maultier von dem Schacht zurück
und galoppierte ein paar Schritte. Mit einem heiseren Schrei
schoß der Zwerg wie eine Forelle an der Angel aus dem Loch.
* * *
    »Verzeih mir, Tanis«, sagte Gilthanas, als sie den Pfad über
dem Abgrund entlang liefen.
Einen Augenblick lang war Tanis über die bekannten Worte
entsetzt. Das hatte der Mörder gesagt.
»Du weißt, daß ich das tun muß«, sagte Gilthanas. »Als
Palastwache bin ich dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die
Anordnungen der Stimme befolgt werden.« Er hatte das
Schwert längst in die Scheide gesteckt, die er Tanis ebenfalls
abgenommen hatte. Anscheinend glaubte er, daß Tanis keinen
Fluchtversuch unternehmen würde.
Der Halbelf nickte. Er war zu sehr damit beschäftigt, die
Lage zu beurteilen, um sich müßig zu unterhalten.
Allerdings…
Vielleicht würde er etwas erfahren, das er später brauchen
konnte.
»Ich verstehe schon«, sagte der Halbelf. Er sah zu Gilthanas
hinüber. Das Gesicht des Elfen hatte sich vor Anstrengung
gerötet, wegen des Tempos, das sie seit einer knappen Stunde
hielten. Sein Cousin gab den Blick zurück, und zum ersten Mal
seit Jahren sah Tanis den Freund seiner Kinderzeit. »Welche
Aufgabe hast du bei der Zeremonie?«
Gilthanas machte keuchend auf einer Lichtung halt. Er
winkte Tanis zu, sich auf einen Stein zu setzen, und hockte sich
selbst daneben.
»Wenn Porthios die Kammer unter dem Palast verläßt,
schlägt er seine Kapuze über, um sein Gesicht zu verbergen. Er
trägt eine graue Robe wie diese. Dann kommt er von der
Kammer an eine Wendeltreppe – neunundneunzig Stufen, für
jedes Lebensjahr eine. Die Treppe heißt Liassem-Eltor, Treppe
der Jahre. Porthios muß die Stufen in absoluter Finsternis
hinaufsteigen. Oben findet er einen Alkoven mit einer einzigen
Kerze, dazu Flint und Stahl zum Anzünden.«
»Und du…?« beharrte Tanis, der sich kurz fragte, warum
man ihm den genauen Ablauf der Zeremonie nicht beigebracht
hatte.
Gilthanas fuhr fort: »Hinter dem Alkoven kommt ein langer
Gang, der auf keiner Karte von Qualinost verzeichnet ist, weil
er nur von Elfen benutzt wird, die weder Kind noch erwachsen
sind – Elfen, die deshalb eigentlich gar nicht existieren.
Deshalb existiert auch

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