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Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Titel: Drachenlanze - Die Erben der Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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der Prüfung der Fragen, der Kritik und
des Anstacheins, in den Palast führen.
    Tanis sah die dreißig Fuß hohe Klippenwand empor. Im
zunehmendem Licht sah es so aus, als ob ein wendiger
Kletterer sich mit Hilfe der Felsspalten und der
Wacholdersträucher den Fels hochschieben könnte. Er hoffte
nur, daß sein Cousin ihm folgen konnte.
* * *
    Das erste, was Flint beim Aufwachen merkte, war, daß er
sehen konnte. Gerade so eben, gut, aber es gab ein schwaches,
blaßgraues Licht, das ausreichte, ihn ungefähr die Umgebung
in dem Raum erkennen zu lassen, wo er gerade war.
    Flint stöhnte, als er aufstand und sich streckte. Er mußte
mehrere Stunden geschlafen haben. Die Schatten wirkten jetzt
weniger bedrohlich. Was auch immer die Quelle des grauen
Lichts war, sie schienen es zu fürchten. Das Licht war zwar
blaß, aber nicht unheimlich, nicht so wie das von den Fischen,
die er anfangs entdeckt hatte. Daher wurde dem Zwerg leichter
ums Herz. Flint suchte den Raum ab, weil er sich fragte, wo
das Licht herkam, bis er es plötzlich sah.
    Genau über der Stelle, an der er sich zum Schlafen
zusammengerollt hatte, war ein winziger Riß in der Steinwand.
Der Zwerg wußte, was das bedeutete. Das Licht war
Tageslicht, und irgendwo hinter dieser Wand ging es nach
draußen.
    Flint untersuchte den Riß. Die Linien waren kaum
wahrnehmbar, aber Flint grunzte. Er war sich sicher, daß das
hier einmal ein Fenster gewesen war. Wahrscheinlich hatte
man es aus irgendeinem Grunde zugemauert. Flint konnte
ungefähr den Umriß der verschlossenen Öffnung erkennen.
    Er nahm den schweren Hammer zur Hand, der immer noch
treu in seinem Gürtel steckte, und schlug mit all der Kraft des
Schmieds gegen den Stein. Der erbebte, und Flint knurrte
zufrieden, als er sah, daß der Riß länger geworden war. Er
holte wieder aus, dann ein drittes Mal. Der Spalt wurde breiter,
und ein zweiter kam dazu, der einen dünnen Lichtstrahl
hereinfallen ließ. Das machte dem Zwerg Mut, so daß er die
Wand ernsthaft zu bearbeiten begann. Zum Glück war die
Mauer nicht dick, und der eine Riß war ein Zeichen für die
Schwäche des Gesteins gewesen. Die Hast, mit der dieses
Fenster einst versiegelt worden war, wirkte sich jetzt eindeutig
zu Flints Vorteil aus. Hätten die Handwerker beim Bau der
Wand ihre ganze Kunst eingesetzt, so wäre Flints Hammer
gegen die Steine so nutzlos gewesen wie eine Weidengerte.
    Schon nach einer Minute lösten sich Steinbrocken aus der
Wand. Der Riß wurde zu einem Loch, bis plötzlich der ganze
Einbau nachgab und vor Flint zusammenbrach. Die Steine
kullerten zur Seite, während Licht in den Raum strömte und die
Schatten in die tieferen Winkel der Gänge zurücktrieb.
    Triumphierend steckte Flint seinen bärtigen Kopf durch das
Loch, doch
– sein Triumph verflog, denn er befand sich am
Boden eines weiteren Steinschachts.
Wieder gab es nur den Weg nach oben.
     
***
    Es gab nur den Weg nach oben, dachte Tanis, als er die
Klippe hinaufstarrte. Neben ihm regte sich Gilthanas endlich
und schlug die Augen auf. Seine eine Kopfseite war gerötet
und wies eine eigroße Beule auf, doch sonst schien er
unverletzt zu sein.
    »Tanis!« entfuhr es ihm. Erst malte sich Erleichterung, dann
Ärger auf seinem Gesicht. »Du hast dich dem Urteil der
Stimme widersetzt!«
    »Ich bin gekommen, um dich zu retten«, sagte Tanis,
während die Trommeln in Qualinost wieder zum MelethkaNara riefen.
    Gilthanas setzte sich mühsam auf, wobei der Felsvorsprung
erzitterte. »Die Trommeln!« sagte er mit Panik in den Augen.
»Ich muß zum Kentommen-Tala zurück sein.« Seine
Bewegungen brachten ihn gefährlich nah an den Rand des
Vorsprungs, so daß Tanis seinen Cousin am Arm festhielt und
zurückzog. Zu der Erleichterung und dem Ärger, die im
Gesicht der blonden Wache miteinander kämpften, gesellte
sich jetzt Furcht.
    »Glaubst du, daß du da hoch kommst?« Tanis zeigte auf die
dreißig Fuß hohe Felswand über ihnen. »Oder soll ich dich hier
lassen und Hilfe holen?«
    »Mich hierlassen?« wiederholte Gilthanas, der aufsprang
und an den Fels griff. »Ich würde meine Pflicht versäumen,
wenn ich dich entkommen ließe.«
    »Entkommen?« murmelte Tanis. Der Felsvorsprung, der sich
durch ihre Bewegungen weiter gelockert hatte, erzitterte
wieder.
    Aber der Ruf der Pflicht schien der jungen Wache Kraft
gegeben zu haben, denn Gilthanas hielt sich wacker, als er die
Klippe hochkletterte, obwohl seine knöchellange Robe ihn
doch ziemlich behinderte. Irgendwann

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