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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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schlecht unterdrückter
Ungeduld mit dem Fuß tappte.
»Na, kommt schon.«
    Delbridge konnte sich ein hochmütiges Lächeln nicht
verkneifen, als er an den anderen Leuten vorbeimarschierte, die
ihm neugierig nachstarrten. Der Seher in seiner Robe trat direkt
in einen großen, mit Teppichen ausgelegten Raum, der bis auf
drei gereizt wirkende Männer fast leer war, die am jenseitigen
Ende, mindestens sechzig Fuß vom Eingang entfernt, an einem
langen Tisch saßen.
    »Eure Lordschaft«, verkündete der alte Mann, »Omardicar,
der Allwissende, der Seher aus der Taverne.«
Delbridge neigte sich dicht zu dem Alten hin und flüsterte:
»Wer sind die Männer?«
Das Faktotum verdrehte bei dieser Zumutung die Augen.
»Hinter dem Tisch auf dem Samtstuhl sitzt Lord Curston. Der
neben ihm ist sein Sohn, der junge Rostrevor. Und der da«, der
Gefolgsmann zeigte auf einen großen Mann mit Glatze, der
einen roten Umhang über seiner kräftigen Gestalt trug und
rechts neben dem Stuhl des Lords stand – »das ist Balkom,
Zauberer und erster Ratgeber von Lord Curston.«
Mit diesem Mindestmaß an Informationen schritt Delbridge
voller Zutrauen nach vorn, wo er sich vor dem langen Tisch
aufbaute. Er wartete keine Einleitung oder Einladung zum
Sprechen ab.
»Lord Curston, ich habe ein äußerst wertvolles Angebot für
einen Ritter von so eindrucksvoller Macht und solchem
Reichtum wie Euch.« Delbridge hörte seine Worte in dem fast
leeren Raum nachhallen.
Einst mußte der Ritter ein starker Mann gewesen sein, doch
inzwischen war er weich geworden. Er trug eine Seidentunika
und eine Kappe auf seinem ergrauenden Kopf, und auf seinem
faltenreichen, wettergegerbten Gesicht lag ein gelangweilter
Ausdruck. Sein Sohn, ein fast hübsch zu nennender Bursche
mit hellblondem Haarschopf, war vielleicht zwanzig Jahre alt.
Er stand links neben dem sitzenden Ritter und hatte eine Hand
frech in die Hüfte gestemmt. Ein dünner blonder Schnurrbart
zeigte an, daß er Ritter werden wollte. Der Anblick des
komisch gekleideten fetten Mannes schien ihn mehr zu
erheitern als die anderen.
Aus der Nähe betrachtet fand Delbridge, daß man vor dem
Zauberer am meisten auf der Hut sein mußte. Von der Tür aus
hatte Delbridge es nicht bemerkt, doch der Mann hatte eine
gräßliche Narbe über der rechten Gesichtshälfte, und sein
rechtes Auge fehlte. Das Lid war von Narbengewebe
verschlossen, doch es war so eingesunken, daß Delbridge leicht
sah, daß kein Auge mehr in der Augenhöhle ruhte. Sein linkes
Auge starrte ihn finster an, ohne jeden Anflug von Wärme oder
auch nur Interesse. Sein Kopf war nicht von Natur aus kahl,
sondern rasiert. Kurze, farblose Stoppeln warfen einen grauen
Schatten über die sichtbaren blauen Adern. Die einzigen etwas
längeren Haare bildeten seinen schwarzen Schnurr- und
Spitzbart, der seine fleischigen, rotbraunen Lippen komplett
umrahmte.
Da sich Delbridge unter dem durchdringenden Blick des
Zauberers entschieden unwohl fühlte, konzentrierte er sich
wieder auf den Ritter.
»Wir haben von Euch gehört, und ich muß zugeben, ich bin
neugierig«, sagte der Ritter schließlich mit leiser, gebildeter
Stimme. »Aber faßt Euch kurz. Ich habe heute schon viele
Gesuche angehört und bin allmählich müde.«
Delbridge holte eindrucksvoll mit dem Arm aus, damit seine
Ärmel sich aufblähen konnten. »Ich habe eine Gabe, Herr, die
mir bei meiner Geburt von den Sternen verliehen wurde. Es ist
ganz einfach die Fähigkeit, die Zukunft vorauszusehen. Ich bin
bereit, Euch diese Gabe zur Verfügung zu stellen. Ihr könntet
rechtzeitig vor Gefahren gewarnt werden, die Euch, Eure
Familie und Eure Untertanen betreffen.«
Der Ritter runzelte die Stirn. »Ich habe bereits einen
Zauberer, der fast genau diese Aufgabe hat.«
»Und das will ich auch nicht anzweifeln oder
geringschätzen«, warf Delbridge rasch ein, »aber selbst die
Sprüche der größten Zauberer können nur beschränkt die
Zukunft vorhersagen und sind auf eine bestimmte Anzahl pro
Tag beschränkt. Meine Macht unterliegt nicht den normalen
Begrenzungen der Magie. Sie wirkt ständig, wann immer ich
sie ausüben möchte.«
»Tu das nicht einfach so ab, Vater«, riet der Junge mit einem
Blick auf den Magier. »Seine Worte klingen wohlüberlegt.« Er
sah Delbridge mit seinen blauen Augen an. »Vielleicht wäre
eine kleine Demonstration angebracht, Herr -?«
»Omardicar, der Allwissende, junger Herr«, half Delbridge
eilig nach.
»Auch ich würde mir eine Demonstration

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