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Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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rosafarbenem Quarz hoben sich
kräftig von den weißen, von grauen Adern durchzogenen
Marmorwänden ab. Die Fackeln, die bei Tag wegen des
einfallenden Lichts nicht benötigt wurden, ruhten kalt und
schwarz in eisernen Wandhalterungen. An einer Seite des
Zimmers stand ein Marmortisch; dahinter wartete in einem
schweren Eichenstuhl die Stimme. Solostarans waldgrüner
Umhang stellte den leuchtendsten Farbklecks in dem Raum
dar, und seine natürliche Autorität zog die Aufmerksamkeit des
Betrachters unwillkürlich auf sich.
    »Meister Feuerschmied!« begrüßte ihn die Stimme, deren
grüne Augen über den raubvogelartigen Gesichtszügen beim
Aufstehen blitzten. »Tretet ein. Ihr seid wie immer eine
willkommene Abwechslung von den Staatsgeschäften.« Er
wies auf eine Silberschale, die mit kandierten Nüssen,
getrockneten Aprikosen, Apfelschnitzen, Kirschen und
anderem Obst gefüllt war, die ganz sicher von den Bäumen
draußen stammten. »Bedient Euch, mein Freund.« Flint lehnte
das Angebot ab, denn er mühte sich mit Pergamentbögen ab,
die er nicht auf die schwarz-weißen Marmorfliesen auf dem
Boden rutschen lassen wollte. Schließlich hatte er sie
zusammengeschoben und legte sie der Stimme auf den Tisch,
ohne die Knitterfalten des Papiers zu beachten. Wie üblich war
Solostaran voller Bewunderung für die Holzkohlezeichnungen
und suchte aus den vielen, die ihm gefielen, ein paar aus.
    Die Stimme wirkte heute irgendwie abgelenkt, auch wenn er
das Gespräch genauso freundlich führte wie immer. »Wie ich
schon oft sagte, Meister Feuerschmied, Ihr seid ein begabter
Künstler«, meinte er.
    Die beiden besprachen ein paar Minuten lang die Entwürfe
von neuen Fackelhaltern für die Zimmer der Stimme, und ob
Solostaran sie in mattschwarz oder in metallisch glänzender
Politur nehmen sollte. Die Stimme entschied sich für eine
Kombination aus beidem. Plötzlich klopfte es an der
Zimmertür. Es war Tanis. Als er zum Tisch kam, zeigte er
wenig von der berühmten, elfischen Anmut.
    »Du wolltest mich sehen, Stimme?« fragte der Halbelf
Solostaran. Tanis machte den Eindruck eines Jugendlichen, der
schon fast ein Mann ist. Er schien in doppelter Weise zwischen
zwei Welten zu stehen - Elf und Mensch, Kind und
Erwachsener. Bald wird er sich rasieren müssen, dachte der
Zwerg. Noch mehr Beweis für Tanis' Menschenblut. Der
Zwerg wurde traurig bei dem Gedanken an die Kommentare,
die der Halbelf von einigen der bartlosen Elfen zu hören
bekommen würde. Auch für den Zwerg hatte Tanis ein kurzes
Kopfnicken übrig; Flint knabberte jetzt doch wortlos an einem
getrockneten Apfelschnitz, obwohl er zuvor alle Naschereien
abgelehnt hatte.
    »Es wird Zeit, daß du öfter mit dem Langbogen übst, Tanis«,
sagte Solostaran. »Ich habe einen Lehrer ausgewählt.« Tanis
sah freudig überrascht zu Flint. »Meister Feuerschmied?«
fragte der Halbelf zögernd.
    Flint schluckte das Apfelstück hinunter und schüttelte den
Kopf. »Ich doch nicht, Junge. Der Langbogen ist nicht meine
Waffe, auch wenn ich dir gern die guten Seiten der Streitaxt
vorführe.« Und damit würde der Halbelf mit seinen
wachsenden Menschenmuskeln auch hervorragend umgehen
können, sagte sich Flint.
    »Die Streitaxt ist keine Elfenwaffe«, wies Solostaran Flint
freundlich zurecht. »Nein, Tanis, Lord Tyresian ist
einverstanden, dein Training zu übernehmen.«
    »Aber Tyresian ...« Die Stimme des Halbelfen wurde leiser,
und seine Haltung strahlte wieder Unzufriedenheit aus.
»... ist einer der erfahrensten Bogenschützen bei Hof«,
beendete die Stimme den Satz. »Er ist Porthios' bester Freund
und der Erbe einer der besten Familien in Qualinost. Er könnte
ein wertvoller Verbündeter für dich werden, Tanthalas, wenn
du ihn als Schüler beeindruckst.«
Flint, den man bei dem Wortwechsel offenbar vergessen
hatte, warf einen verstohlenen Blick auf Tanis und nahm eine
kandierte Birne aus der Silberschale. Tanis und Tyresian
würden niemals Verbündete sein, dachte der Zwerg, der sich an
den Elfenlord von seinem ersten Tag bei Hof her erinnerte.
Tyresian war Mitglied des Grüppchens der vier oder fünf
adligen Elfen, die Porthios, den Erben der Stimme,
umschwärmten wie Fliegen den Honig, und er hatte das Talent,
bei seinesgleichen Eindruck zu schinden. Aber kaum ein
gewöhnlicher Elf konnte Tyresians hohe Maßstäbe an die
Herkunft erfüllen. Unter den Höflingen galt Tyresian mit
seinen durchdringenden, blauen Augen und den exakt
geschnittenen, kurzen Haaren - eine Seltenheit

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