Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
Vom Netzwerk:
Und nun auch die Bäume.
    Alles kündete vom Herbst und ließ seine Gedanken nach
Solace wandern, zu den Häusern, die hoch oben in den
Vallenholzbäumen hingen. Die Blätter der riesigen Bäume
würden an den geriffelten Rändern gerade in den
verschiedensten Farben anlaufen, überlegte er und seufzte
wieder. Herbst war die rechte Zeit zum Reisen. Er sollte nach
Hause gehen, wo er hingehörte.
    Überrascht bemerkte Flint, daß er sich fragte, ob es wirklich
Solace war, wo er hingehörte. Er hatte sich dort vor Jahren
angesiedelt, hauptsächlich weil er das Herumwandern satt
hatte, damals, nachdem er sein verarmtes Dorf verlassen hatte,
um in der Welt sein Glück zu suchen. Und war das Leben unter
Elfen für einen einfachen Zwerg aus Hügelheim denn wirklich
anders als unter Menschen? In beiden Fällen war er ein
Fremder, er konnte keinen großen Unterschied erkennen.
Außerdem, dachte er, während er in tiefen Zügen die kalte
Lauft einatmete, herrschte hier ein Friede, den er noch
nirgendwo sonst gefunden hatte.
    Flint zuckte mit den Schultern und ging zurück in seinen
Laden. Er wischte sich wieder über die Stirn. Bald tönte wieder
sein Hämmern durch die Luft.
    Mehrere Stunden später sah Flint von seiner Arbeit auf und
merkte, daß die Uhr - die er aus Eiche gemacht und mit
Gewichten aus zwei Granitstücken versehen hatte - die Zeit
zum Abendessen anzeigte. Seine Gedanken jedoch drehten sich
nicht um Essen oder um die silberne Rose, die er im Auftrag
von Lady Selana anfertigte. Lady Selana gehörte zu dem Kreis
um Porthios und hatte ihre Abneigung gegenüber Zwergen vor
    kurzem überwunden, nachdem sie gemerkt hatte, daß »ein
echter Flint« unter Höflingen der letzte Schrei war.
»Es ist Zeit!« rief er aus, legte den Hammer hin und schob
die Kohlen zusammen. Alle paar Wochen folgte er demselben
Ritual. Er tauchte Gesicht und Arme in ein Wasserbecken, um
den Schweiß und Schmutz der Schmiede abzuwaschen. Dann
schnappte er sich einen Sack, öffnete einen Wandschrank, der
in die Steinwände eingelassen war, und fing an, seine Tasche
mit interessanten Dingen zu füllen. Alle waren aus Holz, und
Flint strich liebevoll hier eine Kante glatt oder polierte dort
noch eine Rundung. Plötzlich sah er aus dem Augenwinkel
einen Schatten vor dem Fenster. Er richtete sich auf und
wartete. Ein neuer Auftrag? Er wußte, daß die Elfenkinder ihn
schon seit Tagen belauerten. Sie hielten nach dem Zwerg
Ausschau, der etwa alle zwei Wochen auf der Straße auftauchte
und jedem Kind in Sicht ein handgearbeitetes Spielzeug
schenkte. Er hoffte, daß ihn jetzt keiner aufhalten würde.
Flint glaubte, draußen Füße scharren zu hören, und stapfte
zum Eingang. Aber dort sah und hörte er niemanden.
»Feuerschmied, du wirst alt. Jetzt hast du schon
Halluzinationen«, grummelte er, während er zu seinem Sack
zurückging.
Als er die einzelnen Holzspielsachen berührte, wurde ihm
warm ums Herz. Metall war gut zu formen; es gab einem ein
Gefühl von Macht, wenn das kalte Material sich dem Hammer
beugte und durch die Willenskraft des Schmieds Gestalt
annahm. Aber Holz war anders, fand er, als er eine Holzpfeife
streichelte. Holz konnte man nicht in eine Gestalt zwingen,
sagte sich der Zwerg; man mußte die Form finden, die darin
verborgen lag. Flint kannte keinen größeren Frieden, als mit
dem Schnitzmesser in der einen Hand und einem Stück Holz in
der anderen dazusitzen und sich zu fragen, was für ein Schatz
hier verborgen liegen mochte.
»Das ist wie mit den Leuten, wie meine Mutter immer
sagte«, erklärte er dem Laden, der ihm inzwischen so vertraut
war wie ein guter Freund. »Manche Leute sind wie dieses
Metall, hat sie gesagt«, und er zeigte dem leeren Raum eine
metallene Blumenbrosche. »Man kann sie zurechtbiegen. Sie
passen sich an. Andere sind wie dieses Holz«, und er hielt ein
kleines Eichhörnchen aus Weichholz hoch. »Wenn man sie
zwingt, zerbrechen sie. Man muß langsam und vorsichtig
vorgehen, wenn man wissen will, was in ihnen ist.«
»Der Knackpunkt, wie meine Mutter immer sagte«,
erläuterte er ernsthaft einer Steinbank an der Tür, »ist zu
wissen, wer was ist.«
Flint machte eine Pause, als würde er auf etwas warten. Ihm
kam der Gedanke, daß jemand, der mit seinen Möbeln sprach,
wahrscheinlich zu wenig Freunde hatte. Mit Ausnahme von der
Stimme, Miral und den Stadtkindern behandelten ihn die
meisten Elfen mit reservierter Höflichkeit. Aber es gab keinen,
dem man auf die Schulter schlagen und auf ein Bier

Weitere Kostenlose Bücher