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Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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er die
Geheimnisse der Stimme anvertraut hätte. Der Zwerg nahm
sich eine Handvoll gezuckerter Mandeln, steckte eine in den
Mund und fragte nach: »Arelas ...?«
Die Stimme drehte sich um. »Mein jüngster Bruder.« Als
Flint seine dichten Augenbrauen hochzog, fuhr Solostaran fort:
»Ich habe ihn kaum gekannt. Er hat Qualinost als kleiner Junge
verlassen. Und er starb, bevor er zurückkehren konnte.«
»Warum ist er fortgegangen?« fragte Flint.
»Er war ... krank. Wir konnten ihn hier nicht heilen.«
Die sich anschließende Stille zog sich minutenlang hin, bis
Flint eine Antwort wagte. »Es ist traurig, wenn ein Kind
stirbt«, sagte er.
Solostaran blickte abrupt auf, wobei sich ein überraschter
Ausdruck auf sein Gesicht malte. »Arelas starb als Mann. Er
war auf der Rückreise nach Qualinost, aber er ist nie hier
angekommen.« Die Stimme kam zu Flint zurück, wobei der Elf
sichtlich versuchte, seine Gefühle zu bezwingen. »Wenn er
noch eine Woche länger gelebt hätte, wäre er hier in Sicherheit
gewesen. Aber damals waren die Straßen noch gefährlicher als
heute.« Die Stimme nahm umständlich Platz.
Flint war unsicher. Er wußte nichts zu sagen. Nach einer
kurzen Weile bat die Stimme den Zwerg zu gehen.
    Flint dachte fast gar nicht mehr an seine Entwürfe, als er
nachdenklich zu der kleinen Werkstatt mit Laden zurücklief,
die ihm die Stimme gegeben hatte. Es war ein leeres Haus im
Südosten des Turms, wo er in den letzten Monaten viele Dinge
angefertigt hatte: Jadeanhänger an fließenden Silberketten,
haarfein geflochtene Ringe aus Gold, Armreifen aus
gehämmertem Kupfer und Smaragd.
    Die Werkstatt befand sich am Ende einer kleinen Gasse in
einem Birnengarten. Um den hölzernen Türrahmen wanden
sich Kletterrosen. Weil Flint sich an die Vorliebe seiner Mutter
für Winden erinnerte, hatte er diese Blumen neben die Rosen
gesetzt, so daß die rosa, blauen und weißen Blüten sich jetzt
mit den weißen, gelben und rosa Rosen mischten.
    Man hatte Flint das Haus beliebig lange zur Verfügung
gestellt, doch wie lange das sein würde, wußte der Zwerg selbst
nicht. Bestimmt würde er bis zum Ende des Frühjahrs bleiben,
hatte er sich zuerst gesagt; wozu war er schließlich so weit
gereist? Nur um gleich wieder nach Hause zu rennen? Doch
sein warmes Haus im fernen Solace - und ein schäumender
Krug Bier - kamen ihm oft in den Sinn. Elfenbier hatte sich als
armseliger Abklatsch von echtem Bier erwiesen, zumindest für
den Zwerg, auch wenn es Meilen besser war als
Elfenblütenwein.
    Da er mit seinen fast täglichen Terminen bei der Stimme und
mit mehr Aufträgen ausgelastet war, als sein Hammer
bearbeiten konnte, war es wenig überraschend, daß der letzte
Frühlingstag fast unbemerkt vorbeiging und die warmen,
goldenen Sommertage sich vor dem Zwerg ausdehnten.
    Oft sah man das Fenster seines Ladens bis spät in die Nacht
so rot wie Lunitari leuchten, und es kam nicht selten vor, daß
der erste Elf in Qualinost am nächsten Tag zum Klang eines
Hammers erwachte, der auf einen Amboß schlug. Viele
bestaunten den Fleiß des Zwerges, und ebenso viele hofften,
daß die Stimme sie mit einer von Meister Feuerschmieds
Schöpfungen beglücken würde.
    An diesem Nachmittag stapfte er in seine heiße Schmiede
zurück, ergriff den Eisenhammer und stellte wieder einmal mit
Hilfe der sengenden Flammen und der Schläge seines
Hammers aus einem leblosen Metallklumpen etwas Schönes
her. Er verbrachte mehrere Stunden mit dieser Aufgabe, und
jegliches Zeitgefühl ging ihm dabei verloren.
    Schließlich seufzte Flint, wischte sich mit einem
Taschentuch den Ruß von Händen und Stirn und schöpfte sich
eine Kelle Wasser aus dem Eichenfaß am Tor zur Straße. Als
er auf die Straße trat, ging ein Lächeln über sein Gesicht, das
die Falten glättete, die seine Stirn zerfurchten. Der Weg zum
Tor führte durch ein paar Espen. Ihre blassen, schlanken
Stämme wiegten sich leise im Wind, als wenn sie sich etwas
vor dem Zwerg verneigen wollten, und ihre raschelnden Blätter
blinkten mal grün, dann silbern, dann wieder grün. Seine Hand
fuhr langsam zur Brust, als ob das einem Herzen helfen könnte,
das vor lauter Schönheit schmerzte. Und ein Teil von ihm litt
immer noch mit der Trauer der Stimme.
    Doch dann bemerkte Flint ein paar goldene Flecken hoch
oben in den Bäumen und fühlte ganz tief innen dieselbe
Rastlosigkeit, die ihn schon sein Leben lang quälte. Morgens
war es inzwischen wieder frischer als in der sanften Kühle der
Sommernächte.

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