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Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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ein Geruch nach verrottendem Unrat. Der
Gestank und das plötzliche Zittern seines Pferdes weckten
seine Aufmerksamkeit.
    Han-Telio sah auf und merkte, wie seine Glieder bleiern
wurden. Keine zwanzig Schritte vor ihm wartete auf dem Pfad
ein riesiges, echsenähnliches Wesen. Seine Haut war
schlammfarben, von der gleichen Schattierung wie der Pfad
hinter ihm. Aus den Augenbrauen der Echse wuchsen armlange
Hörner nach hinten. An beiden Vorderfüßen saßen fünf Zehen
mit Klauen von der Länge einer Hand. Sein Mund stand leicht
offen, so daß bei jedem Ausatmen eine neue Wolke übel
riechenden Atems auf den Händler zutrieb. Das Wesen, das
einem Drachen ohne Flügel glich, hatte einen verhornten
Köper, der viermal so lang war wie ein Elf hoch, und einen nur
wenig kürzeren, dünnen, peitschenartigen Schwanz.
    »Ein Tylor!« sagte der Händler. Diese Monster waren selbst
in den trockenen Regionen, die sie bevorzugten, selten. Noch
nie hatte man einen in den Wäldern von Qualinesti gesehen.
Und obwohl der Händler sich auf seinen Reisen weit vom
Heimatland der Elfen entfernt hatte, hatte er noch nie einen
Tylor zu Gesicht bekommen.
    Aber er wußte, daß sie stark waren und magische Kräfte
besaßen, falls reine Gewalt nicht ausreichte. Ein Tylor
bedeutete den sicheren Tod.
    Han-Telios Pferd stand stocksteif vor Angst, mit
aufgerissenen Augen und geblähten Nüstern, wie angewurzelt
da. Han-Telio riß an den Zügeln, doch das Tier beachtete seine
Kommandos und Tritte nicht. Im Wald war kein Laut zu hören
bis auf das Knirschen der Eichenäste über ihm.
»Dein Pferd wird sich nicht rühren, Elf.«
     
Han-Telio blickte sich verzweifelt in der Hoffnung um, daß
    Rettung – am besten jemand, der besser bewaffnet war als ein
Händler – zu Hilfe käme, um sich mit ihm in den Kampf zu
stürzen. Der Tylor hatte mit tiefer, krächzender Stimme
gesprochen, als ob der Wind über Sandsteinschuppen wehte.
Über Schuppen… Han-Telio merkte, wie ihn die Angst
abermals überwältigte. Er sah die Echse an.
    »Richtig, Elf. Ich kann sprechen.«
Der Tylor konnte Gemeinsprache.
Jetzt begann Han-Telio endlich zu handeln. Er steckte die
    Opale in eine Tasche seiner geteilten Tunika und versuchte
dann mit zitternden Händen, seine Satteltaschen weiter
aufzuziehen, um das Kurzschwert herauszuholen, das er dort
aufbewahrte. Sein Gegner trat inzwischen zwei Schritte auf ihn
zu. Sein gefährlicher, scharfkantiger Schwanz zückte.
    Doch der Knoten in der Schnur, die die Satteltaschen
verschloß, widerstand seinen Bemühungen und war nicht zu
öffnen. Der Tylor kam noch einen Schritt näher; der Gestank
wurde immer schlimmer. Han-Telio kannte ihn.
Es war der Gestank von verfaultem Fleisch.
»Wo willst du denn hin, Elf? Es sieht nicht so aus, als wenn
    dein Pferd dich noch weiter tragen will.«
Han-Telio wußte nicht, weshalb er antwortete. »Zu
Ginevra«, erwiderte er, während er mit der einen Hand an den
Zügeln riß, mit der anderen an den Satteltaschen. Er atmete
stoßweise. »Ich muß nach Hause zu Ginevra.«
    Schließlich zerriß der Händler mit der Kraft der
Verzweiflung die Schnur und zog sein Kurzschwert.
Als Han-Telio wieder aufblickte, stand der Tylor nur noch
wenige Schritte entfernt. Er wiegte seinen Kopf, um sein Opfer
zu hypnotisieren. Der Händler sah mit fasziniertem Entsetzen
zu, wie das Tier erst an einem Strauch, dann an einem
Quarzfelsen vorbeikam und sich dabei erst grün, dann rosarot
verfärbte, um schließlich wieder die Schlammfarbe des
graubraunen Pfades anzunehmen. Tarnung, dachte der Elf
überflüssigerweise.
»Ein kleiner Zahnstocher wie dieses Kurzschwert wird dir
gegen meinesgleichen wenig helfen, Elf!« brüllte das Monster,
dessen gepanzertes Gesicht nur noch zwei Armlängen entfernt
war. Dann erfüllte der Tylor die Lichtung mit einem Schrei, der
Han-Telio das Mark in den Knochen gefrieren ließ.
Das Pferd des Händlers bäumte sich außer sich vor
Schrecken endlich auf und wandte sich zur Flucht. Doch der
Tylor sprang vor und erwischte das Pferd mit seinen Pranken
am Hals, während Han-Telio schreiend absprang. Der Händler
schrie noch einmal, als der Schwanz des Tylors mit
kobragleicher Schnelligkeit zuschlug.
Der Elfenkörper, der auf dem felsigen Boden des Wegs
aufschlug, war praktisch in zwei Teile geteilt.
Drei Opale rollten ein Stück davon und blieben in einer
Blutpfütze liegen.
Das Brüllen kam aus einiger Entfernung, als Flint hilflos an
den Zügeln seines Maultiers zerrte und vergeblich

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