Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
Knochen. Dieses Mal war es stärker, und es schwoll an, während er sank. Der Zauber war wie Balsam auf seiner geschundenen Seele. Er glitt über die Säulen hinweg und streifte sie beinahe mit den Flügelspitzen, dankbar für die Linderung seiner Schmerzen.
Er ließ den Ort in einer langgezogenen Kurve hinter sich und landete schließlich auf der Wiese in der Nähe des grasenden Wallachs. Dieses Mal fiel ihm die Verwandlung noch schwerer.
Während er – vor Erschöpfung zusammengekrümmt im Sattel hängend – nach Casna zurückritt, vergegenwärtigte Linden sich, was er herausbekommen hatte. Nicht allzuviel, und das Wenige gefällt mir nicht. Wer ist für die dunkle Magie verantwortlich? Hat es tatsächlich mit der Bruderschaft zu tun? Und was sollen drei Drachenlords dagegen ausrichten? Schließlich sind wir keine Magier, sondern deren Geschöpfe!
Als Linden das Stadthaus erreichte, zitterte er am ganzen Leib. Er ritt den Wallach zu den Ställen und blieb einen Moment im Sattel sitzen, um Kraft zum Absteigen zu sammeln.
Er sagte sich, daß sein Zustand eine normale Reaktion sei, daß er wieder wohlauf sein würde, nachdem er sich ausgeruht, etwas gegessen und ein wenig Wein getrunken hatte. Dazu mußte er allerdings erst einmal ansteigen … Er überlegte, ob er einen Stallburschen herbeirufen sollte. Aber falls die Stallburschen Tiefschläfer waren, würde er so laut rufen müssen, daß das halbe Haus aufwachte. Je weniger Leute ihn in seinem gegenwärtigen Zustand sahen, desto besser.
Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten. Die Überraschung verlieh Linden kurzzeitig neue Kraft. Er straffte den Oberkörper.
»Jungchen«, sagte eine vertraute Stimme auf Yerrinisch, »wo hast du gesteckt? Und was hast du gemacht? Du siehst aus, als hätte ein Pferd auf dir herumgetrampelt.«
Um die Wahrheit zu sagen, fühlte er sich, als wäre eine ganze Herde über ihn hinweggetrampelt. »Ein Glück, daß du es bist, Otter. Aber was tust du hier? Warte – laß mich absteigen.«
Mit Otters Hilfe stieg Linden ab, ohne hinzufallen. Gemeinsam führten sie den Wallach in den Stall. Linden widersprach nicht, als Otter darauf bestand, daß er sich setzen und ihm das Pferd überlassen solle.
»Was ich hier tue? Kief hat mich gerufen. Anscheinend machte er sich Sorgen wegen etwas, das du vorhattest – er wollte mir aber nicht sagen, was. Er tat sehr geheimnisvoll. Er und Tarina wollten nicht herkommen, weil es für Aufsehen sorgen könnte, wenn sie hier so spät aufkreuzen. Aber jeder weiß, daß wir Freunde sind und daß Barden sowieso undurchsichtige Kreaturen sind, deswegen bat er mich, auf dich zu warten. Also – was in aller Welt hast du angestellt, daß du jetzt in diesem Zustand bist? Und warum will Kief hier nicht gesehen werden?«
Linden rieb sich die Augen. Götter, er mußte sich schlafen legen. Aber zuerst mußte er Kief und Tarina unterrichten, und er hatte keine Lust, die Geschichte zweimal zu erzählen. »Ich brauche etwas zu essen und ein bißchen Wein, sonst falle ich um. Dann werde ich mit den anderen reden. Du kannst mithören.«
Otter, der gerade dabei war, den Wallach abzubürsten, hob die Augenbrauen und fragte: »Werden die anderen das erlauben?«
»Ihnen bleibt keine andere Wahl«, antwortete Linden.
Wieder einigermaßen bei Kräften durch kaltes Hühnerfleisch, Brot, Käse und etwas Wein, zog Linden Stiefel und Tunika aus und legte sich aufsein Bett. Otter zog einen Stuhl heran.
»Bereit?« fragte Linden.
»Ja«, antwortete Otter und nahm den Umhang von den Schultern. Der Barde schloß die Augen und streckte die Beine aus.
»Na dann.« Linden schloß seinerseits die Augen und tastete mit seinem Geist nach Kief und Tarina.
Aufgrund der Geschwindigkeit, mit der sie sich meldeten, wußte er, daß sie händeringend auf ihn gewartet hatten. Bevor sie ihn mit Fragen löchern konnten, begann Linden, seine Geschichte vorzutragen. Er ließ nichts aus, obwohl er versuchte, das Entsetzen des Opfers auf dem Altar und seinen eigenen, durch Rathans Zorn hervorgerufenen Schmerz in etwas abgeschwächter Form zu schildern.
Als er fertig war, warfen ihm die beiden Drachenlords wüste Beschimpfungen an den Kopf. Er hatte es vorausgesehen und ließ es einige Momente über sich ergehen, dann rief er: Genug!
In dem folgenden schockierten Schweigen fuhr er fort: Ja, ich war ein Narr. Darin stimme ich Euch zu. Und nein, ich werde es nicht wieder tun. Aber es ist nun mal geschehen, und anstatt Zeit und meine
Weitere Kostenlose Bücher