Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
Für sie waren Bram und Rani Legenden aus weit entfernter Vergangenheit, Geschichten, die man an einem Winterabend am Feuer erzählt. Aber der Mann, der hier neben ihr saß, der nun den Arm um sie legte und sie näher an sich zog, hatte sie gekannt, hatte zusammen mit ihnen gekämpft. Er war selbst eine Legende gewesen.
Und nun waren sie Seelengefährten.
Und nun mußte sie ihn verlassen.
Wird es für uns nie besser werden? fragte sie wütend die Götter. Sie antworteten nicht. Laut sagte Maurynna: »Worin besteht der Rest des Plans?«
»Es gibt nicht viel mehr zu sagen. Sobald wir in Jehanglan sind, werden wir Jehangli-Führer haben – vermutlich eher Wachen. Irgendwie werden wir sie davon überzeugen müssen, daß du und Raven zum Hafen zurückgeschickt wurdet. Taren meint, er könne das tun; so etwas sei schon öfter geschehen. Oder wir sagen ihnen, ihr wäret zusammen durchgebrannt … ich weiß es nicht. Diese Würfel werden fallen, wenn es an der Zeit ist. Wir haben bereits beschlossen, daß ihr keinen wichtigen Teil an der Vorstellung bestreiten werdet. Chailen hat mir gesagt, Otters Stute Nachtlied hat zwei weitere ihrer Kinder rekrutiert. Sie hatten ein paar schöne Bißspuren, meinte er. Sie weigern sich, Echtmenschen zu tragen, aber sie werden die Stellen einnehmen, die Boreal und Ravens Sturmwind bei der Vorstellung hatten. So werden die Jehangli keine Ausrede dafür haben, uns nach Hause zu schicken, nachdem ihr verschwunden seid. Wir können weiter versuchen, sie abzulenken, und – vielleicht – dasein, wenn du uns brauchst.«
Sie dachte darüber nach. »Sobald wir uns getrennt haben, wird also alles von Raven und mir abhängen.«
»Ja«, meinte Linden. »Es wird von euch abhängen.«
Die Götter mochten ihr helfen; sie wollte diese Verantwortung nicht! Sie war nicht einmal ein echter Drachenlord.
Er erhob sich und zog sie an sich. Sie vergrub ihr Gesicht an seinem Hals und war froh über diesen Augenblick. Er strich ihr übers Haar.
Die Tür über ihnen ging langsam und knarrend auf. Sie blickten hoch.
Es war Raven. Ein bleicher und bei ihrem Anblick zorniger Raven. Seine blauen Augen blitzten; einen Augenblick lang glaubte Maurynna, er würde sich auf Linden stürzen. Dann veränderte sich etwas in seiner Miene, und der Zorn verschwand.
»Drachenlord«, sagte er mit heiserer Stimme und hielt inne. Dann räusperte er sich und fuhr fort: »Aus den Geschichten, die mein Großonkel mir erzählt hat, als wir noch klein waren, weiß ich, daß Ihr Soldat wart.« Wieder konnte er nicht weitersprechen. Er bewegte lautlos die Lippen, als Fielen ihm die nächsten Worte sehr schwer.
»Das stimmt«, sagte Linden in das Schweigen hinein.
Worum geht es hier? fragte sich Maurynna.
Raven holte tief Luft. »Ich bin kein Soldat. Ich bin nicht, was Maurynna für dieses Unternehmen braucht. Ich bin nur das Beste, was Ihr im Augenblick habt. Aber ich … ich …« Er richtete sich gerade auf. »Linden Rathan, ich weiß, ich kann nicht alles lernen, das würde zu lange dauern, aber würdet Ihr mir bitte soviel wie möglich über das Kämpfen beibringen?«
Zunächst glaubte Maurynna, Linden würde sich weigern, weil seine Antwort so lange brauchte. Er strich ihr weiter übers Haar. Und dann …
»Das würde ich gerne tun, Raven«, sagte er leise.
Raven hob das Kinn ein wenig. »Danke, Drachenlord. Ich tue mein Bestes.«
Linden lächelte, ein trauriges, dünnes Lächeln. »Das weiß ich. Deshalb habe ich darauf bestanden, daß Ihr mitkommt.
Und da wir alle in Lady Unruhs elendem kleinem Plan zusammenarbeiten, nennt mich bitte Linden. Die Ausbildung wird schwer werden, das könnt ihr mir glauben, aber ich werde gerecht sein.« Er streckte die Hand aus. »In Ordnung?«
Maurynna hätte am liebsten gejubelt, als Raven die paar Treppenstufen hinunterkam und Lindens Hand ergriff.
»In Ordnung … Linden«, sagte Raven. »Wann fangen wir an?«
»Morgen früh«, sagte Linden. »Früh.« Sein Lächeln war plötzlich reine, kindliche Bosheit – eine Miene, die Maurynna nur zu genau kannte. »Sehr, sehr früh. Und du, meine Liebste«, lächelte er auf sie herab, »wirst ebenfalls mitmachen.«
Ihr zorniges »Wie bitte!« hatte nur Lachen zur Folge. Sie schaute ihn wütend an; er lachte nur noch mehr. »Verflucht sollst du sein!« murmelte sie. »Du weißt, daß ich so etwas nicht mag.«
»Ich werde ein wenig ruhiger sein, Liebste, wenn ich weiß, daß du dich so gut wie möglich verteidigen kannst«, meinte er
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