Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
schließlich ernst. »Ja, ich weiß, du kennst dich ein wenig aus, aber das genügt nicht.« Seine Hand an ihrem Rücken verkrampfte sich. »Es genügt nicht«, flüsterte er.
Der Arbeitstag war endlich zu Ende! Liasuhn ging von einem Tisch zum anderen, einen Eimer mit frischem Sand in einer Hand, die Bürste in der anderen. Mit geübten Bewegungen streute er den feinen Sand auf jeden Holztisch und schrubbte ihn mit der Bürste, bis er sauber war. Ein letztes Wischen fegte den Rest des Sandes auf den gestampften Boden.
Nur an einem Tisch saßen noch Kunden: zwei Männer, Räucherwerkkaufleute, die in den vergangenen Tagen häufig hiergewesen waren. Gutgelaunte Burschen, die gern scherzten und großzügig waren. Sie ließen ihm immer ein wenig Wechselgeld übrig, wenn sie für ihre Suppe und die Hirse bezahlt hatten. Liasuhn lächelte und winkte ihnen mit der Bürste zu.
»Du hast es heute abend aber eilig«, meinte einer. Er grinste und winkte Liasuhn zu sich.
Mit einem Blick über die Schulter, um sich zu überzeugen, daß sein Vater immer noch in der Küche war, zog Liasuhn sich einen der trommelförmigen Hocker heran und setzte sich zu ihnen.
»Ja«, gestand er. »Hinter dem Fischladen des alten Saji wird es heute abend ein Würfelspiel geben, und sie werden bald damit anfangen. Der alte Mann ist heute abend nicht im Dorf, also nutzen seine Lehrlinge das so gut wie möglich aus. Der alte Saji ist ein Mistkerl.«
Der andere Mann, der mit der gebogenen Nase, lachte. »Du hast verloren, Bruder; es ging also nicht um ein Mädchen.«
Der erste Mann verzog übertrieben das Gesicht. »Zur Hölle! Ich war überzeugt, daß es ein Mädchen war – so gut, wie der Junge aussieht. Aber selbst ich habe nicht immer recht«, knurrte er und schnippte seinem Freund eine Münze aus dem Ärmel zu. Sein bereitwilliges Lächeln kehrte einen Augenblick später zurück und zeigte, daß er nicht wirklich zornig war.
Liasuhn hatte eine Idee. »Spielt Ihr?« fragte er.
»Sollen wir darauf wetten, ob die Sonne morgen aufgeht?« konterte der Fröhlichere von beiden.
Liasuhn grinste. »Wollt Ihr mit mir zu dem Würfelspiel kommen? Wir können ein paar mehr Spieler brauchen.«
»Gern, Junge. Ich heiße übrigens Kwahsiu, und dieser häßliche Kerl da ist mein alter Freund Nalorih. Du bist Liasuhn? Ich dachte, ich hätte gehört, wie dein Vater dich so nannte. Und nur damit ich nicht vollkommen zum Lügner werde – wie wäre es, wenn wir drei uns nach dem Spiel ein Mädel suchen?«
Liasuhn hätte sich beinahe verschluckt. Er konnte sich kaum eine Prostituierte leisten, selbst keine aus dem heruntergekommenen Schweinestall, der als »Silberpapagei« bekannt war. Aber der Gedanke daran, daß er heute nacht eine Frau haben könnte, ließ ihn erröten. »Gern, aber …«
»Hast du Angst, daß dein Geld nicht genügt?« meinte Nalorih mitleidig. »Wir könnten uns das Spiel schenken.«
Liasuhn rutschte unbehaglich auf dem Hocker hin und her und seufzte. »Selbst wenn … versteht Ihr, mein … o verflucht.«
»Sag nichts mehr«, meinte Kwahsiu. »Wir verstehen. Dein Vater hat vergessen, wie die Säfte steigen, wenn ein Mann …«
»Ich bin achtzehn«, ergänzte Liasuhn und war erfreut, daß man ihn einen Mann nannte. Sein Vater hielt ihn immer noch für ein Kind.
»Achtzehn«, wiederholte Kwahsiu. »Zweifellos kann er es sich aus dem Kopf schlagen, daß du noch ein Junge bist. Und ich wette, er ist ein Geizhals, wenn es um Taschengeld geht.«
Noch ein Seufzen. »Ja. Sehr.«
Kwahsiu verdrehte die Augen. »Denk doch nur, Bruder«, sagte er zu Nalorih. »All diese armen Mädchen, denen dieser gutaussehende junge Mann entgeht. Es ist ein Verbrechen, und ich glaube, wir müssen im Namen der Wohltätigkeit gegenüber den armen Mädchen etwas dagegen tun. Sieh ihn dir doch an – er sieht aus, als könnte er der kleine Bruder des Kaisers sein, nicht wahr?«
Tatsächlich.
Liasuhn schlug bescheiden den Blick nieder. Er gestand: »Chiyual, unser alter Dorfpriester, hat einmal dasselbe gesagt – er hat den Kaiser in einem dieser großen Tempel gesehen, als er auf Pilgerfahrt war. Chiyual meinte, das liegt daran, daß ich meiner Großmutter nachschlage. Sie war Zharmatianerin.«
Kwahsius ewiges Lächeln wurde breiter. »So etwas hatte ich mir schon gedacht. Nun, Liasuhn, warum schrubbst du nicht diesen letzten Tisch, und dann machen wir uns auf den Weg? Vergiß das Würfelspiel; ich glaube, ich weiß genau das richtige Mädchen für
Weitere Kostenlose Bücher